Kunstverein Braunschweig

Plastisch ausgedrückt

In vielerlei Hinsicht macht sie Kino zu Kunst.16-Millimeter-Projektoren lässt sie in einer raffinierten Konstruktion an Filmstreifen von der Decke hängen, setzt mehrere zu einem imaginären Gespräch gegenüber oder gruppiert sie zum Chor. Filmische Erzählungen müssen die anheimelnd archaischen Apparate nicht immer projizieren. Rosa Barba reicht es auch, sie als Lichtquellen zu inszenieren. Oder als Textproduzenten, die einfach Worte an die Wände werfen.

Die 1972 auf Sizilien geborene Barba, die an der Kunsthochschule für Medien in Köln und der Amsterdamer Rijk­sakademie studierte, interessiert sich nicht für die Illusionsmaschine, sondern für das Zeichensystem Film. Liebevoll nimmt sie es auseinander und setzt es anders wieder zusammen.

2009 ratterten Barbas Geräte schon auf der Venedig-Biennale, eine Einzelausstellung in der Tate Modern hat die in Berlin lebende Künstlerin ebenfalls bekommen – der erste institutionelle Überblick in Deutschland, der jetzt im Kunstverein Braunschweig stattfindet, war also überfällig. Die Schau präsentiert neben neuen installativen Werken große Filme der jüngeren Zeit, die die leise Nostalgie der Projektorskulpturen hinter sich lassen.

Dokumentarisches mischt sich mit Fiction, wenn Barba in „The Empirical Effect“ (2009) während einer realen Testevakuierung in der Gefahrenzone am Vesuv eine rätselhafte Geschichte entwickelt. In langen, ruhigen Einstellungen zeigt sie Bewohner der Gegend, wie sie sich in einem alten Observatorium versammeln. Gläser zittern, Messinstrumente schlagen aus. Die untergründige Spannung perfektioniert der Soundtrack Jan St. Werners von der Elektronikband Mouse on Mars, mit dem Rosa Barba regelmäßig zusammenarbeitet.

Auf die Land-Art eines Robert Smithson beziehen sich die Luftaufnahmen von „The Long Road“ (2010), wo eine verlassene Rennstrecke in der Wüste Kaliforniens zum Zeichen wird. Doch selbst wenn sie die Hubschrauberperspektive einnimmt, glückt es Rosa Barba, skulptural zu denken.  

Kunstverein Braunschweig, bis 22. Mai