Feierlichkeiten in Kassel

Zum 70. Geburtstag der Documenta herrscht Optimismus

Sieben bewegte Jahrzehnte liegen hinter der Kasseler Documenta. Der Antisemitismus-Eklat auf der 15. Ausgabe stürzte sie in eine tiefe Krise. Zum Jahrestag wird positiv nach vorn geschaut

Die Documenta wird 70. Zum runden Geburtstag blicken Verantwortliche und Beobachter zuversichtlich in die Zukunft der zuletzt krisengeschüttelten Kunstschau in Kassel. "Die Documenta lebt!", sagte etwa Hessens Kunstminister und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Documenta, Timon Gremmels (SPD). "Wir haben mit den richtigen Reformen die Krise hinter uns gelassen." 

Die Documenta Fifteen, kuratiert vom indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa, war von massiven internationalen Antisemitismus-Diskussionen überschattet worden. Bereits im Vorfeld waren Stimmen laut geworden, die Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Kurz nach der Eröffnung wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere Werke scharfe Kritik und Forderungen nach Abbruch der Ausstellung aus. In der Folge wurden die Strukturen der documenta umfassend reformiert.

Nun wird nach vorn geblickt. Kuratiert wird die kommende documenta 16 von der US-Amerikanerin Naomi Beckwith, stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums. "Mit Naomi Beckwith ist eine Person am Ruder, die als Hoffnungsträgerin der Documenta gesehen wird", sagte der Kasseler Kunstwissenschaftler und Documenta-Kenner Harald Kimpel. Er sah die Documenta nach dem Eklat am Ende. Die 16. Ausgabe im Jahr 2027 schwebte ihm als fulminantes Finale vor. Jetzt sieht er die Ausstellung im Aufwind. "Es geht wieder aufwärts", so Kimpel.

"7000 Palmen" zum 70. Jahrestag

Ihren 70. Geburtstag feiert die Documenta, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, mit einem Festakt am 7. Juni. Dabei soll auch das stadtweite Kunstprojekt "7000 Palmen" der Künstlerin Cosima von Bonin eröffnet werden. Zentrales Element sind dabei Wimpelketten mit der Silhouette einer Palme, die die Künstlerin eigens gestaltet hat. Alle Einwohner Kassels sind eingeladen, mit den Wimpelketten gemeinschaftlich ihre Stadt zu schmücken. 

Das Kunstprojekt ist auch eine Hommage an Joseph Beuys’ Werk "7000 Eichen" zur Documenta 7, in dessen Rahmen er ab 1982 in Kassel 7.000 Eichen pflanzen ließ. Zudem nimmt von Bonin Bezug auf die gestreiften Dreieck-Wimpel des französischen Künstlers Daniel Buren, die ebenfalls zur Documenta 7 über den vor dem Fridericianum gelegenen Friedrichsplatz gespannt waren. 

Die von Arnold Bode gegründete Documenta wurde erstmals am 15. Juli 1955 in Kassel eröffnet. Sie findet traditionell alle fünf Jahre statt und dauert jeweils 100 Tage. Die nächste Ausgabe ist für die Zeit vom 12. Juni bis zum 19. September 2027 geplant.