Medienschau

"Johann König will über seine Version der Geschichte reden"

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Galerist Johann König äußert sich zu Vorwürfen der sexuellen Belästigung, "Zone of Interest" polarisiert nach Jonathan Glazers Oscar-Rede noch mehr, und ein Störer des Stumpfsinns wird 70: Das ist unsere Presseschau am Freitag


Der Fall Johann König

Johann König war der Popstar unter den Berliner Galeristen. Dann erschien vor knapp zwei Jahren ein Artikel in der "Zeit", laut dem er Frauen sexuell belästigt haben soll. Marlene Knobloch hat Königs Geschichte für die "Süddeutsche Zeitung" aufgeschrieben, seinen steilen Erfolgsweg und seinen ebenso tiefen Fall nachgezeichnet. "König selbst hatte sich an die 'SZ' gewandt, er will ins Medienlicht, will über seine Version der Geschichte reden", schreibt Knobloch. "Er gibt sich im Gespräch betont offen, er habe nichts zu verbergen. Er liest Chatverläufe vor von Frauen, die ihn im Artikel anonym beschuldigen, er lässt an einem Sales-Meeting teilnehmen, später wird er Screenshots schicken, private Mailverläufe mit Freunden, die ihn fallen ließen, Briefwechsel, sein Assistent erstellt mehrere Dropbox-Ordner mit akribisch kuratierten Dokumenten seines hochprofessionellen Kampfs. Er schickt Gerichtsakten, eine forensische Textanalyse, Anzeigeschreiben, die eidesstattlichen Erklärungen der "Zeit"-Recherche, er kann auswendig daraus zitieren. Er schreibt nachts um elf per WhatsApp, ihm sei noch was eingefallen, könnte es nicht sein, vielleicht ist sogar etwas gefälscht worden... Er wirkt wie jemand, der verzweifelt versucht, von der Wahrheit zu überzeugen. Oder wie jemand, für den Wahrheit etwas ist, das man mit viel Überzeugungskraft selbst schafft." Am Ende, so Knobloch, gibt König "aus mehrstündigen Gesprächen kein einziges Zitat frei".


Antisemitismus-Debatte

"Was hat sich seit der Berlinale getan?", fragt Hanns-Georg Rodek in der "Welt". Und meint damit die Ankündigung, den Antisemitismus-Eklat während der Preisverleihung aufzuarbeiten. Sein Fazit: nicht viel. Auch weist er darauf hin, dass das Filmfestival, das sich sonst gern für verfolgte Künstler einsetze, sich noch immer nicht mit der Hamas-Geisel David Cunio solidarisiert habe. Dieser hatte 2013 in dem Berlinale-Film "Youth" mitgespielt. "Bis heute hat sich keiner der Beteiligten dazu erklärt. Ebenso wenig dazu, wie im Instagram-Kanal der Berlinale-Sektion Panorama die Parole "Free Palestine – from the River to the Sea" (ein Synonym für die Vernichtung Israels) auftauchen konnte. Die Berlinale-Leitung ließ den Aufruf zwar löschen und erstattete Strafanzeige, doch eine Erklärung gibt es drei Wochen danach weiterhin nicht, obwohl sich technisch ohne große Probleme feststellen lässt, ob die Webseite von außen gehackt oder von innen missbraucht wurde."

 

Royale Kunstgeschichte

Das etwas amateurhaft retuschierte Familienporträt der britischen Kronprinzessin Kate beschäftigt die Menschen (oder zumindest die in den Feuilletons) offenbar noch immer. Im "Spiegel" erinnert Ulrike Knöfel nun daran, dass auch in früheren Jahrhunderten die Selbstdarstellung der Royals streng kontrolliert war und auch auf Gemälden bereits auf vorteilhafte Darstellung geachtet wurde. So könne man auch Kates Photoshop-Experimente deuten: "Man muss sich diesen Bearbeitungsvorgang geradezu malerisch vorstellen, und zwar im Wortsinn. Als die Gebrüder Knoll vor ein paar Jahren eine Auszeichnung entgegennahmen, erinnerte der Laudator an ihre frühe Vision von einer 'digitalen Malerei'. Und tatsächlich knüpft die malende Gattin des Kronprinzen an eine jahrhundertealte Tradition an, auf die sich Normalbürger nicht berufen können. Früher zeigten Hofkünstler die Stars der Königshäuser auch nur in idealisierter Form, Authentizität war keine Option."


