Ringen um Fritz Koenigs "Ganslberg"

Der Zauberort soll erwachen

Das ehemalige Wohnaus "Ganslberg" des Bildhauers Fritz Koenig in der Nähe von Landshut
Foto: Armin Weigel/dpa

Das ehemalige Wohnaus "Ganslberg" des Bildhauers Fritz Koenig in der Nähe von Landshut

Der niederbayerische Bildhauer Fritz Koenig hat mit seinen Skulpturen und Denkmälern Geschichte geschrieben. Das Koenigmuseum in Landshut bewahrt sein künstlerisches Erbe. Die Zukunft seines Privatanwesens "Ganslberg" war lange ungewiss. Für 2024 gibt es nun konkrete Pläne

Auf dem "Ganslberg" bei Landshut hatte sich der Künstler Fritz Koenig sein privates Refugium erschaffen. In der niederbayerischen Abgeschiedenheit fühlte sich der wohl bedeutendste deutsche Bildhauer des 20. Jahrhunderts wohl. Dort gestaltete er auch seine monumentale Bronzeplastik "Kugelkaryatide N.Y."., die in New York als Mahnmal nahe der 9/11-Gedenkstätte steht. Seit Koenigs Tod im Jahr 2017 ist das Anwesen auf dem "Ganslberg" leer. Weggefährten Koenigs und Kenner seines Werkes wollen das Künstlerhaus vor dem Verfall bewahren. Ideen gibt es viele, jedoch fehlt das Geld. Im kommenden Jahr soll der "Ganslberg" aber erwachen.

Anlass dafür ist der 100. Geburtstag Koenigs, der 1924 in Würzburg geboren wurde und in Niederbayern aufwuchs. Mit einer Ausstellung auf dem "Ganslberg" soll der Bildhauer gewürdigt werden. Zugleich könnte das als Testlauf für eine mögliche weitere Nutzung des Anwesens dienen. Das sagten die Fritz-und-Maria-Koenig-Stiftung als Eigentümerin des Areals, die Stadt Landshut und das Kunstministerium der Deutschen Presse-Agentur. Nach jahrelangen Debatten um die Nutzung des "Ganslbergs" kommt also Bewegung in die Sache.

Es sei ein erster Schritt, teilte Kunstminister Markus Blume (CSU) mit. Auf diese Weise lasse sich zeigen, was auf dem "Ganslberg" möglich sei. Dieser sei ein "potenzieller Zauberort". Er sicherte finanzielle Unterstützung seitens des Freistaates zu, etwa für die inhaltliche Konzeption der Sonderausstellung über den Kulturfonds. Für kurzfristige bauliche Sicherungsmaßnahmen stünden Möglichkeiten der bayerischen Denkmalschutzförderung zur Verfügung. Der Freistaat sei zu einer Kofinanzierung bereit, wenn der Bund eine Förderzusage aus seinem Denkmalschutzsonderprogramm mache.

Ein Sprecher der Stadt Landshut sagte, anhand der Erfahrung aus dem Jubiläumsjahr könne über eine künftige Nutzung diskutiert werden. Es müssten anschließend Themen wie Infrastruktur, Erreichbarkeit durch den Öffentlichen Personennahverkehr und Barrierefreiheit geklärt werden.

"Eine Kombination aus Museum, Gastronomie, Kulturevents und Schulungen"

Als stellvertretender Stiftungsvorsitzender verspricht sich Alexander Saponjic nach eigenen Worten viel von der geplanten Ausstellung. Es wäre zwar nur eine temporäre Veranstaltung, jedoch könnte man den "Ganslberg" auf diese Weise einer breiten Öffentlichkeit zugängig machen. Klar sei aber auch: Die Stiftung verfüge nicht über das Geld, das Anwesen baulich herzurichten oder gar zu sanieren. Zunächst gehe es um die reine Bestandssicherung. Ein Architekturbüro und weitere Fachleute erstellten hierfür zurzeit einen Plan. Beim Bund seien Fördermittel aus einem Denkmalschutzfonds beantragt.

Seit 2021 stehen das Wohnhaus und das Atelier unter Denkmalschutz sowie zwei dazugehörige Hallen unter Ensembleschutz. Um den "Ganslberg" dauerhaft zu erhalten, brauche es einen Träger, sagte Saponjic. Die Stiftung sei bereit, das Anwesen zu verkaufen. Eine Kombination aus Museum, Gastronomie, Kulturevents und Schulungen sei vorstellbar. 2019 hatte die Stiftung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, deren Ergebnis längst vorliegt.

Die Studie zeigt drei Varianten auf, wie der "Ganslberg" genutzt werden könnte, unter anderem ein Konzept des Filmemachers und Koenig-Freundes Percy Adlon. Der Historiker Michael Wolfssohn hatte Anfang 2022 in einem Zeitungsbeitrag geschrieben, das Adlon-Konzept sei "lebensprall, kunstbasiert und sogar kommerziell-touristisch für Landshut, Niederbayern und damit für ganz Bayern geradezu verführerisch". Eike Schmidt, Direktor der Uffizien in Florenz, hatte in einem Vorwort für die Machbarkeitsstudie gefordert: "Es gilt einen Schatz zu heben." Er bezeichnete den "Ganslberg" als "Wunderwerk".

Zügige Entscheidungen notwendig

Ideal wäre, wenn der Freistaat das König-Anwesen kaufen würde, sagte Saponjic. Die Stiftung sei aber auch für Alternativen offen. Die Marktgemeinde Altdorf habe nicht die Mittel dafür und die Stadt Landshut beteilige sich ohnehin an dem Jubiläumsprojekt. Ein Sprecher der Stadtverwaltung teilte mit, 2023 und in der mittelfristigen Finanzplanung für 2024 sei für die Jubiläumsveranstaltung auf dem "Ganslberg" ein Betrag von rund 250 000 Euro vorgesehen.

Aus Sicht des Fritz Koenig-Freundeskreise gehen die Pläne für den "Ganslberg" zu schleppend voran. Schon längst hätte man zumindest regelmäßig Führungen veranstalten können, sagte der Vorsitzende Martin Scharrer. Es brauche zügig Entscheidungen: Der Bauzustand werde nicht besser, unter anderem müsse die Heizung erneuert werden. Michael Wolffsohn fürchtet, der "Ganslberg" werde "zusammenkrachen", ehe eine Lösung gefunden ist. Er sieht den Freistaat gefordert. Dieser könnte das Anwesen aus Mitteln des Grundstockfonds übernehmen. Das habe das Ministerium ihm gegenüber aber abgelehnt.

Fritz Koenig ist unter anderem durch seine Plastik "Kugelkaryatide N.Y." (auch "Sphere" genannt) berühmt geworden, die in New York vor dem World Trade Center stand und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beschädigt aus den Trümmern geborgen wurde. Seit 2017 steht sie als Mahnmal nahe der 9/11-Gedenkstätte.