Helmut Newtons „White Women / Sleepless Nights / Big Nudes“ in Berlin

Mordlüsterne Models

Es sind bei weitem nicht nur die „Big Nudes“, jene fast bedrohlichen fünf Frauenakte, die das Treppenhaus des Berliner Museums für Fotografie beherrschen: Das Haus ist sozusagen fest in Helmut Newtons Hand. Das Werk des 2004 verstorbenen Fotografen bildet das Herzstück des Museums, und hier sind immer wieder Wechselausstellungen des Künstlers zu sehen, der 1938 als Sohn jüdischer Eltern aus Berlin vertrieben wurde, seit den 50ern eine Weltkarriere als Mode-, Werbe-, Akt- und Porträtfotograf machte und dessen Grab heute in Berlin-Friedenau zu finden ist.

Die aktuelle dreiteilige Sonderausstellung „White Women / Sleepless Nights / Big Nudes“ hatte im vergangenen Jahr im Houstoner Museum of Fine Arts ihre Premiere, wurde bisher aber nicht auf US-Ausstellungstournee geschickt. Überschreitet Helmut Newtons Werk in Amerika immer noch die Zumutbarkeitsgrenze? In der deutschen Hauptstadt, wo bis vor kurzem ein von Larry Clark fotografiertes Schamdreieck riesig über dem C/O Berlin prangte, geht man mit derlei Freizügigkeiten eben locker um.

Die Newton-Fotos sind seinen ersten drei Bildbänden – der Jahre 1976, 1978 und 1981 – entnommen. Vor hellgrau, blaugrau und mauve gestrichenen Wänden wirken die Balanceakte zwischen Mode und Nacktheit besonders glamourös. Der Fotograf liebte es, mit seinen Bildern kleine, mitunter böse Geschichten anzudeuten. In dem Bild „Green Room Murder“ (1975) hockt eine Blondine – die Hitchcock gefallen hätte – auf einem Mann und erstickt ihn mit einem Kissen.

Neben diversen Newton-Klassikern – wie dem gesattelten Model auf dem Doppelbett – fesseln verschiedene Promi-Fotos mit ungewohnten Perspektiven auf Paloma Picasso, Charlotte Rampling oder Karl Lagerfeld.

In einem Extrakabinett ist Helmut Newton selbst der Star, auf den Fotos von Jan de Wit. Gemeinsam mit dem jüngeren Kollegen unternahm der berühmte Fotograf 1999 eine Reise durch Brandenburg und an die Ostsee, an Orte seiner Kindheit. Die Bilder belegen, dass Newton seine Kamera auch privat immer dabei hatte.

Museum für Fotografie, Berlin, bis 28. November