Kochkolumne von Mohamed Amjahid

Fragwürdige Statistiken und ein schmackhafter Schmortopf

Unser Autor und sein Gast waren so hungrig, dass sie vergessen haben von ihren sorgfältig angerichteten Tellern ein Bild zu machen. Immerhin wurde der heiße Schmortopf vorher noch rechtzeitig fotografisch dokumentiert
Foto: Mohamed Amjahid

Unser Autor und sein Gast waren so hungrig, dass sie vergessen haben, von ihren sorgfältig angerichteten Tellern ein Bild zu machen. Immerhin wurde der heiße Schmortopf vorher noch rechtzeitig fotografisch dokumentiert

Kann die beste Küche der Welt objektiv festgestellt werden? Nein, findet unser Kolumnist. Trotzdem ist er davon überzeugt, das objektiv beste mediterrane Schmortopf-Rezept gefunden zu haben

Im Nachrichtengeschäft gibt es Meldungen, die machen einen stutzig: Dieses Gefühl überkommt mich meistens, wenn ich die Ergebnisse von Umfragen aufgetischt bekomme. Natürlich ist es interessant zu wissen, wie eine Mehrheit oder eine Minderheit in einer Gesellschaft denkt. Beispiel: Wenn ein Viertel der Befragten angibt, dass die Energiesicherheit im Land gefährdet sei, gleichzeitig drei Viertel zu Protokoll geben, dass der Strom schon nicht ausgehen werde, sagt das viel über die Tiefenentspannung einer Gesellschaft aus – rein gar nichts aber über die Energieversorgung an sich.

Dargestellt wird das oft dennoch anders. Schnell steht die zu kurz gedachte Aussage im Raum: "Die Energieversorgung in Deutschland ist gefährdet". Ich will an dieser Stelle erst gar nicht in die Tiefen der statistischen Methodik einsteigen, das ist nunmal eine Kochkolumne und keine politikwissenschaftliche Vorlesung. Nur so viel: Umfragen und ihr Framing sollte man immer mit Vorsicht genießen.

So auch die Top-50-Liste des Online-Portals "Taste Atlas" in der Kategorie "Beste Küchen der Welt". Die Liste erregte neulich viele Gemüter. Natürlich klickte ich neugierig und wunderte mich wenig, dass "Italienisch" auf Platz eins gelandet war. Pizza und Pasta gehen immer und überall. Dann wurde ich aber etwas stutzig, "Griechisch" landete nämlich auf Platz zwei nur knapp dahinter. "Spanisch" auf Platz drei und "Japanisch" auf Platz vier, obwohl beide mit 4,59 von fünf Sternen dieselbe Punktzahl bekommen haben.

Vielleicht findet sich in den entsprechenden Ländern etwas Essbares

Irgendetwas stimmte nicht. In der Liste finden sich definitiv Küchen, die viel zu bieten haben: "Peruanisch" (Platz zehn), "Vietnamesisch" (Platz 20) oder "Iranisch" (Platz 24). Aber dazwischen sind halt auch suspekte Einträge: "Englisch" (Platz 29) oder "Niederländisch" (Platz 32) oder "Slowakisch" (Platz 50). Nicht falsch verstehen: vielleicht findet sich in den entsprechenden Ländern etwas Essbares, aber ist die jeweilige kulinarische Tradition die beste der ganzen Welt? Da bin ich mehr als nur skeptisch.

Es sind Details, die viel über solche Rankings verraten: Warum ist "Indisch" zum Beispiel auf Platz fünf gelandet, "Pakistanisch" dagegen nur auf Platz 47? Dabei muss man wissen, dass "Indisch" sehr simplifiziert ist und in Indien viele verschiedene Küchen existieren. Außerdem sind "Inder" in deutschen Restaurants in Wahrheit oft Pakistaner, die ihre skeptische Kundschaft nicht mit zu exotischen Staatsbürgerschaften überfordern wollen und ihrem Bruder Mohamed immer gern eine extra Portion geben. Danke dafür.

Die Erklärung liegt in einer kleinen Fußnote neben der Liste: "Die weltweit besten Küchen gemäß der Abstimmung des Publikums". Übersetzt bedeutet das: Dieses Ranking hat null Aussagekraft. Dennoch schaffte die Liste es, in sozialen Medien und an Stammtischen für erbitterten Streit und tiefe Gräben zu sorgen. Man sollte aufpassen, über was man sich so aufregt. Beim folgenden Rezept kann sich hoffentlich eine Mehrheit der Menschheit auf "lecker" einigen. Ich habe einen guten Freund gefragt, das Ergebnis war eindeutig und natürlich repräsentativ: Lecker! Außerdem muss man für dieses Gericht nicht wirklich kochen können.

Jeder magere Fisch funktioniert

Denn dieser mediterrane Schmortopf funktioniert mit fast jeder mageren Fischsorte, egal ob selbst geangelt, frisch vom Wochenmarkt, frisch aufgetaut aus der Tiefkühltruhe, mit oder ohne Gräten: Hecht, Kabeljau, Scholle oder Zander zum Beispiel. Er passt gut zu Reis oder frischem Baguette. Am besten man nutzt einen schweren Schmortopf mit einem passenden Deckel. Wer so etwas nicht hat, kann auch eine ofenfeste Auflaufform nehmen und sie gut in Alu-Folie einwickeln. Vorsicht: Das alles wird sehr heiß, und man sollte darauf achten, sich die Finger nicht zu verbrennen und den Ofen nicht zu versauen.

Das Gemüse der Wahl in Scheiben schneiden, zum Beispiel Kartoffeln, Karotten, Tomaten, Zwiebeln. Aus folgenden Zutaten eine Paste (in Nordafrika wird sie Charmoula genannt) anrühren: fünf zerdrückte Knoblauchzehen, Salz und Pfeffer, etwas zerdrückte Minze, 1 EL Paprikapulver, ½ TL Chilipulver, 1 EL Kumin, eine Handvoll fein gehackte Petersilie und Koriander, 1 TL Ingwerpulver oder zerdrückter frischer Ingwer, der Saft einer halben Zitrone, reichlich Olivenöl.

Den Fisch mit der Paste einreiben. Dann im Topf alles schichten und immer wieder etwas Charmoula hinzufügen. Ich habe das so gemacht: eine Schicht Zwiebel, eine Schicht Kartoffeln, eine Schicht Karotten eine Schicht Charmoula, darauf die Tomaten, dann den Fisch und wieder abwechselnd das Gemüse und die Charmoula. Oben drauf noch etwas Olivenöl und dann alles in den Ofen schieben und bei 180°C 45 bis 60 Minuten schmoren, bis alles gut durchgegart ist. Man kann auch auf 150-160°C gehen und dafür etwas länger drin lassen, schmeckt gefühlt besser. Auf sauber durchdeklinierte Methodologie kommt es ja nicht immer an.