Jeff Koons in Zitaten

Und wie war’s für dich?

Foto: dpa
Foto: dpa
Jeff Koons 2017 in Berlin

Über kaum einen Künstler wurde so viel geschrieben und gemutmaßt wie über Jeff Koons. Liebeserklärungen (und Neckereien) der Zeitgenossen

"Man muss wissen, wie Jeff Koons sich anhört. Nicht Bariton oder Tenor – das ist nicht gemeint. Es geht weniger um die Stimmlage als vielmehr um den Tonfall, in welchem man einem potenziellen Selbstmörder auf dem Dach gut zuredet: ein Ton wie Margarine, die über ein schwammiges Stück Toastbrot gleitet – absolut gleichmäßig und ganz, ganz sanft. Diese Stimme hüllt alles ein; Hügel und Täler ebnet sie mit ihrem sahnig-unerbittlichen Fluss. Sie lullt den Zuhörer ein und lässt das Thema sich ergießen, sodass sich die Unterhaltung in einen ungeheuer schweren Fels verwandelt, der Faden um Faden auf den Meeresboden hinabsinkt, wo er schließlich im Flirren aufgewirbelten Sandes landet."

Burke & Hare, New Yorker Autoren, Anmerkung zu einem Interview mit Jeff Koons im Schweizer Kunstmagazin "Parkett", Nr. 19, 1989


"Seine Objekte werden mit schmeichlerischem Enthusiasmus wie von dem Moderator einer Quizshow präsentiert, deren Gewinne hinter ihrer offensichtlichen Vielfalt eine überraschende Ähnlichkeit enthüllen. Vergiftung ist ihr Thema: Vergiftung durch das ständig Neue, durch Alkohol, Geld und Besitz."

Sherrie Levine, US-Künstlerin, im britischen Kunstmagazin "Artscribe International"


"Koons liebt es, Dinge mit Luft zu füllen, sie aufzublasen, ihnen seinen Atmen einzuhauchen, auf dass er für immer anhalten möge. Es geht ihm um Ewigkeit, um Unsterblichkeit."

Jerry Saltz, US-Kunstkritiker, in der TV-Dokumentation "The Jeff Koons Show" (2004)


"Ich liebe seine Kunst. Alles, in jedem Stadium. Den ganzen Weg, den ganzen Irrsinn. Diese Sehnsucht nach Glanz auf der Basis einer privaten und künstlerischen Desaster-Biografie. In der politischen Kunst der 90er galt er plötzlich als absolute Hassfigur. Alle haben sich daran gefreut, wie sehr die Zeit jetzt gegen ihn war. Wie der gigantische Entwurf seines Zugriffs auf alles Wirkliche jetzt aufs Lächerlichste in sich zusammengesunken ist, der ganze Größenwahn. Diese irren Ideen, dass er Adam wäre und Cicciolina Eva, dass er mit seiner Fingerspitze die Ewigkeit berühren würde. Herrlich. Und dann geht die Liebe kaputt, die Kunstwerke werden zu teuer, der Markt bricht zusammen. Und er ist in einen grauenhaften Rechtsstreit um das Sorgerecht fürs gemeinsame Kind verstrickt. Elender geht's ja wohl nicht. Und was macht er daraus? Die große Serie 'Celebration', die das Glück der Kindheit feiert."

Rainald Goetz, Schriftsteller, im "Spiegel"-Interview (1999)


"In der Kunstwelt wirkte er anfangs wie eine Fehlbesetzung: Koons kleidete sich wie ein Börsenhändler, er war extrem höflich – und immer ein bisschen neben der Spur."

Julian Schnabel, US-Maler und Filmemacher, in der TV-Dokumentation "The Jeff Koons Show" (2004)


"Sexualität und Religion, Banales und Seligmachendes, Ästhetik und Moral, präindustrielles Kunsthandwerk und postindustrielle Schlauheit vereinigen sich, um die von Gier und Schuld geprägten Wünsche nach sofortiger Befriedigung, die unsere Kultur auszeichnen, durch die entwaffnende Unschuld purer Geschmacklosigkeit zu besänftigen."

Klaus Kertess, Kunstkritiker und Kurator, im Schweizer Kunstmagazin "Parkett", Nr. 19, 1989


"Rein äußerlich war er für mich immer eine Kreuzung: Prototypischer Amerikaner der 50er-Jahre, ein Tick Frankie Avalon, ein Tick Elvis, ein Tick der höfliche Rotarier, aber als ich ihn zum ersten Mal sah, musste ich, ehrlich gesagt, lachen."

Kunstjournalistin Ingrid Sischy in einer Jeff-Koons-Monografie des Taschen Verlags, 2009


"Wenn ich seine jüngsten Gemälde anschaue, habe ich den Eindruck, mit Bildern bombardiert zu werden, die davon handeln, wo wir heute stehen: dass alles durcheinander ist und dich ergreift. Dein Bewusstsein wird zwischen Schuhe, Haare und einen Bikini gezogen, soll ich das Kleid nun kaufen, brauche ich das Auto?"

Tom Ford, US-Modedesigner und -Filmregisseur, über Jeff Koons




"Sehr amüsant ist sie, die Kunst von Jeff Koons. Eine auf das Äußerste zielgerichtete Provokation. Da wird sogar alteingesessenen Kritikern übel. Es ärgert sie, dass Koons sie dort trifft, wo es ihnen ans Lebendige geht. Seltsamerweise ruft aber diese Übelkeit bei den Leuten eine Art sekundärer Ekstase hervor. Indem er die Kunst der Schönheit, des Handwerks, der Metaphysik, der Romantik, der Seele und aller übrigen traditionellerweise mit ihr verbundenen und als wesentlich erachteten Attribute beraubt, legt Koons ihren eigentlichen Kern frei."

