Kunstmesse Art Brussels

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Die Frage „Sind die 40000 Euro mit Steuern oder ohne?“ mag keine sehr diskrete Art sein, ein Gespräch zu eröffnen. Bemerkenswert, so erklärt es eine Messe-Expertin, ist aber nicht der Satz an sich, mit dem sich ein Sammler am Stand der Galerie Sorry we're closed nach dem Preis für ein Gemälde von Eddie Martinez erkundigt, sondern die Tatsache, dass er am Sonntag, dem letzten Tag der Art Brussels, fällt: Auf einer Top-Messe wie der Art Basel würde nach dem ersten, vielleicht noch zweiten Tag einfach niemand so vorbehaltslos davon ausgehen, dass ein ausgestelltes Werk noch zu haben sei.

Es sind solche Feinheiten, die sich im internationalen Messegerede schnell zu anthropologischen Konstanten verdichten, wie man sie sonst nur noch von Fußballübertragungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kennt: Der Schweizer und auch der Amerikaner sind schnell, Belgier und Franzosen langsam. In Basel kannst du als Galerist nach zwei Tagen den Kopf ausschalten, in Brüssel steckst du zu diesem Zeitpunkt mitten in dem, was man vorsichtshalber ein „interessantes Gespräch“ nennt – und es wird vorwiegend auf Französisch oder Holländisch geführt.

Die Art Brussels ist auch in ihrer 30. Ausgabe im guten wie im schlechten Sinn eine sehr eigene Messe. Im Vorfeld war vor allem die Konkurrenz zur zeitgleich statt findenden Art Cologne diskutiert worden – die Deutschen drängten erfolglos darauf, dass die Termine entzerrt würden, denn den nach Weltrang strebenden Kölnern fehlen die belgischen Sammler. Nur wenige Händler wie Elizabeth und Klaus Thoman nehmen an beiden Veranstaltungen teil. In Brüssel widmet die Galerie die Hälfte ihres Standes einer Solo-Präsentation von John Armleder, Elizabeth Thoman zieht eine gemischte Bilanz: „Wir werden sicher überdenken müssen, ob wir beide Messen stemmen können.“

Im Vergleich zu Köln ist die Messe mit ihren rund 180 Teilnehmern sicher jünger, experimenteller. Eine Halle ist den „Young Talents“ und „First Call“-Galerien gewidmet, eine zweite etablierten Galerien, doch auch hier beschränkt sich das Angebot fast durchweg auf zeitgenössische Positionen. An großen internationalen Händlern sind Marlborough Fine Art, Continua, Ursula Krinzinger oder Emmanuel Perrotin vertreten sowie die in Brüssel ansässigen Xavier Hufkens, Almine Rech, Rodolphe Janssen, Daniel Templon oder Barbara Gladstone. Hufkens meldet den Verkauf zweier Leinwände von Sterling Ruby, Rodolphe Janssen verkauft eine Zeichnung von Thomas Leeroy und vier Bilder von Gert & Uwe Tobias, Daniel Templon eine großformatige Fotografie von Gregory Crewdson (88.000 Euro) und Gemälde von Oda Jaune. „Wir sind zufrieden“, fasst ein Sprecher der Galerie die Stimmung zusammen, „aber es könnte besser laufen.“ Man dürfe nicht zu viel wagen, ergänzt eine Galeristin: „Werke mit sechststelligen Preisen wird man hier nicht so leicht los.“ 

Überschwang kommt auf der Messe nicht auf – was für die Großen okay ist, die kleineren Händler aber leicht in Existenznöte bringt; 4500 bis 6000 Euro müssen die Ersteilnehmer für ihren Auftritt berappen, und die wollen erst einmal wieder reingeholt sein. In der Sektion der „First Call“- und „Young Talent“-Galerien sind auffallend viele Berliner vertreten, darunter Chert, Soy Capitain, Exile, Tanja Wagner, Javier Peres und Martin Kwade. Letzterer hat auf eine Solopräsentation der Bildhauerin Madeleine Boschan gesetzt und zeigt sich dann doch überschwänglich, „nicht nur von den Verkäufen her, sondern auch von den Kontakten, die man hier macht.“

Am Sonntagnachmittag sind die Messehallen gut gefüllt, aber es wird eher geguckt als gekauft. Einige Händler wirken doch zunehmend nervös, andere schon wieder gelassen. Tanja Wagner, die Arbeiten von Selja Kameric verkaufen konnte, hofft vor allem auf langfristige Effekte. „Auch wenn die Belgier etwas langsamer sind – wir haben hier tolle Leute kennengelernt, einige Sammler meinten, dass sie uns in der Galerie besuchen kommen.“ Am Wochenende beginnt das Berliner Gallery Weekend. Vielleicht sieht man sich da schon wieder.