In einem Swimmingpool voller Kunstbananen buhlen rund ein Dutzend Menschen in stylischen Klamotten um das perfekte Social-Media-Motiv. Ihre Fotografinnen und Fotografen balancieren Drinks in der einen Hand, während sie mit der anderen versuchen, möglichst viel vom grell gemusterten Hintergrund einzufangen: Kunst bedeckt jede Wand, jedes Möbelstück – ob eingerahmt, bedruckt oder dreidimensional inszeniert.
Im Nebenraum spielen sich ähnliche Szenen ab, diesmal auf einer Couch mit Spaghetti-Print. Zum Ausstellungs-Auftakt von "ToiletFotoPaperGrafiska" im zweiten Stock des Berliner Ausstellungshauses Fotografiska tragen an diesem Freitagabend fast alle das gleiche Zubehör – Handy und Cocktailglas, bereit für die nächste Instagram-Story. Überall gibt es etwas zu entdecken, etwas zu teilen.
Anlass hierfür ist das Ergebnis einer besonderen Zusammenarbeit: "Toiletpaper" ist ein publizistisches Kunstprojekt, das 2010 vom italienischen Künstler Maurizio Cattelan und dem Fotografen Pierpaolo Ferrari ins Leben gerufen wurde. Es begann als alle zwei Jahre erscheinendes Magazin, das ausschließlich aus Fotografien besteht und auf Texte oder Werbung verzichtet.
Ein Spiegelkabinett des Absurden
Jede Ausgabe konzentriert sich dabei auf ein Thema und präsentiert farbenfrohe, inszenierte Bilder, die Elemente aus Werbung, Popkultur und Surrealismus kombinieren. Gemeinsamer Nenner ist das Spiel mit der Ästhetik der Konsumwelt. Indem sie Werbebilder imitieren und zugleich grotesk verfremden, machen Cattelan und Ferrari die Mechanismen der Verführung sichtbar: Essen, Sex, Statussymbole und sogar Tierkadaver verschmelzen zu überhöhten Bildwelten, die die Logik der Marketingwelt entlarven.
Die Ausstellung bei Fotografiska treibt dieses Prinzip nun auf die Spitze: Statt nur zu blättern, kann man "Toiletpaper" nun sozusagen am eigenen Leib erleben. Ein Spiegelkabinett des Absurden. Und zu einem solchen Spektakel gehört natürlich auch, gespiegelt zu werden: Das Publikum selbst wird Teil des Gesamtkunstwerks.
Was als Parodie auf Konsum und Werbung begann, kippt hier in eine Art Echtzeit-Performance. Die Besucherinnen und Besucher imitieren die Bildsprache von "Toiletpaper". Im Versuch, sich perfekt vor der Spaghetti-Couch oder im Bananenpool zu inszenieren, wiederholen sie genau jene Gesten, die die Ausstellung karikieren will. Man tritt ein in die Welt des Magazins – und landet in der Welt da draußen. Eine Umgebung, in der das groteske Bild längst Realität geworden ist.