Adam Szymczyk

Documenta-Leiter würde gerne Gurlitt-Nachlass präsentieren

Über den Nachlass von Cornelius Gurlitt wurde viel diskutiert. Nun geht es darum, wer die Kunstwerke ausstellen darf. Für Adam Szymczyk ist klar: Die Documenta ist der beste Ort, könnte sie die Werke doch in einen einzigartigen politischen und ästhetischen Kontext stellen.

München/Kassel (dpa) - Der künstlerische Leiter der Documenta, Adam Szymczyk, hätte den Kunstfund aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt gerne für die Weltkunstausstellung 2017 in Kassel. «Ich habe kein Interesse an einer exklusiven oder ersten spektakulären Präsentation, sondern möchte die Kunstwerke im politischen und ästhetischen Zusammenhang der Documenta in ihrer Gesamtheit zeigen», sagte Szymczyk im Interview der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch. Die Weltkunstausstellung biete einen einzigartigen Kontext, müsse sie doch selbst als historisches Dokument verstanden werden: "Die Documenta war immer auch eine Meta-Ausstellung - eine Aussage über die Welt der Gegenwart, von der die Kultur ein empfindlicher Teil ist, eine kognitive Erweiterung."

Statt Highlights zu inszenieren, ziehe er es vor, "die Gesamtheit des Nachlasses in einer stillen Weise zu zeigen, fast neutral, vielleicht nur chronologisch angeordnet", erklärte Szymczyk. Die Mehrheit der Besucher komme nicht wegen eines Spektakels oder eines Skandals, sondern aus Interesse an der Kunst. "Es ist ein reflektierendes Publikum", sagte der Kunsthistoriker, der sich auch um Leihgaben der Werke bemühen will, die als Nazi-Raubkunst eingeordnet wurden und den früheren Besitzern deshalb zurückgegeben wurden. Die Documenta 14 findet vom 10. Juni bis 17. September 2017 statt. Erstmals wird sie nicht in Kassel, sondern vorab in der griechischen Hauptstadt Athen eröffnet und dort einen zweiten großen Standort haben.

Vor wenigen Tagen hatte bereits das Kunstmuseum Bern angekündigt, die Werke aus Gurlitts Nachlass geschlossen auszustellen und dann in seine Sammlung zu integrieren. Auch in Deutschland könnte sie zu sehen sein: "Die Staatsgalerie Stuttgart würde die Retrospektive gerne als erste übernehmen", hatte Museumsleiter Matthias Frehner kürzlich dem Magazin "Focus" erklärt. Zu einem möglichen Termin wollte man sich in Stuttgart noch nicht äußern.
Der am 6. Mai 2014 verstorbene Cornelius Gurlitt war der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt. Seine Kunstsammlung, die wegen Nazi-Raubkunstverdachts umstritten ist, hat er dem Kunstmuseum Bern vermacht.