Jahresrückblick

6 spektakuläre Museumsneubauten 2018

Neubauten, Umbauten, Erweiterungen: Wir blicken zurück auf sechs besonders spektakuläre Museumseröffnungen des Jahres

Auktionshaus mit Blick auf den Kaiserpalast: Guardian-Hauptquartier in Peking
Gut, kein Museum aber ein Kunstzentrum: Das moderne "maßgeschneiderte Hauptquartier" des ältesten chinesischen Auktionshauses Guardian wurde im Januar im historischen Kern Pekings eröffnet. Es ist das zweite Projekt des deutschen Architekten Ole Scheeren in der chinesischen Hauptstadt. Der Komplex besitzt zwei große Auktionshallen, Galerien, Werkstätten, Büros, Veranstaltungsräume, ein luxuriöses 120-Betten-Hotel mit einem großartigen Blick auf den nahe gelegenen Kaiserpalast sowie Restaurants und einen Club. "Ich wollte einen Kunst- und Kulturraum als funktionale und auch inhaltliche Einheit neu positionieren", sagte der 47-Jährige Architekt. "So habe ich einen neuen Hybrid geschaffen, in dem Kunst, Kunstmarkt, Aktivitäten, Events, Lifestyle und Kultur in einem großen Gefüge zusammenkommen und sich nicht, wie bisher üblich, voneinander abgrenzen, sondern in einem sehr dynamischen System integrieren."

 

Barfuß im Museum: Fondation Carmignac vor der Côte d’Azur
Der Besuch der neu eröffneten Fondation Carmignac auf der Insel Porquerolles vor der südfranzösischen Côte d’Azur erinnert an den eines Tempels: Bevor man das Museum betritt, wird ein Tee zur Entspannung gereicht, im Museum selbst geht es barfuß weiter. Die Fondation liegt wenige hundert Meter neben dem Hafen, wo mehrmals täglich Boote aus dem rund 20 Minuten entfernten Hyères anlegen. Besucher werden gebeten, die Schuhe auszuziehen. Der unmittelbare Kontakt zu dem Natursteinboden erzeuge positive Energie, sagt der 40-Jährige Direktor Charles Carmignac. In dem Museum präsentiert der französische Investmentbanker Edouard Carmignac, der Vater von Charles Carmignac, seine Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst der Öffentlichkeit. Seit wenigen Jahren gilt sein Interesse aber auch alten Meistern, wie zwei Gemälde von Sandro Botticelli im Museum zeigen. In dem 15 Hektar großen Skulpturenpark, der das Museum umgibt, stehen Plastiken monumentale Köpfe von Ugo Rondinone und Jaume Plensas übergroße Gesichter. 

 

Museum unter einem Glaspavillon: Lasipalatsi in Helsinki
Kein Neubau, aber ein Anbau: Auf eine private Initiative hin wurde der Glaspavillon Lasipalatsi mitten in Helsinki unterirdisch erweitert. Der Pavillon wurde ursprünglich für die olympischen Sommerspiele 1940 gebaut. Die Olympiade wurde abgesagt, der Glaspalast blieb stehen. Darunter wurde nun ein Raum für die Sammlung des Kunstmäzens Amos Anderson in den felsigen Untergrund gegraben, geplant vom Architekturbüro JKMM. Neben Malerei aus der Sammlung des Unternehmers soll es hier demnächst Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst geben. Ein Sprecher des Museums erklärt: "Unsere Konkurrenz sind nicht die anderen Museen in der Stadt. Unser Konkurrent ist die Couch. Wir wollen die Leute ins Museum locken."

 

 

Tor zum Meer: V&A Dundee in Schottland
Wie ein riesiger Schiffsrumpf scheint das V&A Dundee aus dem Wasser zu ragen. Grau in grau, wie die Felsklippen der nahen Nordseeküste, fügen sich Tausende von Steinplatten in Wellenform zu einem Ganzen zusammen: Fensterschlitze und Bullaugen bündeln Sonne, Licht und Blicke aufs Wasser. Das V&A Dundee, die erste Außenstelle des weltberühmten Londoner Victoria & Albert-Museum, wurde am 15. September eröffnet. Es wurde für 81,1 Millionen Pfund (91,1 Millionen Euro) nach den Plänen des japanischen Architekten Kengo Kuma erbaut. Kuma ließ sich nach eigenen Angaben von der Geschichte Dundees - und den Klippen - inspirieren. Der 64-jährige gilt als Meister der Verbindung von Natur und Architektur. Sein erstes Projekt in Großbritannien soll "wie ein Wohnzimmer" die Menschen mit ihrer Stadt und ihrer Geschichte verbinden. Die japanische Assoziation liegt nicht weit: Das V&A Dundee sei das "Tor zum Meer", sagt er. "Es hat dieselbe Funktion wie eine japanischer Schrein."

 

Wildnis als Stärkungsmittel: Glenstone Museum bei Washington
Emily Wei Rales und Mitchell P. Rales, amerikanische Kunstsammler, haben im September das von Thomas Phifer entworfene Glenstone Museum wiedereröffnet, 25 Kilometer entfernt von Washington D.C. Das Areal ist eine 100 Hektar große Gartenlandschaft mit Außenskulpturen von Jeff Koons, Richard Serra oder Tony Smith. Auf einem Hügel hinter der Einfahrt sitzt eine Dinosaurier-Skulptur von Koons, bald steht man vor einem Serra. Kunst - und deren Betrachter - müssen atmen, meinen die Betreiber. Der Besuch in Glenstone ist kostenlos, muss vorab aber online angemeldet werden. Ziel sei ein "ruhiges, nicht überfülltes" Erlebnis von Kunst, der Architektur des Museums und der umliegenden Landschaft. Ganz, wie Henry David Thoreau einst schrieb: "Wir brauchen die Wildnis als Stärkungsmittel."

 

Historische Elemente und Ästhetik der Gegenwart: James-Simon-Galerie
Eröffnet ist das Gebäude noch nicht, aber der Schlüssel wurde schon feierlich übergeben: Die James-Simon-Galerie soll Serviceaufgaben für die fünf Häuser der Museumsinsel bündeln. Es gibt einen zentralen Ticketbereich, ein Café, Garderoben und einen Museumsshop. Auch ein Auditorium für 300 Menschen und ein fast 700 Quadratmeter großer Raum für Sonderausstellungen ist vorgesehen. "Was David Chipperfield hier geschaffen hat, ist eine großartige Empfangsgeste für alle Besucher der Kulturerbestätte. Das Haus ist offen, einladend und transparent und verbindet einmal mehr historische Elemente der großen Museumsbauten mit der Ästhetik der Gegenwart", sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Die Galerie, benannt nach dem großen jüdischen Museums-Mäzen James Simon (1851-1932), hatte eigentlich schon 2013 fertigwerden sollen. Doch Pfusch am Bau und Schwierigkeiten mit dem Baugrund sorgten immer wieder für Verzögerungen. So mussten Taucher 1200 Pfähle in den schlammigen Boden treiben, um das Fundament zu sichern. Bei Berlinern wird das Haus als "teuerste Garderobe der Welt" verspottet.