Bis zu seinem Tod im Alter von 74 Jahren gab es kaum Veröffentlichungen über den Professor an den Akademien für bildende Kunst in Nürnberg und München. Sep Ruf (1908–1982) gehörte nicht zu den Architekten, die sich in den Vordergrund drängen und meterweise theoretische Schriften hinterlassen.
Dabei hat er vom Sozial- bis zum Sakralbau kaum einen Typus ausgelassen. Mit seiner leichtfüßigen Handschrift prägte er die Nachkriegszeit der jungen Bundesrepublik wie kaum ein anderer Baumeister. Seine lichtdurchfluteten, scheinbar schwebenden Gebäude standen für neue Formen des Wohnens und Arbeitens, immer mit Rückgriff auf die architektonische Grammatik der Moderne.
In München baute der stets weiß gekleidete Erneuerer 1931 das erste Einfamilienhaus mit einem den Nationalsozialisten verhassten Flachdach. Bis Kriegsende verzichtete er auf Staatsaufträge und allzu eindeutige modernistische Elemente, passte sich aber der NS-Ästhetik auch nicht an. Allein in seiner Heimatstadt München - in der Ruf noch kritisiert wurde, als er international längst anerkannt wurde - baute er das US-Konsulat am Englischen Garten, die Kirche St. Johann von Capistran in Bogenhausen oder das Ensemble im Tucherpark.
"Der Architekt verdient zehn Jahre"
Zu dem Auftrag für das Max-Planck-Institut kam es dank der Vermittlung durch den damaligen Leiter und legendären Physiker Werner Heisenberg, der Sep Ruf aus der gemeinsamen Zeit bei den Pfadfindern kannte. Zusammen mit Theo Pabst errichtete er auch das neue Justizzentrum auf den Ruinen der Maxburg.
Die lichtdurchlässigen Fassaden und luftigen Freitreppen sollten den progressiven Geist der Justiz symbolisieren, im Kontrast zum alten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, in dem 1943 die Geschwister Scholl zum Tode verurteilt wurden. In Bonn erregte der für Ludwig Erhard erbaute Kanzlerbungalow die Gemüter, nicht zuletzt bei Konrad Adenauer, der den schmucklosen Purismus ablehnte. "Ich weiß nicht, welcher Architekt den Bungalow gebaut hat, aber der verdient zehn Jahre", schäumte der Altkanzler.
Der Münchner Regisseur Johann Betz baut seine Film-Hommage nun entlang der bekanntesten Bauwerke auf und lässt eine Vielzahl von Professoren und Professorinnen, Ex-Studenten, Bewohnerinnen, Familienmitglieder und Zeitzeugen zu Wort kommen. Alle davon attestieren Ruf eine anti-autoritäre Ader und beschrieben ihn als "unabhängigen Geist", "der zugleich Menschenfreund war."
Ein einseitig überladenes Porträt als filmische Visitenkarte
Man erfährt viele Details über seine Urlaubshäuser in der Toskana oder am Tegernsee, seine späte Erkrankung an der Kinderlähmung und nicht zuletzt den unverwechselbaren Stil aus filigranen Formen auf Stützen, einfachen Materialien, Glaswänden und ausladenden Fensterfronten, die im Kontrast zu den einschüchternden Betonbauten eines Albert Speer standen.
Wenn Regisseur Betz nicht Architekturfilm an der Hochschule München lehrt, produziert er Image- und Werbefilme. Das merkt man seinem Konzept leider an, denn auf kritische Töne wartet man vergeblich. Unentwegt wird Ruf in höchsten Tönen von den schwärmenden talking heads angepriesen und als Genie tituliert, das seiner Zeit voraus war - eine Kategorie, die in Bayern offenbar noch nicht aus der Mode gekommen ist.
Überaus störend gerät auch die musikalische easy-listening-Daueruntermalung, die direkt aus einem Unternehmensporträt stammen könnte. Die rastlos in Bewegung bleibende Kamera lässt sich viel Zeit, um die Gebäude zu umkreisen und von ihrer besten Seite zu zeigen. Selbst Splitscreens kommen zum Einsatz, um etwa Fotografien aus der Entstehungszeit dem heutigen Zustand entgegenzusetzen. Ruf selbst kommt nur in wenigen TV-Interviews zu Wort, was immerhin zur Charakterisierung als uneitler und wenig auf seine mediale Breitenwirkung bedachter Architekt passt. Umso erstaunlicher, dass dieses einseitig überladene Porträt nun als filmische Visitenkarte daherkommt, bei der pointiertes Erzählen und der Blick für Nuancen und Schwächen auf der Strecke bleiben.