Solarlampe von Olafur Eliasson und Frederik Ottesen

Power-Flower

„Warum sind bestimmte Gebiete erleuchtet, andere nicht?“ fragte Olafur Eliasson im Monopol-Interview und drückte damit seine Empörung aus – nicht etwa über eine säkularisierte Welt, der es an Erleuchtungserfahrungen mangelt, sondern über eine Welt, in der 1,6 Milliarden Menschen ohne Anbindung an das Stromnetz leben. Bereits im vorigen Jahr gab der Künstler am Rande der „Digital – Life – Design Conference“ in München bekannt, dass er gemeinsam mit dem dänischen Erfinder Frederik Ottesen nach einer Lösung sucht, wie man den Menschen Licht bringen könne.

Jetzt wurde sie in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba auf dem Weltwirtschaftsforum vorgestellt: „Little Sun“, eine kleine, solarbetriebene Lampe. Sie sieht aus wie eine Sonnenblume und kann je nach Bedarf als Decken-, Tisch- oder Fahrradlampe genutzt werden. Nach vier Stunden Sonnenbad sollen die 6 x 6 cm kleinen Module fünf Stunden Licht spenden, insgesamt drei Jahre sollen sie haltbar sein.

Im Vergleich zu dem Solarflugzeug, das Eliasson und Ottesen entwickeln wollen, wirkt das „Kunstwerk, das im Leben funktioniert“, wie „Little Sun“ in einem Nebensatz beschrieben wird, zwar wie ein Babyschritt auf dem Weg zu einem dezentralisierten und nachhaltigen Energiesektor, dafür als Projekt aber umso konkreter. Statt der vor allem in Afrika verbreiteten Kerosinlampen könnten bald überall gelbe Blumen hängen – und damit den Gestank von Petroleum aus den Nasen treiben, die Gefahr von Brandunfällen minimieren und sogar bei public-art-Liebhabern für Freude sorgen.

"Licht ist für jeden da - es bestimmt, was wir tun und wie wir es tun", erklärt Eliasson. "Ein Teil des Kunstwerks sind die Lampe und die Aktivitäten, die sie möglich machen. Der andere ist die erfolgreiche Verteilung der Lampen an abgelegene Orte, die Reise von der Produktion bis zum Gebrauch."

Damit all das auch in die Wirklichkeit umgesetzt wird, müssen nämlich die heiklen Fragen noch geklärt werden. Ohne Vertrieb und angemessene Preise jedenfalls kann aus der Lampe schnell das werden, was sie nicht sein möchte: ein niedliches Kunstwerk, das im Leben nicht funktioniert.

Warten wir also auf die Olympischen Spiele; das Studio will in der Londoner Tate Modern Antworten präsentieren. Bei dem Projekt können Besucher mit Hilfe der Lampen Licht-Graffiti malen. Gleichzeitig liefern eine Ausstellung und das dazugehörige Sonderprogramm Informationen über Solarenergie, die Bedeutung des Lichts und die weltweiten Energieprobleme. Die Lampen können für 16,50 Pfund (rund 21 Euro) gekauft werden. Aus dem Erlös sollen Lampen in Länder der Dritten Welt und Regionen verschickt werden, in denen es keine oder nur sporadisch Elektrizität gibt.

Am 28 Juli, am 4., 11. und 18. August werden in den Galerien der Tate Modern die Lichter ausgeschaltet und der Besucher kann sich bis Mitternacht allein mit der "Little Sun" bewaffnet durch das dunkle Haus bewegen. Die Lampen können gekauft werden, der Erlös daraus geht an ein Projekt in der Dritten Welt. Eliasson hatte die Tate bereits 2003 mit einer gigantischen künstlichen Sonne erhellt. (Antje Stahl / dpa)

Tate Modern, London, 28. Juli und bis 23. September