C/O Berlin

Was darf's denn sein?

Das Fotohaus C/O Berlin will seinen Besuchern offenbar nicht schon am Anfang zu viel zumuten: Schön geordnet –  chronologisch und thematisch –  werden im Postfuhramt an der Oranienburger Straße die Fotografien von Robert Mapplethorpe präsentiert. Der erste Raum zeigt Polaroids, die für die fotografischen Anfänge des Künstlers stehen. Die Bilder von sich küssenden und ertappt in die Kamera blickenden Männern dokumentieren Mapplethorpes Motiv- und Ideenfindungsprozess; von 1970 bis 1975 nutzte er seine Sofortbildkamera als Skizzenblock.

Mapplethorpes erstes richtiges Modell für fotografische Porträts war Patti Smith, „er selbst sein zweites“, sagte die „Godmother of Punk“ einmal.  Bekleidet mit einem Hosenanzug, dessen Jacke sie sich lässig über die Schulter geworfen hat, lehnt die frühere Geliebte und spätere Lebensfreundin scheinbar gelangweilt an einer nackten Wand. Im Gegensatz zu Mapplethorpe, der die Kunst der Selbstinszenierung wie kein anderer beherrschte: Mal blickt er – oberkörperfrei mit Teufelshörnern – schelmisch von unten nach oben, mal – in feinem Zwirn und adrett frisiert – von oben nach unten.

Dann muss sich der Besucher zwischen den Motivfeldern Blumen und Sex entscheiden. Aber egal, welchen Weg man einschlägt, unweigerlich kommt man bei dem Rundgang doch sowohl durch den Raum mit Blumenstillleben als auch an unzähligen erigierten Penissen vorbei. Und formal wird der Gegenstand der Fotografien ohnehin stets auf ähnliche Weise behandelt: der Vordergrund fokussiert, der Hintergrund rückt in weite Ferne und das Licht fällt aus einer gebündelten Quelle vom Bildrand auf das Objekt. So verschwinden für das Auge optische Grenzen – und selbst die unschuldigste Blüte erhält ein obszönes Antlitz.

Einer Täuschung erliegt der Betrachter auch bei den späteren Aktserien. Die Körperstudien, in denen athletisch geformte Männer von dem Künstler inszeniert wurden, als wären es antike Statuen, sind ihren marmornen Vorbildern auf den ersten Blick sehr ähnlich.

Ein Zuviel an Leben in den Arbeiten von Mapplethorpe, der 1989 an den Folgen Aids starb, ist hingegen immer kontrovers aufgenommen worden. Bilder von homoerotischen und sado-masochistischen Szenen führten in den 70er- und 80er-Jahren dazu, dass Ausstellungen noch vor der Eröffnung geschlossen wurden. Was als obszön empfunden wird, sei stets eine Frage der gesellschaftlichen Konventionen, betont Kurator Felix Hoffmann. Am Ende der Ordnung seiner Schau stehen Porträts von Schauspielern und Künstlern wie Andy Warhol, David Hockney, Annie Leibovitz und Isabella Rosellini. Es wirkt, als sollte diese geballte Präsenz an Persönlichkeiten den Künstler dann doch einbetten in eine Matrix aus eben genau diesen gesellschaftlichen Konventionen.

C/O Berlin, bis 27. März