Rekordpreis bei Christies Auktion

Picassos Rache-Akt

Das Auktionsjahr 2010 beeindruckt durch Superlative. Im Februar verkündete Sotheby’s noch stolz, mit dem Verkauf der Giacometti-Bronze „L’Homme Qui Marche“ („Schreitender Mann“) für knapp 75 Millionen Euro den bislang höchsten jemals auf einer Auktion erzielten Preis für ein Kunstwerk für sich verbuchen zu können. Am gestrigen Dienstag zog Konkurrent Christie’s dann nicht nur nach, sondern stockte sogar um ein paar Millionen auf.
 
82 Millionen Euro, das ist der Preis, den ein anonymer Telefonbieter für Picassos Gemälde „Nackte, Grüne Blätter und Büste“ aus dem Jahr 1932 zu zahlen bereit war. New York schlägt London, Brüste schlagen Beine – und: Picasso schlägt Giacometti.

Fast wirkt dies wie ein süßer Racheakt, hatte doch Giacomettis Skulptur Picassos „Junge mit Pfeife“ vom Thron des High-Price-Segments gestoßen, nachdem dieser sich immerhin sechs Jahre lang „teuerstes Kunstwerk aller Zeit“ nennen durfte. Bei einigen dürfte das Erinnerungen an das Kopf-an-Kopf-Rennen von Jeff Koons und Damien Hirst im Jahr 2007 wecken.
 
Während Koons und Hirst zumindest räumlich Kontinente trennen, lebten Picasso und Giacometti lange Zeit beide in Paris. Sie verband eine 21-jährige Freundschaft. Der Schweizer war einer der wenigen Künstler, den der 20 Jahre älteren Picasso akzeptierte und dessen Ratschlägen gegenüber er aufgeschlossen war.  Zwar trennten sich die Wege der Künstler noch zu Lebzeiten, dass nun post mortem ein wahrer Konkurrenzkampf zwischen ihnen ausbrechen würde, hätten sich die beiden dennoch wohl kaum gedacht. Die Freundschaft zerbrach 1951 – nicht etwa an Missgunst und Neid, sondern angeblich an einer seitens Picassos zu unfreundlich ausgesprochenen Einladung in sein Domizil in Vallauris.
 
Nachdem Lily Safra, Witwe des libanesischen Milliardärs Edmond Safra, als Käuferin der Skulptur „Schreitender Mann“ mittlerweile bestätigt ist, ist das lustige Rätselraten über den zukünftigen Besitzer von Picassos „Nackte, Grüne Blätter und Büste“ hiermit eröffnet.