Medienschau

"Bezos soll Venedig nicht mit Las Vegas verwechseln"

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Wolfram Weimer verteidigt sich bei "Markus Lanz", der Dark Lord der Tech-Rechten will den US-Pavillon der Venedig-Biennale übernehmen, und vor Jeff Bezos' Hochzeit steht seine Jacht in Flammen: Unsere Presseschau am Freitag

Kulturpolitik

In der ZDF-Sendung "Markus Lanz" verteidigte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer gestern seine umstrittene Berufung. Er zeigte Verständnis für die Kritik, betonte aber, er wolle aus einer "liberalen Mitte" heraus gestalten und dem kriselnden Medienbetrieb helfen. Grünen-Chef Felix Banaszak äußerte Zweifel an Weimers Eignung und warf ihm vor, über konservative Positionen hinaus auch Nähe zu Denkmustern der Neuen Rechten gezeigt zu haben – etwa durch seine Berufung auf Oswald Spengler in einem früheren Buch. Weimer wies die Vorwürfe entschieden zurück und sprach von bewusster Stigmatisierung und einem Versuch, ihn "mundtot zu machen" (da Weimer buzzwords mag – siehe Medienschau von gestern –, nannte er auch diese Kritik an ihn "Cancel Culture"). Er warf Banaszak vor, seine Aussagen zu verfälschen, und plädierte für mehr Offenheit im demokratischen Diskurs. Beide warnten vor Bedrohungen der Meinungsfreiheit – sowohl von rechts als auch von links –, stritten jedoch über die Auslegung dessen, was gesagt werden dürfe.
 


Art Basel

In seinem Messebericht über die Art Basel zeigt sich Stefan Kobel im "Handelsblatt" vorsichtig optimistisch. Die Messe sei zwar nur noch eine von fünf des Konzerns, aber weiterhin "dessen Herzstück". Der Kunstmarkt bleibt laut Kobel "hartnäckig schwächelnd", doch erste Verkaufserfolge nähren Hoffnung. Besonders im Segment jüngerer Kunst sei am VIP-Tag "vorsichtig optimistischer Ton" spürbar. Während große Galerien medienwirksam Erfolge verkünden, beobachten kleinere eher zurückhaltend eine "notwendige Markt-Korrektur". Werke müssten heute stärker vorbereitet und gezielt vermittelt werden. Die Messeplatzkunst von Katharina Grosse nennt Kobel ein "perfektes Instagram-Material" – Ausdruck eines Zeitgeists, der auf hohe Wiedererkennbarkeit und dekorative Symbolik setzt.

Auch Ursula Scheer schildert in der "FAZ" die Art Basel als Ort, an dem sich der Kunsthandel trotzig gegen globale Unsicherheiten behauptet. Trotz schwächelnden Marktes, so heißt es, wollten die Galerien Optimismus ausstrahlen, wobei besonders Megahändler mit Millionenverkäufen für Schlagzeilen sorgen. Scheer deutet jedoch an, dass das Käuferverhalten spürbar bedachter ausfalle – besonders im überhitzten Spitzenpreissegment. Die Messe wolle mit Formaten wie "Premiere" auch mittelgroßen Galerien eine Bühne geben. Auch in der Präsentation sei eine Tendenz zu Abstraktion und Konzeptkunst erkennbar, während sich politische Verunsicherung eher in stillen, nachdenklichen Werken als in grellen Statements niederschlage. Die Messe beschwöre Gemeinschaft und Stabilität – auch das sei Teil ihrer Selbsterzählung. 

Sämtliche Monopol-Berichterstattung zur Art Basel finden Sie in unserem Dossier

Venedig-Biennale

Curtis Yarvin, bekannt als "Dark Lord der Tech-Rechten", will 2026 den US-Pavillon der Venedig-Biennale mit einem radikal-rechten Kunstkonzept kuratieren. In einem Video-Teaser erklärt er laut Nate Freeman in "Vanity Fair": "Wir werden die amerikanische Kunst mit einem gewaltsamen Erlass rekonstruieren und das ganze verdammte Ding übernehmen." Der Pavillon soll im Stil von Trump Tower glänzen – in Gold und Schwarz, mit dem neuen Schriftzug: "Salon des Deplorables". Ziel sei, die Kunstszene zu schockieren: "The barbarians are at the gates." Noch ist es nur ein Vorschlag – aber Yarvin sieht seine Chance: "Ein Vakuum hat sich aufgetan." 

Performancekunst

Die Julia Stoschek Foundation startet mit "Unbound" einen neuen Podcast über Performancekunst im Spannungsfeld von Körper, Video und politischer Relevanz. In sechs Folgen diskutieren Künstler, Theoretikerinnen und Kuratorinnen die Geschichte und Zukunft performativer Praktiken – mit besonderem Blick auf Gender, ethnische Zugehörigkeit und Klasse. Die Gespräche sollen die radikale Kraft der Performance als Ausdrucksform herausstellen. "Unbound" begleitet die gleichnamige Ausstellung (Berlin, 2023–2024) und vertieft deren Themen. In der ersten Folge "Being Present (or Not)!" sprechen Peggy Phelan, peter campus und Marilena Borriello über die Grundlagen der Performancekunst. Neue Episoden werden wöchentlich, immer freitags, veröffentlicht.
 

