Medienschau

"Kunst ist eben Geschmackssache"

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Nostalgie nach einer selbstorganiserten Kultur, eine Lobeshymne auf das Museum Morsbroich und Rapper Ye beim Ausstellungsbesuch in Berlin: Das ist unsere Medienschau am Freitag

Debatte

Die Eröffnung der privatwirtschaftlichen Kunsthalle Fotografiska und des Quartiers Am Tacheles erregt weiter die Gemüter. In der "Süddeutschen Zeitung" nimmt Peter Richter sich der Sache schön dialektisch an und montiert Aussagen des Fotografiska-Betreibers Yoram Roth neben Aussagen von Jochen Sandig, der in den frühen 90er-Jahren ein Tacheles-Besetzer der allerersten Stunde war. In der "FAZ" fragt Freddy Langer, ob mit Fotografiska der Kommerz endgültig über die Kunst siege, und kommt zu einer nüchternen bis ernüchternden Antwort: "Event und Spektakel jedenfalls sind keine Begriffe, die man bei Fotografiska scheut. So wie man das konventionelle Verständnis von Fotografie und bildender Kunst erweitern möchte, so scheint man auch der Berliner Ausgehkultur neue Wege weisen zu wollen. Das, was mit Gentrifizierung nur noch unzureichend beschrieben ist, scheint an der Oranienburger Straße jetzt seinen Abschluss gefunden zu haben."

Festival

Beim Festival Axis in Rostock hat der Künstler und Musiker Carsten Nicolai das Album "HYbr:ID Volume 2" und den Film "Betonschiff ohne Namen" vorgestellt. Robert Miessner war für die "Tageszeitung" (Taz) dabei und schlüsselt Nicolais Referenzen auf, die zwischen persönlicher und deutscher Geschichte, der utopischen Dimension von Booten und Wasser und dem Dunkel der deutschen Vergangenheit pendeln.

Museen

"Diese Gesellschaft verändert sich, sie wird dynamischer, komplexer, digitaler, vielstimmiger, vernetzter und nachhaltiger", schreibt der Deutsche Museumsbund im Vorwort seines kürzlich vorgestellten neuen Leitfadens "Standards für Museen". Museen seien dazu aufgefordert, "diese Veränderungen als Teil ihrer Arbeit zu begreifen, sich beständig zu hinterfragen und weiterzuentwickeln". Als Vorreiter des geforderten Transformationsprozesses macht Christiane Fricke im "Handelsblatt" das Museum Morsbroich in Leverkusen aus, das sich unter Museumschef Jörg van den Berg gerade "neu erfinde". "Ein Schnellschuss wird es nicht, worauf Morsbroich sich da eingelassen hat. Die Transformation beinhaltet ein ganzes Bündel von Maßnahmen und einen entsprechend langen Atem. Im Zentrum der Wille, das außerhalb im Grünen gelegene Haus wieder mit der Stadt und ihren Menschen zu verbinden."

Prominenter Besuch

Allzuoft berichtet die "Bild" nicht über Kunst, nun ist ihr aber der Besuch des wegen antisemitischer Äußerungen in Ungnade gefallenen Rappers Ye in Berlin einen Artikel wert. Zuerst wurde der früher als Kanye West bekannte Künstler mit seiner Partnerin Bianca Censori in der Dönerschlange am Mehringdamm gesichtet. "Dann ging es – ganz Touri – nach Bild-Infos ein Stück mit dem Bus in Richtung einer Ausstellung, die sich Kanye angucken wollte", heißt es in dem Artikel. "In der Kunst-Galerie in Berlin vertiefte sich Kanye übrigens in Video-Installationen. Und Bianca? Die vertiefte sich in ihr Smartphone. Kunst ist eben Geschmackssache." Aus den Fotos auf der Website lässt sich schließen, dass das Paar die Schau "Unbound: Performance As Rupture" in der Julia Stoschek Foundation anschaute. Die ist allerdings keine Galerie, sondern eine Privatsammlung.