Medienschau

"Die Intelligenz geht in meine Hände"

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Luc Tuymans über Malerei, Sammler auf der "Sunday Times Rich List", und Grayson Perry hat keine Angst vor KI: Das ist unsere Presseschau am Montag

Debatte

In "ArtReview" kritisiert Sarah Jilani die Begriffe "Global South" und "Global Majority" als analytisch unbrauchbare Sammelbegriffe. In einer Sitzung zu Gleichstellung und Diversität sei sie gebeten worden, "people of colour" durch "member of the global majority" zu ersetzen – eine Korrektur, die sie zwar akzeptierte, aber zugleich hinterfragte: "Ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob die Sprache, mit der wir Identität navigieren, mehr verschleiert als offenbart." Begriffe wie "Global South" seien ihrer Ursprungsidee – koloniale Ausbeutung zu benennen – weitgehend entleert und würden heute unkritisch Länder wie Katar, Indien oder Lesotho über einen Kamm scheren. Sie verschleierten interne Machtverhältnisse und Klassenunterschiede. Jilani plädiert für präzisere Begriffe wie "neo-kolonisierte Welt", um die anhaltenden globalen Ausbeutungsverhältnisse zu benennen. "Wenn unsere Worte die Ausbeutung nicht fassen, wissen wir nicht, wohin mit unserer politischen Energie." In Monopol kritisierten Politikberater Dennis Tänzler und Daniel Völzke den Begriff mit ähnlichen Einwänden: "Muss die Mächteaufteilung nicht ohnehin entlang einer weltweiten Ordnung von Klassen gezeichnet werden, die auch in vielen Ländern des 'Globalen Südens' die Verhältnisse bestimmt und sich in einem immensen Ressourcenverbrauch widerspiegelt?"

Malerei

Für die "FAS" sprach Thomas David mit dem belgischen Künstler Luc Tuymans über dessen temporären Freskenzyklus "L’Orphelin", den er direkt auf die Wände des Louvre malte – und der Ende Mai wieder überstrichen wird. Die Vergänglichkeit des Werks sei bewusst gewählt: "Das Schöne ist, dass die Menschen, die es gesehen haben werden, sich daran erinnern werden." Für Tuymans ist das Werk "sehr sachlich", eine Gegenposition zur romantischen Verklärung etwa in Rothkos "Chapel". Die achteckige Rotunde im Louvre erinnerte ihn an Benthams Panoptikum, ein Gefängnis mit Blickachsen in alle Richtungen – "ein Kreuzungspunkt" europäischer Kunst, so Tuymans. Seine dunklen Fresken, inspiriert von Valentin de Boulogne, spielen mit Hell-Dunkel-Kontrasten und basieren unter anderem auf einem YouTube-Video, das ihn zur Darstellung behandschuhter Hände animierte. Ein wiederkehrendes Motiv ist ein vergrößerter Puppenkopf, der auf sein verschollenes Werk "The Orphan" von 1990 zurückgeht. Die Malerei beschreibt er als Akt der Gewalt: "Es geschieht vorsätzlich, in gewisser Weise wie ein Mord." Die Präzision des Malprozesses sei entscheidend – "die Intelligenz geht in meine Hände." Malerei sei für ihn weniger Kopf- als Körperarbeit. Auf historische und politische Deutungen angesprochen, meint Tuymans trocken: "Jede menschliche Handlung ist politisch."

KI

Im  "Guardian" zeigt sich der britische Künstler Grayson Perry gelassen gegenüber der Nutzung seiner Werke durch KI. "Ich habe mein ganzes Leben lang andere kopiert", sagte er beim Charleston Literaturfestival – und nannte sich selbstironisch den "Weltmeister der kulturellen Aneignung". Er habe nie ein Problem damit gehabt, wenn sein Werk zitiert oder verwendet werde, auch weil der Wert seiner Kunst oft in ihrer physischen Einzigartigkeit liege. KI sei seiner Meinung nach ohnehin "noch nicht so gut", er habe selbst damit experimentiert – mit mittelmäßigen Ergebnissen: "Das Internet vermischt alles zu einer faden Paste." Für ihn sei klar: "KI wird in Zukunft die ganze mittelmäßige Arbeit erledigen." Designer einfacher Geburtstagskarten hätten deshalb schlechte Karten. 

Kunstmarkt

Die "Sunday Times" hat am Sonntag ihre Liste mit den reichsten Menschen Großbritanniens veröffentlicht. Darauf stehen natürlich auch einige Sammler und Mäzene, ganz vorn Leonard Blavatnik (Platz 3, ca. 26 Milliarden Pfund), der zahlreiche Kunstprojekte und Museen großzügig unterstützt, darunter die Tate Modern und die National Portrait Gallery. Die Sammler Poju und Anita Zabludowicz sind ebenfalls auf der "Rich List" vertreten (Platz 115 mit etwa 1,5 Milliarden Pfund). Sie besitzen eine der bedeutendsten privaten Sammlungen zeitgenössischer Kunst in Großbritannien und fördern aktiv junge Künstler durch Ausstellungen und Residenzprogramme. Auch andere Mäzene wie Denise Coates (Bet365) und Hans Rausing (Tetra Pak) erscheinen auf der Liste. Bildende Künstler wie Damien Hirst und Anish Kapoor wurden in den vergangenen Jahren immer wieder auf der "Rich List" geführt, sind aber 2025 nicht mehr vertreten. Das mag daran liegen, dass die Liste diesmal nur bis Platz 350 reicht und nicht mehr bis Platz 1000. Die "Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling steht mit 945 Millionen Pfund auf Platz 168. In einem Interview mit der Zeitung sagte sie, dass sie sich noch gut an ihre frühere Armut erinnere. "Jemand, der selbst nicht arm war, wird nicht verstehen, was das bedeutet. Man vergisst es nie. Über die Armen wird geredet, sie werden niedergemacht, über sie wird gesprochen, und all das passierte mir in diesen Jahren. Ich hatte manchmal buchstäblich Hunger, weil es mir wichtiger war, meine Tochter zu ernähren, aber das war nicht das Schlimmste. Es sind die täglichen Demütigungen - vor allem nicht in der Lage zu sein, seinem Kind die Dinge zu geben, die man gerne geben würde."