Kulturerbe

Nächste Woche wollen Amazon-Gründer Jeff Bezos, mit einem vermuteten Vermögen von etwa 200 Milliarden Euro der zweit- oder drittreichste Mann des Planeten, und die ehemalige Journalistin Lauren Sánchez in Venedig heiraten. Nach allem, was man weiß, dürfte das tagelange Fest zur teuersten Hochzeit werden, die die Lagunenstadt in mehr als 1.500 Jahren gesehen hat. Die italienischen Zeitungen schätzen die Kosten auf 15 bis 30 Millionen Euro. Gehandelt werden 200 Gäste plus, darunter Oprah Winfrey, Kim Kardashian, Katy Perry, Donald Trumps Tochter Ivanka, Leonardo DiCaprio, George Clooney, Elon Musk, Bill Gates, Mark Zuckerberg und viele mehr. Lady Gaga soll singen und Mick Jagger auch. Als sicher gilt, dass Bezos und Sánchez mit der "Koru" anreisen werden, dem riesigen Dreimaster des US-Unternehmers. Der Name kommt aus der Sprache von Neuseelands Ureinwohnern, den Maori, und bedeutet sinnigerweise: "Neuanfang". Auf der Jacht soll Bezos den Antrag gemacht haben. Auf der zur Zeit parallel zur Art Basel stattfindenden Liste Art Fair präsentiert die Laveronica Galerie gerade ein Kunstwerk, das "Koru" brennend zeigt. Die Lightbox-Arbeit des niederländischen Künstlers Jonas Staal mit dem Titel "The Death of Elon Musk and Other Stories" (2025) präsentiert ein fiktionales Szenario, in dem die Jacht in Flammen steht, inszeniert als CNN-Breaking-News-Bericht. Das Werk sorgt laut "The Art Newspaper" für Aufsehen auf der Messe, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Hochzeit.
 


Auch in Venedig bereitet die "Koru" Probleme: So darf das Schiff, wenn es nach den Vorschriften geht, mit einer Länge von mehr als 125 Metern nicht am Markusplatz anlegen. Es müsste also ausweichen, an etwas weniger illustre Plätze. An Bord gibt es neun luxuriöse Schlafzimmer, aber das reicht bei weitem nicht. Der größte Teil der Festgesellschaft wird in Fünf-Sterne-Hotels wie dem Gritti Palace oder dem Danieli untergebracht. Bürgermeister Luigi Brugnaro dementierte allerdings Berichte, dass Bezos alles ausgebucht habe. Die Gäste sollen mit Wassertaxis zwischen all den gewöhnlichen Touristen über die Kanäle und die Lagune zu den verschiedenen Veranstaltungsorten geschippert werden: zu den Stränden am Lido, auf die Insel San Giorgio (wo nach Informationen der Lokalzeitung "Corriere del Veneto" am Freitag kommende Woche die eigentliche Hochzeit stattfinden könnte) oder zur alten Klosterkirche Chiesa dell'Abbazia della Misericordia im Stadtteil Cannaregio. Viele Einheimische fürchten, dass ihre ohnehin geplagte Stadt fünf Tage lang im Ausnahmezustand sein wird – zumal verschiedene Gruppierungen Blockade-Aktionen angekündigt haben. Vor kurzem hingen auf dem Markusplatz und an der Rialto-Brücke bereits Plakate "No Space for Bezos". "Wir haben nichts gegen Hochzeiten", sagte einer der Aktivisten, Tommaso Cacciari der Zeitung "La Repubblica". "Aber wir mögen keinen arroganten Milliardär, der glaubt, er könne sich alles kaufen. Er soll Venedig nicht mit Las Vegas verwechseln." Unklar ist allerdings, wie viele Leute tatsächlich hinter den Protesten stehen. Der Polizei zufolge sind für die nächsten Tage noch keinerlei Demonstrationen angemeldet, was eigentlich mit 72 Stunden Vorlauf geschehen muss. Zudem gibt es über die Hoteliers und die Wassertaxi-Besitzer hinaus auch eine Menge anderer Leute in Venedig, die von der Großhochzeit profitieren. Das Designstudio Laguna etwa ist für deren Versorgung mit Murano-Glas zuständig. Im Gegenzug wurden die Gäste nach Informationen des "Corriere del Veneto" gebeten, auf Geschenke zu verzichten und stattdessen Geld für den Erhalt von Venedig zu spenden. Bürgermeister Brugnaro gehört zu den Leuten, die das neue Vorhaben nächste Woche am lautesten verteidigen. Der Bauunternehmer, der sich in Anlehnung an Italiens früheren Mehrfach-Ministerpräsidenten gern als "Berlusconi von Venedig" betiteln lässt, spricht von einer "Ehre für die Stadt". Die Bezos-Hochzeit werde viele Millionen Euro nach Venedig bringen. Das allerdings hat auch nie jemand bezweifelt.