Beitrag für den "Guardian"

Charles Saatchi schimpft auf die Kunstwelt

In einem Beitrag für den „Guardian“ (Samstagsausgabe) schreibt der 68-Jährige, der Erwerb von Kunstwerken sei zu einem Sport für Fondsmanager, Oligarchen und Ölmagnaten („Oiligarchen“), reiche und affektierte Europäer („Eurotrashy“), wohlhabende East-Coast-Amerikaner („Hamptonities“) und „Kunsthändler mit einem Selbstbewusstsein auf Masturbationsniveau“ geworden. Er beklagt die Partys, das Jetsetleben und das Schielen auf große Namen und Hipness.

„Künstlerische Beglaubigung ist unabdingbar im wichtigen Geschäft, als kultiviert, elegant und, natürlich, als unglaublich reich angesehen zu werden. Genießen diese Leute überhaupt die Kunstbetrachtung?“, fragt Saatchi mit Blick auf diesen angeblich neuen Sammlertypus. Er vermutet, dass die meisten nur Kunst kaufen, um „ihre Freunde zu beeindrucken“. Auf Eröffnungen schaue man gar nicht auf die Arbeiten.

Saatchi äußert den Verdacht, dass die meisten Leute in der Kunstwelt ein gutes Kunstwerk kaum von einem schwachen unterscheiden könnten, solange es noch keine Aufwertung durch andere genossen hat. Der Brite wirft nicht nur anderen Sammler Engstirnigkeit vor, sondern auch Kritikern, Galeristen und Kuratoren. Den letzteren bescheinigt er das Fehlen eines „guten Auges“, weshalb sie lieber Video- als Malereiaustellungen kuratierten, und „diese unbegreiflichen post-konzeptionellen Installationen und Foto-Text-Panels“.

Zudem stellt Charles Saatchi klar, dass er keinen Profit macht mit dem Sammeln von Kunst, da er das durch Verkäufe eingenommene Geld sofort wieder für Kunst ausgibt. Saatchi, einst Chef der renommierten Werbeagentur „Saatchi & Saatchi“, etablierte das umstrittene Geschäftsmodell, die Künstler durch Ausstellungen und Medien zu fördern und die Werke dann ein paar Jahre später mit Gewinn weiterzuverkaufen. Durch Ausstellungen in seiner eigenen Galerie und in der Royal Academy förderte er entscheidend Damien Hirst und die Young British Artists in den 90er-Jahren. Zurzeit zeigt die Saatchi-Gallery in London eine Ausstellung mit deutscher Kunst (hier unsere Besprechung)

Das Lamento des Charles Saatchi folgt einem Artikel mit ganz ähnlicher Stoßrichtung, den der angesehene New Yorker Sammler Adam Lindemann einige Tage zuvor anlässlich der Art Basel/Miami Beach veröffentlichte. (monopol)