Susanne Guggenberger, Sie sind die neue künstlerische Leiterin des Bildrausch-Filmfests Basel. Was zeichnet das Festival aus?
Wir zeigen Dokumentarfilme, fiktionales und experimentierfreudiges Kino, wo Haltung und Handschrift der Filmschaffenden klar hervortreten. Es ist ein kleines Festival, das sich seit der ersten Ausgabe 2011 einen sehr guten Ruf erarbeitet hat – mit der Filmauswahl wie mit den Schwerpunkten, die sich dem Werk bestimmter Filmemacherinnen und Filmemacher widmen. Dieses Jahr zeigen wir zum Beispiel hier selten gesehene Spielfilme der mit ihren Dokumentarfilmen bekannt gewordenen niederländisch-peruanischen Regisseurin Heddy Honigmann.
Was können Sie uns noch über Ihren Bildrausch-Einstand verraten?
Das gesamte internationale Programm umfasst 16 neue Filme. Dem inhaltlichen Schwerpunkt mit der Überschrift "Wunde/Wunder" entspricht auch der Eröffnungsfilm, den die ukrainische Regisseurin Kateryna Gornostai 2021 fertiggestellt und auf der Berlinale präsentiert hat. "Stop-Zemlia" taucht in die Gefühlswelt von Jugendlichen ein, die jetzt vielleicht um ihre Heimat kämpfen. Es war mir wichtig, den Krieg nicht direkt zu thematisieren, wohl aber in Verbindung mit einer hoffnungsvollen Zukunft zu bleiben. Wo Wunden geschlagen werden, gibt es trotz Narben ungeahnte Möglichkeiten. Das ist mit dem Wortspiel "Wunde/Wunder" gemeint.
Sie sind Österreicherin, haben in Los Angeles gelebt, sind nun nach Basel gezogen. Was gefällt Ihnen dort?
Bedingung für den neuen Job war, dass ich nach Basel ziehe, um einen näheren Bezug zur Stadt und zum Publikum zu entwickeln. Die auf Dokumentarfilme spezialisierte Produktionsfirma Mira Film, für die ich weiterhin tätig bin, hat auch einen Sitz in Basel. Beide Jobs an einem Ort – das hat den Umzug für mich leicht gemacht. Extrem toll finde ich das Dreiländereck. Du spazierst mal eben nach Frankreich, gehst über die Straße, und es heißt: "Bonjour". Und Basel ist so weltoffen, man hört so viele verschiedene Sprachen. Ich mag den Rhein, der hier wirklich als Lebensader gepflegt wird, den industriellen Aspekt der Stadt, die Frachtschiffe, den Hafen. Alles klein dimensioniert, alles in Miniaturausgabe, das ist auch typisch Schweiz. Das Kulturangebot ist allerdings riesig. Bildende Kunst interessiert mich sehr.
Was für ein Publikum wünschen Sie sich für die elfte Bildrausch-Ausgabe?
Ein neugieriges, aufgeschlossenes Publikum. Natürlich ist das Programm nicht auf eine Altersgruppe maßgeschneidert, aber ich wünsche mir, dass ich Filme auch jungen Menschen näherbringen kann, die jenseits des Netflix-Angebots vom Kino überrascht werden wollen. Unsere Arbeit hat ja auch mit Medienbildung zu tun. Ein Filmfestival ist ein Ort, an dem die Filmerfahrung durch die Gespräche hinterher vertieft wird. Mit Filmen abseits vom Mainstream ist es wie mit der Kunst: Es ist gut, nicht so allein gelassen zu werden mit den Werken, die Kommentare und der Austausch helfen enorm. Wenn die Scheuklappen bei der einen oder dem anderen ein bisschen weiter aufgehen, dann bin ich happy.