Londoner Museumschef Roth

"Brexit ist deutliche Warnung an Politik"

Das Votum für den EU-Austritt Großbritanniens hat auch den Londoner Museumschef Martin Roth überrascht. Die Brexit-Folgen sind unklar. Roth sieht nicht nur in Großbritannien die Politik gefordert

Für den deutschen Kulturwissenschaftler und Direktor des Victoria and Albert Museums London, Martin Roth, ist der Brexit auch ein Signal an die Politik. "Es ist eine deutliche Warnung an alle europäischen Politiker, die glauben, sie könnten die Sorgen der Menschen ignorieren", sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Das Ergebnis zeige, dass sich die englische Oberklasse nach wie vor nicht um die Bevölkerung kümmere. "Es ist traurig und riskant für eine junge Generation in Großbritannien, aber auch für uns alle in Europa, die das Projekt Europa als Garant für Frieden und Ausgleich betrachten."

Die größte Sorge für den Museumschef aber sind diejenigen, "die im Namen irgendeines Volkes reden, das ihnen vollkommen egal ist und das sie auch nicht gerufen hat". Zuerst Brand stiften, dann großmäulig löschen, "da sind AfD, Front National, Wilders, Orban, Beppe Grillo, Ukip und leider auch unverständlicherweise Boris Johnson alle gleich". Großbritannien sei nur ein Teil einer Bewegung, die überall in Europa zu beobachten sei. Alle hätten ihre Probleme mit der EU und der Bürokratie.

"Wer wirklich politisch denkt, müsste fragen: Wie können wir die Situation verbessern? Lasst uns ändern, was schiefläuft." Politische Systeme seien dazu da, verändert zu werden, aber nicht, um sie kaputt zu schlagen. "Man kann keine Reformen auf populistischen Lügen aufbauen".

Negative Folgen für das von ihm seit 2011 geleitete und global vernetzte V&A sieht der Kulturmanager derzeit nicht. "Es ist seit 150 Jahren international aktiv, das wird sich nicht ändern." Allerdings empfahl er Berlin, "die Türen jetzt sehr weit zu öffnen". Es bestehe "die historische Chance, ein riesengroßes kreatives Potenzial von London nach Berlin und in andere Städte zu holen".