Isa Genzken in Frankfurt

Knallhart Gegenwart

Im Museum für Moderne Kunst Frankfurt zieht sich Isa Genzken die Baseballmütze ins Gesicht

Eine der vielen unheimlichen Schaufensterpuppen in Isa Genzkens Einzelausstellung im Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK) ist die allermerkwürdigste: Sie steht ein bisschen abseits, scheint in einem selbst gebauten Versteck zu lauern wie in einer Tonne, hat den Rollkragenpullover übers Gesicht gezogen und die Baseballmütze tief im Gesicht, spähend, zierlich und zäh zugleich. Obwohl unkenntlich, ist diese vermummte Gestalt der Künstlerin so ähnlich, dass man kurz erschrickt. Genzken schaut hier auf ihre eigene Arbeit, sie schaut auf sich selbst. Und zwar in einer so furiosen und fast patzigen Art und Weise, als wollte sie ihren eigenen MoMA-Weihen einen Strich durch die Rechnung machen, mit der Sprühdose, mit Splittern, Schrecken und auch Gewalt.

Zunächst macht der Versuch der Decodierung der Figuren Spaß: Wie in einer Familienaufstellung finden sich in kreisförmig angeordneten Gruppen Kinder mit Fetisch-Utensilien und Frauen zusammen, denen Geldscheine auf den Brüsten kleben (20 Euro, so wenig). Mit ihren Perücken, Schals, Regencapes und Slippern sind sie albern cool wie in einer Modenschau von Bernhard Willhelm. Genzken zeigt nicht aus der Mitte der Gesellschaft mit dem Finger auf die am Rand – sie selbst, "I’m Isa Genzken, the only Female Fool", steht ja außerhalb, und ihr Blick ist nicht wertend, höchstens mal amüsiert. Die Beklemmung sitzt im Detail, die Männerfiguren sind meist glatt, schwarz, überlegen und schön, die Frauen lächerlich. Und da ist diese Dreiergruppe mit Kind, das eine unheilvolle Szene durch einen Football-Helm sieht: Das entblößte Geschlecht des Mannes ist mit Sprühfarbe rot markiert, er blickt der Frau zwischen die Beine, auf ihrem Gesicht ein Ganzkörperfoto der Künstlerin.

Auch wie Genzken ihr eigenes Œuvre in am Boden liegenden, betretbaren collagierten Schaubildern Revue passieren lässt, ist radikal unnostalgisch. Knallhart Gegenwart, immer noch.