Venedig-Biennale
Carolin Würfel porträtiert in der "Zeit" Kathleen Reinhardt, seit 2022 Direktorin des Georg Kolbe Museums in Berlin und jetzt auch Kuratorin des deutschen Pavillons der Kunstbiennale in Venedig 2026. Mit Henrike Naumann und Sung Tieu wählte Reinhardt zwei Künstlerinnen, die – wie sie selbst – ostdeutsche Biografien mitbringen. Geprägt durch eigene Erfahrungen von Ausgrenzung nach dem Umzug von Thüringen nach Bayern 1990, zeige Reinhardt besonderes Gespür für gesellschaftliche Brüche, so Würfel in ihrem Porträt. In ihrer Museumsarbeit betone sie Ambivalenzen statt Glanz – etwa bei der kritischen Aufarbeitung von Kolbes NS-Vergangenheit. Für die Biennale wolle Reinhardt keine nationale Repräsentation inszenieren, sondern Geschichten vom Dazwischen, von Identität und Haltung erzählen. "Geschichte ist kein fertiger Raum", sagt Reinhardt. Fun fact: Kathleen Reinhardt ist ein "totaler Sneakerfreak". Ein Kurzporträt der Kuratorin von Saskia Trebing lesen Sie hier.
In "Hyperallergic" zerlegt Sarah Rose Sharp den Vorschlag von Tech-Monarchist Curtis Yarvin für den US-Pavillon der Venedig-Biennale 2026. Dessen Projekt "Salon des Deplorables", ein rechtsradikales Spektakel rund um Tizians "Vergewaltigung Europas", sei "inhaltsleer, beleidigend und kulturmüllig", urteilt Sharp. Mit Nazi-Ästhetik, Laserlicht und Ego-Statuen wolle Yarvin provozieren – und kopiere dabei nur "30 Jahre alte HIStory-Motive von Michael Jackson". Die Autorin hält Yarvin für "einen bösartigen Idioten" und schlägt spöttisch vor, ihn auf der Great Pacific Garbage Patch auszusetzen, "wo er die Trash Island Biennale eröffnen kann – mit kreischenden Möwen über brennendem Müll". Sharps Fazit: Die Rechte kann keine Kunst – nur Spektakel ohne Substanz.
Kulturerbe
Im "Tagesspiegel" warnt Rolf Brockschmidt eindringlich vor der Gefährdung von Kulturgütern durch den Krieg zwischen Israel und Iran. Er hebt hervor, dass trotz gut organisierter Maßnahmen – wie der Schließung aller Museen und der Sicherung mobiler Artefakte – archäologische Stätten wie Persepolis kaum zu schützen seien. Die Archäologin Judith Thomalsky betont: "Wie soll man offene archäologische Stätten […] schützen? Das ist unmöglich." Brockschmidt verweist auf die Verantwortung politischer Akteure wie Donald Trump, der bereits 2020 mit der Zerstörung iranischer Kulturstätten gedroht hatte. Wie Sonja Zekri in der "SZ" berichtet, wurden im Israel-Museum in Jerusalem während der ersten Angriffe auf Iran die Qumran-Rollen in Sicherheit gebracht. Die Direktorin Suzanne Landau erklärte, man habe innerhalb weniger Stunden Kunstwerke, Judaika und Leihgaben in Schutzräume verlegt. Auch das Tel Aviv Museum of Art bot Platz für externe Sammlungen. In Iran reagierte man ähnlich: Laut Medienberichten brachte die Kulturerbe-Organisation wichtige Artefakte in sichere Lager. Der Internationale Museumsrat forderte beide Seiten auf, das kulturelle Erbe auch im Krieg zu schützen – doch die Realität, so Zekri, sehe oft anders aus.
Kunstmarkt
Italien senkt die Mehrwertsteuer auf Kunstverkäufe von 22 auf 5 Prozent – die niedrigste Rate in der EU. Laut "The Art Newspaper" kündigte Kulturminister Alessandro Giuli diese Maßnahme an, die Italien zu einem attraktiven Standort für internationale Galerien und Messen machen soll. Die Reform wurde maßgeblich durch Lobbyarbeit von Kunstmarktverbänden wie ANGAMC vorangetrieben. Sie steht im Kontrast zur bisherigen Haltung der Regierung Meloni, die Senkungen zunächst abgelehnt hatte. Sollte das Parlament innerhalb von 60 Tagen zustimmen, könnte Italien nicht nur beim Verkauf, sondern auch beim Import von Kunst zum steuerlich günstigsten Markt Europas werden. Weitere Reformen, etwa bei Exportlizenzen, sind geplant.
In der "New York Times" analysiert Farah Nayeri die Krise auf dem internationalen Kunstmarkt und fragt, ob Messen wie Art Basel oder die Londoner Treasure House noch Kaufimpulse setzen können. Die Stimmung sei gedrückt, sagt Sammlerin Eva Dichand: "Man kauft weniger und überlegt mehr." Auch der in letzter Zeit besonders auskunftsfreudige Pace-Galerie-Chef Marc Glimcher sieht Unsicherheit, erkennt aber einen Wendepunkt: "Die Energie zum Sammeln ist zurück." Während die Spekulation mit jungen Künstlern zurückgehe, verlagere sich das Interesse auf etablierte Namen. Doch Jessica Morgan von der Dia Art Foundation kritisiert: "Es gibt viele andere Kunstwelten, die völlig übersehen werden." Laut Nayeri steht der Markt vor einem Umbruch – mehr Reflexion, weniger Rausch. Ramos, Beraterin für Kunst-Philanthropie, sieht die neue Sammlergeneration als bewusster: "Sie fragen sich, warum sie kaufen – und wofür."
Im "Cultured"-Magazin schildert Gracie Hadland, wie sie drei Tage lang Art Basel nahezu ohne Geld erlebte. Mit PR-Einladungen, Hotelbuffets und Drinks von Galerien tauchte sie tief in das Kunstmessegeschehen ein – von subversiven Arbeiten wie Bedros Yeretzians leerem Projektraum bei Liste bis zu schwimmenden Nachmittagen im Rhein. Hadland beleuchtet das soziale Geflecht zwischen Networking und Oberflächlichkeit, zwischen Kunst als Ware und Spiel mit Ironie. Art Basel, schreibt sie, fühlte sich an wie "eine Geschäftsreise mit meinen Eltern, bei der ich nach anderen Kindern suche, mit denen ich spielen kann". Ihre Strategie: "Ich überließ das Kaufen und Verkaufen den anderen."
Ein wenig mehr Budget hatte Annik Hosmann für ihren Selbstversuch für die "Baseler Zeitung" auf der Kunstmesse Liste: Begleitet von der Kunstberaterin Frédérique Hutter erkundete sie, wie man mit kleinem Budget Kunst kaufen kann. Hutter betont, dass man vor allem "sehr viel Kunst anschauen und das Auge schulen" müsse. Entscheidend sei, ob ein Werk emotional anspricht, gleichzeitig aber dürfe es das eigene Budget nicht sprengen. Laut Hutter sei es riskant, junge Kunst nur als Investition zu betrachten – viele hätten damit bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Sie rät, lieber 3000 Franken für ein gutes Werk auszugeben als zweimal 1500 für Mittelmäßiges. Wichtig sei zudem, ob Künstlerinnen und Künstler bereits ausgestellt wurden oder von mehreren Galerien vertreten sind.