Mary Heilmann und David Reed in Berlin

Malen wie die Beach Boys

Mary Heilmann und David Reed führen in Berlin einen lockeren Meisterdialog

"Die Malerei musste den Bilderrahmen verlassen." So selbstverständlich heute klingt, was David Reed bei der Eröffnung der Ausstellung "Two By Two" ("paarweise") sagt, so umstritten war dieses Diktum lange Zeit. Wenn im Hamburger Bahnhof in Berlin bis zum 11. Oktober 40 Gemälde und Installationen von ihm und seiner Weggefährtin Mary Heilmann zu sehen sind, führen die Werke vor Augen, wie seit den 70er-Jahren über die Malerei diskutiert wird – und welche Freiheiten sie inzwischen erlangt hat.

In 19 Bildpaaren zeigt die Schau die Geistesverwandtschaft, aber auch das unterschiedliche Formenrepertoire der beiden Künstler, die Generationen nach ihnen beeinflusst haben. Die gebürtigen Kalifornier eint, dass sie den abstrakten Expressionismus um Elemente aus der Alltagswelt erweitert haben. "Früher hieß es, Malerei ist nur gut, wenn sie sich selbst thematisiert – uns hat das immer gelangweilt", meint Reed, der seit seiner Kindheit die Filmsprache Hollywoods liebt. Charakteristisch für seine aufwendige Malweise sind übereinandergesetzte Farbschichten, die er ausschnitthaft, etwa in Form geometrischer Kreise, wieder abträgt, was zu einer suggestiven Tiefe des Bildes führt. Von den italienischen Barockmalern nimmt er die Inspiration zu dramatisch gesetzten Pinselstrichen und transparenten, leuchtenden Farben. Die äußerst glatte Bildoberfläche erscheint wie die Vorwegnahme dreidimensionaler (Airbrush-) Techniken. Seine Leidenschaft fürs Illusionäre gipfelt in der Installation "Scottie’s Bedroom" (1994): der Nachbau eines Schlafzimmers aus Hitchcocks Film "Vertigo", erweitert um ein Gemälde aus eigener Hand.

Mit Reed, dem Kollegen noch Mitte der 90er Verrat an der Malerei vorwarfen, teilt die gelernte Keramikerin Mary Heilmann das Interesse, über das Tafelbild hinauszudenken. Geprägt von der Surferszene und ein früher Fan der Pop-Art, bedient sich die 75-Jährige bis heute ohne Scheu bei der Massenkultur, etwa bei den "Simpsons" – "eine Art Remix", wie sie es nennt. Tatsächlich spiegeln ihre unbekümmert anmutenden Farb- und Formexperimente zugleich den Dialog mit der Strenge der Abstraktion. "Mich erinnerst du an die Beach Boys", sagt ihr Reed bei der Eröffnung. "Deren Songs wirken lässig, sind aber sehr sophisticated." Zu dieser Raffinesse gehört, dass Heilmann ihre Bilder über den Rand hinaus ausführt, was ihnen eine räumliche Qualität verleiht. Wie 3-D-Malerei erscheinen ihre zwölf aneinanderhängenden Holzstühle ("Sunny Chair 1–12", 2015): In leuchtenden Pastellfarben laden sie dazu ein, im Sitzen oder Liegen zwei großartigen Künstlern beim Denken zuzuschauen.