Ein knielanges rosafarbenes Kleid aus glänzendem Vinyl, drapiert auf einer Schneiderpuppe. Die ausladenden Taillenelemente, die herzförmigen Flügel am Rücken. Rechts daneben steht eine vermeintlich exakte Kopie, doch ein erneuter Blick lässt Unterschiede erkennen. Die Kostüme haben individuelle Formen, sind unterschiedlich groß. Sie modellieren zwei Körper: die von Eva & Adele.
Die Wings-Kostüme (1992, 1995, 1997) und die gleichnamigen Videoinstallationen (1997/1998) sind ein wiederkehrendes Element ihrer aktuellen Ausstellung im Me Collectors Room in Berlin. In einer retrospektiven Gesamtinstallation dokumentiert "L’amour du Risque" die radikale Kunst und Lebensweise des Berliner Duos. Gezeigt werden ausgewählte Arbeiten der letzten 25 Jahre.
Ihre schillernde Erscheinung, die sie als Dauerperformance verstehen, durchdringt jeden Winkel des lichtdurchfluteten Raumes: die Kostüme, die in Fotos und Videos dokumentierten aufwendig geschminkten Gesichter, kahlrasierten Köpfe und das immerwährende Lächeln. Das unkonventionelle Äußere des Paares lässt in Vergessenheit geraten, dass sich hinter all dem Rosa, der Selbstironie und dem Camp weitaus mehr verbirgt: "L'amour du Risque" will die "unsichtbare Seite" von Eva & Adele zeigen. Über die Dreikanal-Videoinstallationen "Watermusic I und II" (1997/2003) nähern sie sich etwa der Frage nach der "Natur" und der "Biologie" von Geschlechtern, genauso wie in der Arbeit "Man has the Phallus, Woman is the Phallus" (1993).
Ihre "Biographischen Skulpturen", zu denen getragene Unterwäsche, diverse Möbelstücke oder ein Schaukelpferd zählen, gewähren intime Einblicke in ihr Privatleben - wenn man bei ihrem Grad an Inszenierung überhaupt von "privat" sprechen kann. Bei den hier erstmals zu sehenden Kostümplänen wird deutlich, welches Maß an Disziplin und Präzision hinter ihrer Performance steckt. In der "Wunderkammer", die über eine kleine Treppe mit der Hauptausstellung verbunden ist, sind ausgewählte Zeichengruppen zum Themenkomplex "Eros und Tod" zu finden. Sie deuten die empfindsame, aber auch dunkle Seite der beiden an.
Seit ihrer "Wedding Performance" 1991 im Berliner Martin-Gropius Bau treten die beiden nur noch im Doppelpack auf. Ihre Zeit vor ihrem Eva-&-Adele-Leben halten sie unter Verschluss, aber das macht nichts, denn die beiden sind schließlich absolute Gegenwart, eine Gegenwart, in denen Intersexualität, gleichgeschlechtliche Liebe und Selbstbestimmung stärker denn je diskutiert werden.