Personal-Shopper-Kolumne

Blumenkauf mit dem Galeristen Robert Grunenberg

Hans Bussert geht gerne einkaufen, sehr gerne sogar. Weil er aber gar nicht so viel braucht, wie er kaufen könnte, begleitet er für uns in einer neuen Kolumne jeden Monat Konsumwillige beim Shoppen. Mit Robert Grunenberg war er in der Berliner Blumenhandlung Marsano, um Blumensträuße für dessen Galerie auszusuchen

Um 10.09 Uhr erreicht mich eine Mail von Robert: "Bin hier, die Blumenauswahl ist aktuell ein wenig limitiert, wollen wir lieber zu Marsano?" Robert Grunenberg und ich sind zum Blumenkaufen bei Brutto Gusto verabredet. Ich hatte zehn Uhr vorgeschlagen, mir den Termin aber für eine Stunde später in meinen iCal eingetragen. Roberts Nachricht kommt mir also sehr entgegen. Nicht mal dreißig Minuten später betritt der Galerist den Blumenladen in der Charlottenstrasse. Hinter sich zieht er einen Rollkoffer, er hat ein paar Tage in Norddeutschland verbracht und erzählt vom herbstlichen Camouflage der Heidelandschaft dort. Das Angebot von Marsano, vor dem wir jetzt stehen, ist im Gegensatz dazu allerdings mehr Emil Nolde als Horst Janssen – rein formalästethisch betrachtet, wie Robert bemerkt.

Während Brutto Gusto eine Galerie ist, die neben tollen Keramiken auch Blumen verkauft, die man dann in die Vasen stecken kann, ist Marsano die wohl bekannteste Blumenhandlung Berlins. Das Geschäft bietet Schnittware zum Zusammenstellen vor Ort, aber auch einen Lieferservice für Hotels, Restaurants und andere Blumenfreunde – mit Gebinden die "Formal Linear" oder "Juicy Juicy" heissen (je 60 Euro). Robert kommt oft hierher, um Blumen für seine Galerieräume in der Marburger Strasse oder für Zuhause zu kaufen.

Hier oder bei den häufig von Vietnamesen betriebenen Blumenshops in den U-Bahnhöfen der BVG. "Das geht sehr gut – so lange man weiß, was man will." Der Unterschied: Statt Selbstbedienung und Plastikeimer gibt es bei Marsano die sehr freundliche Nicole Waldschmidt, die für uns die Blütenstängel aus den mit Spots ausgeleuchteten und nach Farben arrangierten Töpfen zieht.

Es war vereinbart, dass wir je einen Strauß zusammenstellen. Den Anfang macht Robert. Schnell wird klar: Er bevorzugt den Stil des Hauses – kräftige Farben und eine irgendwie amerikanisch anmutende Präsentation. Er nimmt weiße Dahlien und Rittersporn. Dazu lilafarbene Hortensien und rote Celosien. Erst hatte er rote Ranukeln anvisiert, aber Frau Waldschmidt – wir werden gesietzt, man sietzt also zurück – rät ihm zu den Celosien, die seien länger frisch. Dazu noch ein wenig Eukalyptus. Eine gute Wahl: Roberts Strauß wirkt, als könnte er noch bis mindestens Mitte Dezember durchalten, dann eröffnet seine nächste Ausstellung. Die leuchtenden Farben hat er auch deshalb ausgewählt: Das Bouquet soll zu den aktuell in seiner Galerie gezeigten Bildern des aus Kamerun stammenden Malers Barthélémy Toguo passen.

Robert Grunenbergs Galerie gibt es überhaupt erst seit Anfang dieses Jahres. Für seine Eröffnungsausstellung im April versammelte er unter dem Titel "Paradise is Now. Palm Trees in Art" Arbeiten von John Baldessari, David Hockney, Vivian Suter, Alicja Kwade, Ed Ruscha, Yutaka Sone und Rirkrit Tiravanija. Stammt seine Befähigung zum gelungen Blumenkauf vielleicht auch daher? Es geht: "Palmen sind ja keine Blumen. Die unterscheiden sich aus botanischer Sicht. Aber beide sind natürlich kulturgeschichtlich wahnsinnig interessant. Palmen sind Nutzpflanze, Flaggen- und Wappensymbol, Namensgeber für Städte und Inseln. Das fasziniert mich – vielleicht mache ich sogar eine zweite Ausstellung zu dem Thema." Ist Robert etwa mehr Palmen- als Blumenfan? Hätten wir vielleicht lieber zu Die Palme ins Stilwerk gehen sollen? "Oder ins Gartenbaucenter. Aber ich kann mir ja auch nicht alles mit Palmen vollstellen."

Das stimmt natürlich. Und deshalb soll auch ich noch einen Strauß für Roberts Galerie aussuchen. Im Gegensatz zu ihm bin ich aber viel vorsichtiger, was die Farbkombinationen angeht, und bleibe hauptsächlich im weiss-grün-zartrosanen Bereich: Schneeball, Prärie-Enzian, eine Hortensie, verzweigte Rosen, Scabiose und Zierkohl lasse ich zu einem ein bisschen pudrigen Bouquet zusammenstecken. Robert wird es später "schön poetisch" nennen. Dafür kostet es ein bisschen weniger als das Galeristengebinde: 27 statt 32 Euro.

Wir zahlen und setzen uns in das Café nebenan. Es müssen schließlich noch ein paar wichtige Fragen geklärt werden, über Blumen und was er so ganz allgemein mit ihnen verbindet: "Blumen haben – wie Kunst ja auch – einen hauptsächlich symbolischen Wert. Der Mehrwert entsteht durch die damit verbundenen Rituale. Das Preisniveau ist natürlich ein anderes." Schon im Vorfeld hatte er mir ein paar seiner Top-Blumenmomente genannt. Darunter auch der Hochzeitsstrauss von Lady Di – neben dem Kranz Willi Brandts beim Kniefall und den Rosenblättern aus der Traumszene von "American Beauty". Ob die weissen Blüten wohl symbolisieren sollten, dass die Princess of Wales zu dem Zeitpunkt noch Jungfrau war? Robert lacht. Aber kennt er sich aus mit der Sprache der Blumen? Nicht wirklich. Als erfolgreicher, noch junger Galerist hat er schließlich Wichtigeres zu tun. Er hat eine Lieblingsblume – hellblaue Pfingstrosen – weiss aber auch sehr genau, welche er gar nicht mag: Orchideen. "Eigentlich eine schöne Pflanze, die aber durch ihre massenhafte Vermarktung mit kitschiger Sentimentalität belegt ist."

Wir laden die Blumen samt Rollkoffer in sein Car2Go. Später schickt Robert mir noch ein Foto von den in der Galerie aufgebauten Sträußen. Seiner kommt definitiv besser weg – formalästhetisch betrachtet.

Aktuell zeigt die Galerie Robert Grunenberg Arbeiten von Barthélémy Toguo (bis 30.11.). Vom 15.12. bis 9.2. läuft "Metamodernity" eine Gruppenausstellung u.a. mit Julien Nguyen, Kris Lemsalu, Simon Speiser, Raphaela Vogel, Anders Dickson, Peppi Bottrop.