Phil Collins über seine neue Bar „Das Gift“

„Um 4 Uhr morgens entstehen die besten Ideen“

Foto: privat
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Phil Collins

Schon als Student in Manchester arbeitete Phil Collins vier Jahre lang im Nachtclub Haçienda. Jetzt hat der britische Künstler zusammen mit der Band Mogwai eine neue Bar in Berlin eröffnet. Sein Konzept: kein Frothy-toppy-Cappuccino – aber eine große Auswahl an Whiskys und Bieren

Herr Collins, steht es um die Berliner Partyszene so schlecht, dass die zugezogenen britischen Künstler ihre eigenen Bars aufmachen müssen?
Sagen wir es so: Meine Partner, also Barry Burnes von der Band Mogwai, seine Frau Rachel, die Künstlerin Sinisa Mitrovic, und ich – wir alle lebten früher in Glasgow und gingen dort gern aus. Die Bars dort sind eng mit der Musikszene verknüpft, und das wollen wir eigentlich auch: happy drinking und Rock ’n’ Roll.

Was macht Ihre Bar „Das Gift“ aus?
Es ist im Grunde eine alte Trinkerbar, eine alte Eckkneipe. Sie strahlt etwas aus, das auch ein typischer schottischer Pub ausstrahlt, wir mussten da gar nicht viel machen außer ein wenig putzen. Mitten im Raum steht ein Baum, den schon die Vorbesitzer reingepflanzt hatten, und wir haben jetzt noch zwei ausgestopfte Vögel draufgestellt. Dazu eine Neonröhre. Also: keine glänzende Chrombar, kein Aluminium, kein Frothy-toppy-Cappuccino. Aber: eine große Auswahl an Whiskys und Bieren.

Zeigen Sie auch Kunst?
Ja, es wird einen kleinen Raum geben, in dem wir junge Künstler zeigen. Kunst zu betrachten und dabei trinken und reden zu können ist gut. Für mich zumindest. Es gibt diesen 4  a.m.  moment, an dem die besten Ideen entstehen. Ein paar meiner Fotos werden in der Bar auch gezeigt. Und demnächst wird es hoffentlich auch ein paar lectures der Workers Punk Art School geben, eines unabhängigen, temporären Projekts in Kreuzberg. Aber es soll schon ein Ort werden, an dem sich alle wohlfühlen. Das war auch das Tolle an Glasgow: dass die Kunstszene dort viel weniger isoliert ist. Da stehen ein Musiker und ein Ingenieur und ein Bauarbeiter und ein Künstler zusammen am Tresen und unterhalten sich. Eine gute Bar machen am Ende ja immer die Leute aus, die kommen – die Einrichtung ist zweitrangig.

Seit wann leben Sie in Berlin?
Seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Diesen Sommer habe ich auch einen Sprachkurs gemacht, das war toll. (Auf Deutsch): Das ist wichtig, ja, ein bisschen Deutsch zu sprechen.

Ihr Deutsch ist gut!
Und Sie haben gerade eine Runde Freibier gewonnen.

Danke. Ihre Bar liegt in Neukölln. Leben Sie auch dort?
Nein, ich wohne in einem dieser riesigen DDR-Hochhäuser an der Leipziger Straße, umgeben von lauter lieben Omis. Mit 40 bin ich der Jüngste im ganzen Haus.

Aber Sie werden schon regelmäßig in Ihrer Bar sein?
Auf jeden Fall. Ich stehe hinterm Tresen und zapfe Bier. Als ich Student in Manchester war, habe ich vier Jahre lang im Nachtclub Haçienda gearbeitet. Das war zum Höhepunkt der Acid-House-Zeit, totaler Wahnsinn. Die meisten Typen, die an die Bar kamen, wollten eigentlich gar keinen Alkohol, die wollten nur noch Wasser … Jedenfalls: Ich bin gut darin, Bestellungen anzunehmen! Aber sagen Sie, wo gehen Sie abends etwas trinken?

Das wird zunehmend schwierig, ich wohne im Prenzlauer Berg.
Oh, verstehe, das ist schwer. Man muss dort schon ein Biobaby kriegen und sich in seinem Bioaltbau verkriechen, um nicht aufzufallen.

Das Gift, Donaustraße 119, Berlin-Neukölln