Kunsthalle Wien

Adieu, Schattendasein!

Ein Auftakt, über dem man fast das Thema vergessen könnte. Die übergroßen Konterfeis von Evelyne Axell, Sister Corita, Christa Dichgans, Rosalyn Drexler, Jann Haworth, Dorothy Iannone, Kiki Kogelnik, Marisol und Niki de Saint Phalle an der Betonwand im Eingang machen stutzig. Neuinterpretation in allen Ehren, aber geht es nicht auch ohne Personenkult? Und was bitte hat die Frauenformation Salt-N-Pepa mit der weiblichen Variante der Pop-Art zu tun, fragt sich verwirrt, wer die Treppe zur oberen Ausstellungsetage der Wiener Kunsthalle im Stakkato des in einer Endlosschleife dröhnenden Hip-Hop-Hits „Push It“ steigt.

Wäre da nicht eher Nicos düsterer Sirenengesang angebracht? Die selbstbewusst einfordernde Anmache, so suggeriert die Schau „Power Up – Female Pop Art“, stehe in der Tradition einer Sexualpolitik, die den wilden Sixties entsprang.

Die Körperbefreiung der Pop-Art-Girls
Die Beweisführung überzeugt dann auf Anhieb im Ambiente einer von bunten Sitzwürfeln überquellenden Piazza. Dass die Körperbefreiung bei den Pop-Art-Girls, Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE MicrosoftInternetExplorer4 /* Style Definitions */ table.MsoNormalTable {mso-style-name:"Normale Tabelle"; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-priority:99; mso-style-qformat:yes; mso-style-parent:""; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin:0cm; mso-para-margin-bottom:.0001pt; mso-pagination:widow-orphan; font-size:10.0pt; font-family:"Calibri","sans-serif";} die Mehrheit von ihnen lebte an der Seite eines mehr oder weniger prominenten Künstlers oder Kunstkritikers Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE MicrosoftInternetExplorer4 /* Style Definitions */ table.MsoNormalTable {mso-style-name:"Normale Tabelle"; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-priority:99; mso-style-qformat:yes; mso-style-parent:""; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin:0cm; mso-para-margin-bottom:.0001pt; mso-pagination:widow-orphan; font-size:10.0pt; font-family:"Calibri","sans-serif";} , im Vergleich zu den kanonisch rezipierten Warhols, Wesselmanns und Liechtensteins omnipräsent war, ist nur eine der Überraschungen der Augen öffnenden Schau. Wo bei den Kollegen und Lebenspartnern Pin-Up-Ästhetik und Fetischcharakter regierten, entlädt sich bei den Frauen störende Nacktheit, die weder vor männlichen Genitalien noch vor expliziten Sexpraktiken Halt macht. Das fängt schon mit dem zweideutigen Ausstellungsplakat einer Eis schleckenden, rothaarigen Kindsfrau von Evelyn Axell an, eine farbenprächtige Feier lustvoller Selbstinszenierung, die zur Ikone taugt. 

Natürlich gibt es ein Wiedersehen mit Niki de Saint Phalle, allerdings abseits der Nana-Figuren. Ihre bis heute wirkungsvollen Schießbilder finden sich neben einem bronzenen Triptychon, das eine Armada aus gefallenen Engeln und Pistolen aufmarschieren lässt. Auch die exotische Schönheit Marisol, mit bürgerlichen Namen Maria Sol Escobar, ist mit von der Partie. Mit dem Pop-Art-Künstler Robert Indiana posierte sie 1963 für Warhols Film „Kiss“. Die gebürtige Venezolanerin nahm sich aber auch das Recht, mit eigenwilligen Holzskulpturen aufzutrumpfen, wie etwa der Arbeit „The Wedding“, in der sie ihr männliches Pendant heiratet. 1968 schaffte sie es bis zur Documenta und an die Biennale von Venedig. In Vergessenheit geraten ist sie trotzdem.

Gesunder Hang zum Humor
Die drastischen Zeichnungen der 1961 nach Kalifornien, dann nach New York ausgewanderten Österreicherin Kiki Kogelnik fahren schwerere Geschütze auf: Da wird der Frau in der "Tongue Operation" die Zunge abgeschnitten, ihr Körper plattgewalzt oder zu einem Torso für den perfekten Ritt umgebaut. Bezeichnend auch der Skandal um Dorothy Iannone. Für eine von Harald Szeemann organisierte Gruppenschau in der Kunsthalle Bern 1969 ließ man ihre Bilder zensieren, indem man die Genitalien mit Klebeband schwärzte. Iannone zog darauf ihre Teilnahme zurück und verarbeitete den Eingriff in ihrem Comic "The Story of Bern".

Einen trotz aller Widerstände gesunden Hang zum Humor beweisen die vielen Liftfasssäulen. Sie liefern Informationen zu den allzu lang ignorierten Künstlerinnen und zeigen sie auch in mitunter kuriosen Filmaufnahmen in Aktion. Das gilt auch für die bühnenhaften, ganze Werkblöcke umspannenden „Schaufenster“, die für eine ungewohnte Architektur sorgen. Hier begegnet man Plexiglas neben Holz, genähten Stoffpuppen neben Leinwand.

Nicht zu vergessen Sister Corita, deren Werk „Power up“ den Titel für die Schau lieferte. Ihr grelles Pop-Vokubular verband die kalifornische Nonne mit sozialem und politischen Engagement zu typographischen Experimenten, die formal bis heute nachwirken.

„Power Up – Female Pop Art“ in der Kunsthalle Wien, bis 20. Februar 2011