Kasseler Weltkunstschau unter Druck

Documenta zu Vorwürfen des Zentralrats: kein Platz für Antisemitismus

Plakat an der Documenta-Halle in Kassel
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Plakat an der Documenta-Halle in Kassel

Die Kunstausstellung Documenta Fifteen in Kassel sieht sich zu Unrecht vom Zentralrat der Juden in Deutschland angegriffen. Es gebe keinen Platz für Antisemitismus

Das geht aus einer Stellungnahme der Documenta in Kassel für die Deutsche Presse-Agentur in Berlin hervor. Zuvor hatte Zentralratspräsident Josef Schuster in einem Brief an Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) den Umgang der Documenta mit Antisemitismus kritisiert. Dabei ging es unter anderem um die Zusammensetzung von Foren, die das Thema diskutieren sollen.

Die Documenta wies nun darauf hin, die Veranstaltungsreihe "We Need To Talk! Art – Freedom – Solidarity" sei "eine kritische und multiperspektivische Gesprächsreihe, die aus einer eingehenden Beschäftigung und auch aus großer Sorge über zunehmenden Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft heraus konzipiert ist". Sie thematisiere auch "die wiederkehrende Problematik für international agierende Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen im Umgang mit international strittigen Definitionen zu Antisemitismus" und "die Ursprünge der pauschalisierenden und teils rassistischen Angriffe auf das künstlerische Team der Documenta Fifteen".

Die Einladung der Gäste erfolge "nicht aufgrund einer Zugehörigkeit zu einer offiziellen Institution, sondern ausschließlich auf Grundlage ihrer wissenschaftlichen Expertise". Das Herausarbeiten von Unterschieden und Überschneidungen zwischen Antisemitismus und Rassismus sei ein Thema der Veranstaltungsreihe. "So wird auch der Frage nachgegangen, ob postkoloniale Theorie die Spezifizität des Antisemitismus verkennt", hieß es.

Rückendeckung der Kunstministerin

"Es gibt dabei, wie auch auf der Documenta Fifteen, keinen Platz für Antisemitismus. Auch pauschalisierenden Aussagen über Menschen muslimischen oder sonstigen Hintergrundes, wie sie in den Angriffen auf die Documenta Fifteen geäußert wurden, wird keine Bühne gegeben." Auch über die Gesprächsreihe hinaus werde sich die Documenta des Themenkomplexes von unterschiedlichen Seiten annehmen.

Auch Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) hat die Kritik des Zentralrats der Juden in Deutschland zurückgewiesen und Gespräche angeboten. Dorn teilte dazu am Freitag mit: "Ich habe den Eindruck, dass auf den Panels eine reichhaltige Expertise zum Umgang mit Antisemitismus im kulturellen Kontext vertreten ist, aus akademischen Einrichtungen, praktischer Arbeit und künstlerischer Sicht." Für Gespräche, wie darüber hinaus die Expertise aus der jüdischen Gemeinschaft genutzt werden könne, stehe sie als Vertreterin des Landes Hessen im Aufsichtsrat der Documenta jederzeit zur Verfügung.

"Der Antisemitismus ist eines der drängendsten Probleme des Zusammenlebens"

Dorn betonte, sie teile die Sorgen des Zentralrats angesichts des Antisemitismus, der das jüdische Leben in Deutschland leider noch immer belaste, vollständig. "Der Antisemitismus ist eines der drängendsten Probleme des Zusammenlebens in unserer vielfältigen Gesellschaft." Er dürfe weder auf der Straße noch in der Kultur Platz finden. Es sei deshalb sehr wichtig, im Vorfeld der Documenta kundige Stimmen mit verschiedenen Sichtweisen auf die Fragen von Antisemitismus im Kontext der Kunst zu versammeln.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Documenta, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), teilte am Freitag mit, er stehe hinter der Documenta und der Künstlerischen Leitung. "Ich kenne den Inhalt des Brandbriefes von Herrn Schuster an Frau Roth nicht. Aus der Zusammensetzung der Podien kann ich keine Schlagseite zugunsten des Antisemitismus erkennen." Ruangrupa und die Documenta hätten sich sehr klar und deutlich gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und gewaltbereiten religiösen Fundamentalismus sowie gegen jede Art von Diskriminierung positioniert.