Zurück in die Zukunft

Der Tag, an dem Marty kommt

Im Herbst geht die Kunstwelt auf Zeitreise, es wird paradox: Ausstellungen in Graz, Paris und Berlin erkunden das Übermorgen und die Vergangenheit der Zukunft. Wir verlosen die drei Teile von "Zurück in die Zukunft" in einer DVD-Jubiläumsbox

Wenn sich Kulturgeschichte als Farce wiederholt, dann oft in Form des Musicals. In diesem Herbst sollte eigentlich in London das Musical "Zurück in die Zukunft" Premiere feiern, basierend auf dem gleichnamigen Film und von dessen Regisseur, Robert Zemeckis, auf die Bühne gebracht. Doch das Musical soll nun erst 2016 starten, dabei wurde fest mit dem 21. Oktober 2015 als Premierentermin gerechnet – dem Tag, zu dem Marty McFly im 1989 gedrehten zweiten Teil der Filmtrilogie reist.

Welche Visionen von damals Wirklichkeit geworden sind, wird bereits seit Monaten in Zeitungen und Internetforen diskutiert, für den Oktober sind diverse Festivals und Kinowiedervorführungen angekündigt. Auf Gadget- und Technikebene muss man sagen: Die Macher des Films lagen gar nicht mal schlecht. Marty McFly erhält seine Kündigung über ein Bildtelefon à la Skype, seine Kinder tragen Datenbrillen (Google Glasses), Türen öffnen sich per Fingerabdruck, Armbanduhren sagen auf die Sekunde genau das Wetter vorher. Gut: Fliegende Autos gibt es so wenig wie Zeitreisen oder das Hoverboard, auf dem Marty der Schlägergang um Biff Tannen entkommt – dafür will Nike im Oktober jene sich selbst schnürenden Sneakers auf den Markt bringen, von denen Teenager seit Ende der 80er träumten.

Doch wer den Film heute guckt, spürt vor allem seine Nostalgie. Schon Martys Mission ist ja eher reaktionär: Die (zukünftigen) Kinder dieses weißen, heterosexuellen Vorstadtjungen und seiner dauergewellten Freundin Jennifer sind versehentlich auf die schiefe Bahn geraten, was Papa jetzt ausbügeln muss … Das gesellschaftliche Ideal des Films ist trotz aller Zeitreisen fix, der heimliche Sehnsuchtsort nicht die Zukunft, sondern die 50er-Jahre, als die Welt noch in Ordnung war. Technische Neuerungen fungieren als Handlanger für Dinge, die man immer schon gemacht hat – ein Roboter führt den Hund Gassi –, politische, soziale, psychologische Veränderungen bringen sie nicht.

Eine ganze Reihe von Ausstellungen dreht sich in diesem Herbst um Zukunftsfragen. Im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen eröffnet im Dezember "Wie leben? Zukunftsbilder von Malewitsch bis Fujimoto". Der Steirische Herbst nahm mit "Back to the Future" direkt Bezug auf die Filmtrilogie, aber ebenso auf Klassiker wie "Metropolis" und "Terminator", um den Begriff des Erbes zu erforschen. Im Festivalzentrum im GrazMuseum, dessen Erdgeschoss von dem italienischen Architekturkollektiv Orizzontale als retrofuturistische Raumstation im Stil von "Star Trek" eingerichtet war, umrissen Künstler wie Geoffrey Farmer, Mikala Dwyer und Peter Galison eine Archäologie der Zukunft: Wie werden sich gegenwärtige Formen, Sprachen und Zeichensysteme über die Zeit verändern, was wird bleiben, wie wird es künftig gelesen werden?

Ausgangspunkt eines auf die Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel und den Pariser Louvre verteilten Großprojekts ist Jacques Attalis Buch "Die Welt von morgen. Eine kleine Geschichte der Zukunft", das im Original 2006 herauskam. Die Brüsseler Schau erkundet mit 70 Werken zeitgenössischer Künstler, wie Hiroshi Sugimoto, Andreas Gursky, Gavin Turk oder Francis Alÿs, die Zeit bis ins Jahr 2050. In Paris wurden Mark Manders, Tomás Saraceno, Wael Shawky, Camille Henrot, Isabelle Cornaro, Chéri Samba und Ai Weiwei beauftragt, Ordnungssysteme in einer polyzentrischen Welt zu beleuchten.

Das ambitionierteste Vorhaben kündigt das Haus der Kulturen der Welt in Berlin mit dem auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekt "The Technosphere" an. Der Begriff setzt die globale Technologie auf eine Stufe mit der Atmosphäre oder der Biosphäre, es geht, grob gesagt, um die Frage, was passiert, wenn die Technologie mit der Natur und dem Menschen um die Gestaltung der Welt rivalisiert. Selbstfahrende Autos und sich selbst auffüllende Kühlschränke; Armbanduhren, die permanent unseren Gesundheitszustand überprüfen und bei kleinsten Symptomen Gegenmaßnahmen einleiten; Maschinen, die denken und sich reproduzieren – die Glücksversprechen, wie sie das Silicon Valley dazu seit geraumer Zeit aussendet, geben eine erste Vorahnung, was kommen mag.

Kennzeichen und zugleich Problem der Technosphäre ist ihre Unschärfe, da sie traditionelle Unterscheidungen zwischen Mensch und Technik, Natur und Dingen, Lokalem und Globalem unterläuft. Marty und der Doc können das Ziel ihrer Reisen bestimmen, indem sie ein Datum ins Display ihrer Zeitmaschine eingeben. So leicht ist die Zukunft heute nicht mehr zu verorten.

Monopol verlost 3x1 DVD-Box zum 30-jährigen Jubiläum von "Zurück in die Zukunft". Die Box enthält Teil 1-3, sowie Bonusmaterial zu den Filmen. Für die Teilnahme an der Verlosung bitte eine E-Mail mit dem Betreff "Welcome Marty", den Namen und die Postadresse, bis Donnerstag (22. Oktober), um 17 Uhr an info(at)monopol-magazin.de schicken. Die Gewinner werden per E-Mail benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.