Geburtstag

Als "Störer des Stumpfsinns" würdigt Stefan Trinks den Maler Werner Büttner zum 70. Geburtstag in der "FAZ". Dem Künstler, der Anfang der 1960er-Jahre mit seinen Eltern aus der DDR nach München übersiedelte, attestiert er großes Gerechtigkeitsempfinden und Lust an "saftigen" figurativen Bildern. "Allein die Liste seiner Ausstellungstitel laut vorzutragen wäre bereits ein Dada-Schauspiel, große onomatopoetische Kunst ist sie allemal: Die 'Elend' getaufte Gruppenschau dieser ehrlichen Makler gegenständlicher Malerei machte ihn und seine Pinsel-Kumpanen 1979 schnell berühmt-berüchtigt, die 'Kirche der Ununterschiedlichkeit' von 1981 dürfte noch für Christoph Schlingensiefs Fluxus-Oratorium 'Kirche der Angst vor dem Fremden in mir' von 2008 prägend gewesen sein. 2011 reüssierte Büttner in Hamburg mit 'Die erlösende Eloquenz erprobter Dinge', 2013 mit 'Gemeine Wahrheiten' im ZKM. Nicht unterschlagen sei die surreale Poesie von Büttners 1987 erschienener Biographie 'Und das Meer lag da wie Nudeln aus Gold und Silber'. Aus all dem ragt jedoch das wiederum zusammen mit Oehlen und Herold verfasste herrliche Manifest 'Facharbeiterficken' heraus."


Film

In der "Zeit" nimmt Daniel Gerhardt den Oscar-Preisträger und "Zone of Interest"-Regisseur Jonathan Glazer in Schutz. In seiner Dankesrede bei den Academy Awards hatte dieser sowohl das Hamas-Massaker als auch das Vorgehen Israels in Gaza verurteilt, und dann noch gesagt, dass er sich dagegen verwehre, wie sein Jüdischsein und der Holocaust instrumentalisiert würden, um eine Besatzung zu rechtfertigen. Seitdem wird ihm selbst vorgeworfen, den Holocaust zu relativieren, und auch sein Film über den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß blende jüdische Opfer aus. Autor Gerhardt widerspricht: "Festzuhalten bleibt aber, dass Glazer nun gerade keine Schuldumkehr betrieb: Die Entmenschlichung, die er ansprach, brachte er sowohl mit den Angriffen der Hamas als auch mit der israelischen Reaktion darauf in Verbindung – eine Einschätzung, die man mit Blick auf mittlerweile mehr als 30.000 Tote seit Kriegsbeginn im Gazastreifen aushalten können muss. Noch verfehlter ist jedoch die Kritik an 'The Zone of Interest'. Es stimmt zwar, dass der Film keine Szenen aus dem Vernichtungslager enthält, er spielt überwiegend in Haus und Garten der Familie Höß, gleich neben den Mauern von Auschwitz-Birkenau. Das Grauen der NS-Morde ist jedoch allgegenwärtig, es äußert sich unter anderem durch rauchende Schornsteine im Hintergrund und eine (ebenfalls oscarprämierte) Soundkulisse aus Angst- und Schmerzensschreien, Schüssen, bellenden Hunden und kläffenden KZ-Aufsehern. Anders als das Filmpersonal kann man dieses Grauen als Kinozuschauer zu keiner Sekunde ignorieren."
 

Emma Stone hat mit ihrer Hauptrolle in "Poor Things" unter der Regie von Giorgos Lanthimos am Sonntag den Oscar als beste Hauptdarstellerin geholt - bald schon kommt ihr nächstes gemeinsames Projekt heraus. Der Film "Kinds of Kindness" soll am 21. Juni in US-Kinos anlaufen, wie es unter anderem der "Hollywood Reporter" meldet. Neben Stone  spielen unter anderem Jesse Plemons, Willem Dafoe, Margaret Qualley, Joe Alwyn und Mamoudou Athie mit. Die Dreharbeiten zu dem Sci-Fi-Episodenfilm fanden Ende 2022 in New Orleans statt. Der Inhalt ist weitgehend unter Verschluss. Der griechische Regisseur Lanthimos holte den Hollywood-Star zuvor für die schrille Sittenkomödie "The Favourite – Intrigen und Irrsinn", die 2019 für zehn Oscars nominiert war, vor die Kamera. In "Poor Things" verkörpert Stone eine Frau namens Bella, der das Gehirn eines Babys eingesetzt wird. Unter der Aufsicht eines schrulligen Wissenschaftlers (Willem Dafoe) lernt sie die Welt neu kennen - und fängt an, sich übergriffige Männer vom Hals zu halten.  Ein weiteres gemeinsames Spielfilmprojekt sei geplant, wie das Branchenblatt "Variety" bereits Ende Februar berichtete. Demnach könnte Stone eine Rolle in einer schwarzen Komödie übernehmen, die Lanthimos als Remake der südkoreanischen Fantasy-Comedy "Save the Green Planet" (2003) plant. Noch in diesem Sommer soll gedreht werden.