Hyper, hyper!

Gerade tanze ich noch mit der spektral aufgefächerten Silhouette meiner selbst und frage mich mal wieder, warum Olafur Eliasson so wichtig ist, da stupst mich Jeppe Heins wandernde Spiegelkugel an der Wade. Hey. Lass das. Ich schaue gerade eine Kunstausstellung an!

Der Erlebnisparcours, der sich in einer Werkhalle am Rand der asturischen Kohlehafenstadt Gijón ausbreitet, tut sein Bestes, einen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Bei der kubanischen Künstlergruppe Los Carpinteros ist eine Mauer explodiert, Brocken schweben in der Luft: gefrorene Gegenwart. Einer hängt über der Brüstung, unter der sich hoffnungsfroh die Glühbirnenspiralen Carsten Höllers drehen und sich in Doug Aitkens begehbarem Kaleidoskop spiegeln.

Unter Diktator Franco war das LABoral Teil einer technischen Universität, seit 2007 ist es Kulturzentrum. Verzweifelt sucht das strukturpolitische Ufo Kontakt zum lokalen Publikum. Mit „Pasajes – viajes por el híper-espacio“ (Passagen – Reisen in den Hyper­raum), komplett bestückt aus der Sammlung Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, könnte es klappen. Zur Eröffnung hatten die Aufseherinnen Mühe, ihre Gäste davon abzuhalten, all die Wunderdinge mit Händen und Füßen zu begreifen. Wie fühlt sich Ernesto Netos biomorphe Nylonhöhle an? Und Ai Weiweis zum Kronleuchter umfunktionierte Tempelsäule, hat sie nicht einen Griff am Rollbrett, der zum Mitnehmen animiert?

Wir verlieren das Gefühl für Raum und Zeit im postmodernen Hyperspace, klagte der Kulturkritiker Fredric Jameson. Die Kuratoren Benjamin Weil und Daniela Zyman wenden das ins Positive und feiern das Aufgehen von Repräsentation in purer Präsenz – sie bauten also einen Vergnügungspark. Monika Sosnowska lädt ins hypertrophe Türenlabyrinth einer sozialistischen Arbeiterwohnung, und in einem Treppensaal wartet ein Scheinwerfer von Olaf Nicolai, um bei Eintreten des Gasts einen schwindelerregenden Tanz an der Stange aufzuführen. Was sonst die Akteure ins Licht rückt, hat hier einen Soloauftritt, und plötzlich bekommt diese so freundliche Schau noch einen schönen bösen Dreh: Verführung und Kontrolle sind ein Paar.

LABoral, Gijón, bis 21. Februar