Klasse trotz Krise bei Phillips de Pury

 Manche Vorankündigungen überraschen. Etwa die für eine
Februarauktion zeitgenössischer Kunst, die zunächst so wirkt, als würden wir uns immer noch in den Boomjahren befinden. 176 bekannte Arbeiten aus der ersten Künstlerliga werden im Feb­ruar bei Phillips de Pury in London angeboten, von Martin Kippenberger und Jeff Koons über Robert Longo und Bill Viola bis zu Anselm Reyle und Jonathan Meese. Die Schätzung für den Gesamtumsatz liegt zwischen 8,9 und 11,3 Millionen Pfund.
Phillips de Pury ist Pop, soll ein Besucher der vergangenen Herbstauktion gesagt haben. Die kürzlich von russischen Inves­toren erstandene Auktionshausmarke des Schweizers Simon de Pury pflegt dieses Image trotz Rezession und arbeitet weiterhin souverän daran, zu den beiden Giganten Sotheby’s und Chris­tie’s aufzuschließen. Für die Februarauktion hat das Haus auch 30 wichtige Arbeiten aus Francesca von Habsburgs Thyssen-Bornemisza Contemporary Art Collections gewinnen können.
Die Versteigerung soll der Sammlung dabei helfen, das durch den isländischen Beinahe-Staatsbankrott in Mitleidenschaft gezogene Living Art Museum (NYLO) in Reykjavík zu unterstützen. Zu den Highlights gehören Reyles „Sonnenuntergang am Genfer See“ von für 100 000 bis 150 000 Pfund und Meeses „The Temptation Of The State Of The Blessed Ones In ‚Archland‘“ für 150 000 bis 200 000 Pfund. Darüber hinaus ist etwa das „Portrait of Paul Schreber“ von Kippenberger aus der Sammlung von Charles Saatchi beachtenswert. Das Ölbild inszeniert den berühmtesten Nervenkranken der deutschen Literatur als buntschlieriges, menschliches Gehirn – ein Schnäppchen für einen Schätzpreis von 400 000 bis 600 000 Pfund.
Michael McGinnis, der Direktor der Abteilung für zeitgenössische Kunst des Hauses, betont: „Keine Frage, wir haben diese außergewöhnlichen Stücke mit Schätzwerten angesetzt, die der derzeitigen ökonomischen Stimmung entsprechen. Die Auktion wird eine seltene Gelegenheit für Käufer darstellen.“ Was auf den ersten Blick unzeitgemäß wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als die genaue Kenntnis der Lage. Die zu Beginn der Krise prophezeiten guten Zeiten für gute Sammler sind tatsächlich angebrochen. ds

Phillips de Pury & Company, London, „Contemporary Art Sales“,
12. und 13. Februar