Glenn O’Brien im Schweizer Kunstmagazin "Parkett", Nr. 19, 1989


"Koons hat seine Kunst im Spannungsfeld seiner Hauptleidenschaften angesiedelt: Kindheit und Sex."

Robert Rosenblum, New Yorker Kunsthistoriker und Museumskurator, 2000


"Jeff Koons hatte sich gerade von seinem Sitz erhoben und voller Begeisterung die Arme ausgestreckt. Ihm gegenüber saß Damien Hirst leicht in sich zusammengesunken auf einem weißen Ledersofa, das zum Teil mit Seidenstoff bedeckt war. Er schien im Begriff zu sein, einen Einwand geltend zu machen, auf seinem geröteten Gesicht lag ein mürrischer Ausdruck. Beide trugen einen schwarzen Anzug – Koons einen Nadelstreifenanzug –, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Jeff Koons’ Stirn glänzte ein wenig. Jed milderte den Glanz mit dem Pinsel ab und trat drei Schritte zurück. Mit Koons gab es ganz offensichtlich ein Problem. Koons (…) schien etwas Doppeldeutiges an sich zu haben, eine Art unlösbaren Widerspruch zwischen der üblichen Gerissenheit eines Vertriebsleiters aus der Technikbranche und der Überspanntheit eines Asketen. Schon seit drei Wochen arbeitete Jed am Gesichtsausdruck von Koons, der sich von seinem Sitz erhob und die Arme voller Begeisterung ausstreckte, als wolle er Hirst von etwas überzeugen; es wäre nicht schwieriger gewesen, einen pornografischen Mormonen zu malen. Er besaß zahlreiche Fotos von Koons: allein, in Begleitung von Roman Abramowitsch, Madonna, Barack Obama, Bono, Warren Buffett oder Bill Gates … Keines dieser Fotos brachte irgendetwas von Koons’ Persönlichkeit zum Ausdruck, auf allen glich er einem Verkäufer von Chevrolet-Cabrios, es war die Erscheinung, die er gewählt hatte, um sich der Welt zu präsentieren"

Aus Michel Houellebecqs "Karte und Gebiet". Aus dem Französischen von Uli Wittmann, © 2011 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln, © Michel Houellebecq/Flammarion 2010


"Wir existieren im Konjunktiv, in einem ewigen Versprechen, das nie gehalten wird. Das schützt uns vor den Bedrohungen von Wechsel und Auflösung. Es hält uns von dem fern, was wir wollen. Koons spürt das und macht es sichtbar. Das ist alles."

Stuart Morgan, Kunstkritiker, im britischen Kunstmagazin "Artscribe International" (1989)


"Die Staubsauger sind sehr sexuell."

Der britische Kunsthistoriker David Sylvester zu Jeff Koons in einem Interview, New York, 6. Februar 2000


"Jeder von uns kann vor 'Puppy' stehen, denn das Werk hat eine große, Koons-spezifische Qualität: In seinen Augen sind alle Menschen gleich."

Jerry Saltz, US-Kunstkritiker, in der TV-Dokumentation "The Jeff Koons Show" (2004)


"Jeff hat immer Wege gefunden, die Öffentlichkeit direkt einzubinden. Er packt die Leute an der Hüfte, schüttelt sie ordentlich durch und fragt: 'Denkst du, wir sind weit genug gegangen?'"

Chuck Close, US-Maler, in der TV-Dokumentation "The Jeff Koons Show" (2004)


"Koons selbst hat es so formuliert: Stellen wir uns einen Italienreisenden in Henry James’ Zeit vor, hin- und hergerissen, ob er eine handgemalte Kopie in Öl von Raffaels ‚Madonna della Seggiola‘ mitbringen soll, die er dann über den Kaminsims hängt, worauf Familie, Freunde und Besucher ihm für einen Geschmack applaudieren, der eigentlich nicht seiner ist – oder ob er stattdessen einige von diesen lustigen, dreisten Katzen- und Affenfiguren kaufen soll, die ihm wirklich gefallen, seinem Geschmack entsprechen. Koons würde dem Touristen empfehlen, die Figuren zu kaufen, ohne Schuld oder Peinlichkeit zu empfinden. Der Imperativ lautet: Sei du selbst, versuch nicht, jemand anders zu sein, von dem du glaubst, dass er dir überlegen ist! Dein Geschmack ist okay, so, wie er ist."

Arthur C. Danto, US-Philosoph und Kunstkritiker, im Ausstellungskatalog des Astrup Fearnley Museum of Modern Art (2004)


"Koons ist ein Soldat des Kitsches, ein Spaß-Kamikaze, ein Guerillakämpfer, der die Konzepte von gutem und schlechtem Geschmack mit einem Flammenwerfer angreift. Nur Effektivität zählt, egal ob als Holzskulptur, in Porzellan oder Muranoglas. Vulgär, billig, schlampig, machohaft? Die Beschimpfungen stören ihn nicht, Koons nimmt alles in Kauf, um den Kunden zu begeistern."

Emmanuelle Lequeux, Kunstkritiker, im französischen Kunstmagazin "Beaux Arts" (2008)