Kunstmesse in Westernstadt

Howdy, Sammler!

Am Samstag eröffnet in Los Angeles die zweite Ausgabe der Paramount Ranch, eine ungewöhnlichen Messe mit jungen Galerien in einem Western-Filmset. "Die immergleichen Kongresshallen und Kojen sind doch schlicht ermüdend", sagt der 29-jährige Robbie Fitzpatrick, Mitbegründer der Messe. Ein Interview

Robbie Fitzpatrick, was ist Paramount Ranch?
Paramount ist eine Messe in einem Filmset, auf dem Paramount Pictures seit den 20er-Jahren ihre Western drehte. Es sieht aus wie eine alte Westernstadt, mit einem Saloon, einer Bank, einem General Store – alles in allem rund 20 Gebäude, die mitten in den Bergen stehen. Man kann das Gelände heute für Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten mieten, aber wir sind sicherlich die erste Kunstmesse auf dem Areal.

Warum haben Sie Paramount Ranch ins Leben gerufen?
Meine Galeriepartnerin Alex Freedman und ich wollten von Beginn an jüngere Galerien zu einer gemeinsamen Veranstaltung nach Los Angeles laden. Es musste keine Messe sein, aber wir wollten Kollegen und Freunde in die Stadt holen. Wir haben das Gefühl einer Generation jüngerer Galerien anzugehören, die ein neues Geschäftsmodell vertreten. Es handelt sich um Galerien, die in der Regel nach der Finanzkrise von 2008 eröffnet haben, einer sehr schwierigen Zeit für Kunsthändler. Auch wenn sich die Situation in den letzten zwei Jahren verbessert hat, sind wir doch tiefgehend durch diesen Kollaps geprägt. Unsere Partner Liz Craft und Pentti Monkkonen arbeiten seit 20 Jahren als Künstler in L.A., und sie hatten ihren eigenen Frust, soweit von anderen Zentren der Kunstproduktion entfernt zu sein. Wir haben uns hier im Sommer 2013 an einem sonnigen Tag getroffen und sofort das Potential dieser bizarren Location erkannt. Ein halbes Jahr später, im Januar 2014, fand dann die erste Ausgabe der Messe statt.

Abgesehen von dem ungewöhnlichen Ort: Wo liegen die Unterschiede zu einer herkömmlichen Messe?
Paramount ist eine Mischung aus einer Messe und einer Biennale. Wir haben in vielen Fällen erst die Künstler angesprochen, die uns interessierten, und sie haben dann ihre Galerien gefragt, ein Projekt zu sponsern. Unter den Ausstellern sind neben Galerien auch Künstlerkooperativen und nicht-kommerzielle Organisationen. Die Platzierung der Arbeiten erfolgt in Absprache mit den Künstlern, was der Veranstaltung zusätzlich den Charakter einer Ausstellung gibt.

Hat Ihre Generation keine Lust mehr auf herkömmliche Messen?
Das Problem ist: Um global sichtbar zu sein, müssen Galerien an den großen Messen teilnehmen. Auch wir nehmen an Messen teil. Aber es ist ein gigantisches Risiko involviert, da sie einen finanziell aufgrund der hohen Teilnahmegebühren und Transportkosten ruinieren können. Hinzu kommt, dass wir alle eine starke fairtigue, eine Messemüdigkeit, spüren: Die immergleichen Kongresshallen und Kojen sind schlicht ermüdend. Als Händler fühlt man sich auf diesen Veranstaltungen wie ein Zirkustier. Wir sehen ja, dass überall auf der Welt alternative Verkaufsschauen entstehen: die ABC in Berlin, die Independent in New York, die Sunday in London, die Milwaukee International, oder eben Paramount.

Die Transportkosten nach Los Angeles sind für viele Galeristen sicherlich auch hoch.
Natürlich, aber die Teilnahmegebühr liegt je nach Ausstellungsfläche zwischen 1000 und 4000 Dollar, was sehr wenig ist. Wir wollen niemanden ruinieren!

Wer ist in diesem Jahr dabei?
Die Teilnehmerzahl hat sich von 30 auf über 50 erhöht. Aus Europa reisen Tanya Leighton, Supportico Lopez und Mathew (Berlin) an, aus Frankfurt kommt Neue Alte Brücke, auch Karma International (Zürich) und Chantal Crousel (Paris) sind dabei. Viele Aussteller wie The Box, White Flag Projects oder Paradise Garage kommen aus den USA, aber es sind auch japanische Händler dabei. Gezeigt werden alle Medien, aber ein Schwerpunkt liegt sicherlich auf Performances und Installation. Richard Dawkins, ein Maler aus L.A., hat Kollegen zu einem „Live-Painting-Project“ eingeladen, das in der Kirche abgehalten wird. Kerstin Brätsch, Pae White und Haegue Yang zeigen Außenskulpturen. Josef Strau und Stefan Tcherepnin führen über das gesamte Wochenende Performances auf und sie zeigen im Sheriff`s Office eine gemeinsame Installation.

Paramount findet parallel zur etablierten Art Los Angeles Contemporary statt. Im März sollte erstmals auch ein Ableger der Pariser Fiac in L.A. stattfinden, wurde dann aber kurzfristig abgesagt. Wie steht es um den hiesigen Kunstmarkt?
Die Fiac wurde um ein Jahr verschoben. Vermutlich hatten die Organisatoren mehr Enthusiasmus in der Stadt erwartet. Andererseits sind sie hier bislang auch kaum in der Szene verankert: Ich glaube, dass sie kaum Leute vor Ort im Organisationsteam hatten und vielleicht zu vieles von Paris aus regeln wollten.

Gleichzeitig eröffnen zurzeit immer mehr Galerien Dependancen in L.A.
In den letzten zwei Jahren ist das Interesse gewaltig angestiegen. Sammler kommen, Galerien wie Sprüth Magers, Hauser & Wirth, Tanya Bonakdar, Maccarone, Matthew Marks, Karma International oder Team Gallery haben gerade neue Räume eröffnet oder werden es in den kommenden Jahren tun.

Hat die vom Getty Institute organisierte Mammutschau "Pacific Standard Time" zum Aufschwung beigetragen?
Das Projekt war sicherlich eine wichtige Geste, um die Szene hier zu identifizieren und historisch zu verorten. Die Kunstszene in Los Angeles fußte immer sehr stark auf den akademischen Institutionen. Die Absolventen der Hochschulen und der Künstlerprogramme bildeten das Herz der Szene. Neu ist, dass jetzt viele Künstler herziehen – aus New York, weil die Stadt zu teuer geworden ist, oder aus Europa und Asien.

Spielt der Vergleich mit New York noch immer eine Rolle, oder agieren Galerien und Künstler heute viel mehr in einem globalen Netzwerk?
Los Angeles hat immer noch einen Minderwertigkeitskomplex gegenüber New York, aber es wird zunehmend zum Global Player.

Paramount Ranch, Los Angeles, 31. Janura bis 1. Februar