Jakobsweg-Fotos

Pilger des Lichts

Der Fotograf Jesús Madriñán hat junge Menschen auf dem Jakobsweg porträtiert. Herausgekommen sind Heiligenbilder, die ganz ohne religiöse Zuschreibungen funktionieren

Der Begriff "Jakobsweg" erzeugt eine Reihe ganz unterschiedlicher Assoziationen: bürgerliche Katholiken in Trekkinghosen, kreuzverzierte Jakobsmuscheln und Hape Kerkeling, der mit entspanntem Lächeln vor einem galizischen Kornspeicher posiert. Meilenweit entfernt von dieser Bildwelt liegt Jesús Madriñáns Fotoserie "I am Light". Der spanische Fotograf ist dem Wanderweg nachgegangen, der in seine Heimatstadt Santiago de Compostela führt, und ist dabei auf eine plurale Gemeinschaft junger Pilger gestoßen, die eine neue Form der Spiritualität verkörpert.

Bereits in früheren Serien erprobte sich Madriñán an Generationsporträts, fotografierte junge Clubbesucher und ergänzte die Porträts durch Aufnahmen der umliegenden Natur. Seine kontrastreichen und gestochen scharfen Aufnahmen entstehen mit einer analogen Großbild-Plattenkamera, auf dem Camino baute er sie vor landschaftlich interessanten Kulissen auf und fing seine Sujets anschließend am Wegrand ab. Mit sakraler Dramatik inszeniert Madriñán Menschen mit funktionaler Kleidung und kunstvollen Tätowierungen. Inmitten von Berglandschaften und Blumenfeldern werden Wanderstäbe und geschulterte Zweige zu Insignien moderner Heiliger.

Madriñáns junge Pilgerer gehören einer Generation an, für die das Reisen als Passagenritus zum festen biografischen Baustein geworden ist. Wandernd begeben sie sich auf die Suche nach Erleuchtung und finden diese auch jenseits von religiösen Ritualen. Eine junge Frau bat den Fotografen beispielsweise um ein Aktporträt, um ihr neu gewonnenes Selbstbewusstsein hinsichtlich ihres Körpers zum Ausdruck zu bringen. Im Moment des Auslösens wendet sich Madriñán ab und lässt seine Subjekte mit der Kamera allein. Vielleicht liegt es daran, dass sie ihre Geschichten des Loslassens, der Katharsis und der fluiden Spiritualität direkt mit dem Betrachter zu teilen scheinen.