Sport-Auktion

Große Fußstapfen

Wenige Wochen nach seinem Tod werden Andenken der Basketball-Legende Kobe Bryant versteigert. Die Objekte sind Schätze für Fans - stellen aber auch Fragen nach einer Post-#MeToo-Gedenkkultur

In Beverly Hills werden sich am 30. April Menschen um getragene und mehrere Jahre alte Sportklamotten reißen. Um benutzte, schwarz-weiße Sneaker in der stattlichen Größe 48 und ein perforiertes, vollgeschwitztes Tanktop. Die Vintage-Teile sind begehrt, weil sie einem der bekanntesten Basketballspieler aller Zeiten gehört haben. Kobe Bryant, der mit seiner Tochter Giannina Bryant bei einem Helikopterunglück Ende Januar ums Leben kam, hinterlässt all die genannten Objekte, die für seine Fans zu Schätzen werden dürften. Sie werden vom New Yorker Aktionshaus "Julien’s Auctions" in der kalifornischen Filiale bei Los Angeles und live im Internet versteigert. Der Verkauf mit dem Titel "Sports Legends" verspricht über 300 historische Artefakte, unter denen die Bryant-Sammlung zu den Highlights gehört.

Durch den plötzlichen Tod erreichen Celebrities oft einen fast übermenschlichen Status von Verehrung und Bekanntheit. Fotos und Botschaften strömten durch Stories und Feeds im Netz, sobald die Nachricht von Kobe Bryants Tod publik geworden war. Da strahlt er neben der 13-Jährigen "Gigi" im Staples Center, hält seine Frau Vanessa Laine im Arm oder wacht als gutmütiger Gigant über seine vier Töchter. Geteilt wurden die Bilder von seinen Fans und Freunden, vor allem aber von Künstlern, Schauspielerinnen und Politikern, die ihre Trauer über den Verlust des außergewöhnlichen Athleten und des Familienmenschen bekundeten. Barack Obama, Whoopi Goldberg und Bill Clinton waren nur einige der postenden Prominenten.

Der Held und die Vorwürfe

Doch es gab auch Stimmen, die der Heldengeschichte widersprachen: 2003 wurde Kobe Bryant wegen der Vergewaltigung einer 19-jährigen Hotelangestellten angeklagt. Zwei Jahre später einigten sich die Parteien außergerichtlich. Bryant versicherte, dass alles einvernehmlich geschehen war und entschuldigte sich, vor allem bei seiner Frau Vanessa, die während der Anhörung neben ihm saß. Dann schien das schwierige Kapitel abgehakt, spätestens mit seinem Tod dominierte die Verehrung. Die, die an Bryants Anklage erinnerten, fanden sich in direkter Konfrontation mit denen, die nur der Sportlegende gedenken wollten.

Die Reporterin  Felicia Somnez von der "Washington Post" war online massiv angegriffen und sogar vorübergehend suspendiert worden, nachdem sie kurz nach Bryants Tod per Twitter auf die Vorwürfe hingewiesen hatte. "Jede Persönlichkeit des öffentlichen Lebens ist es wert, in ihrer Gesamtheit in Erinnerung zu bleiben, auch wenn diese Persönlichkeit des öffentlichen Lebens geliebt und diese Gesamtheit beunruhigend ist" stellte sie später ebenfalls in einem Tweet klar. Vielleicht wäre diese Differenzierung eine Möglichkeit für eine Post-#Metoo- Erinnerungskultur, die über die Glorifizierung von verstorbenen Stars hinausweist.