Galeristin Marion Dana im Interview

Gemeinsam frei sein

Marion Dana, Sie haben eine unverwechselbare Stimme. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Sie jeder kennt.
Ich habe mehr als zwölf Jahre im Kunstbereich gearbeitet, zunächst in der Presseabteilung des Centre Pompidou und Musée d’Art Moderne de la ville Paris. Im Anschluss war ich in einer Galerie für Designmöbel tätig, in der Galerie Kreo, wurde Assistentin des französischen Sammlers Marcel Brient und schließlich Expertin bei Sotheby. Obwohl ich eigentlich schon immer eine eigene Galerie haben wollte.

Was hat Sie davon abgehalten?
In erster Linie das Geld. Selbst als ich meine Galerie 2008 eröffnete, hatte ich keine eigenen finanziellen Mittel. Es ist vor allem Catherine Thieck zu verdanken, dass ich heute Galeristin bin.

Catherine Thieck führte die Galerie de France und hat Sie eingeladen ihren Ausstellungsraum zu nutzen.
Ja, sie wollte sich aus dem Geschäft zurückziehen und bot mir an, mein eigenes Programm in ihren Räumen zu entwickeln. Sie war eine große Hilfe, so wie viele andere auch. Wissen Sie, ich habe sehr viele Verbindungen zu der älteren Generation und musste mich daher kaum mit den Dingen herumschlagen, die die meisten „Junggaleristen“ sorgt. Gleich zu Beginn konnte ich beispielsweise an Messen teilnehmen oder mit wichtigen Künstlern kollaborieren.

Kollaboration scheint ihr geheimes Geschäftsmodell zu sein. Auf der Fiac stellen sie zusammen mit IMO aus, einer von Künstlern gegründete Galerie aus Kopenhagen ...
Und wir zeigen gemeinsam das Künstlerkollektiv A Kassen, die selbst zu den Gründern von IMO gehören. Diese Form der Kollaboration ist mir sehr wichtig. Ich möchte anders arbeiten als andere Galerien und mich gegen die herrschenden Standards wehren. Auch ich orientiere mich zwar an der traditionellen Galeriearbeit – Künstler repräsentieren, Kunstwerke verkaufen und ausstellen – aber ich setze die Dinge anders um.

Können Sie das konkretisieren?
Ich wurde von einer Galeristin eingeladen, nun lade ich selbst ein. Und zwar nicht die ältere Generation, sondern Künstler, Galeristen und Kuratoren aus meinem eigenen Umfeld. Ich verstehe eine Galerie als ein Zuhause, wo wir machen können, was wir wollen. Natürlich wäre es dämlich von einer Familie zu sprechen, aber es gibt eine Art Teamgeist: Ich treffe keine Entscheidung allein, sondern arbeite zusammen mit Corentin Hamel, der aus dem kuratorischen Bereich kommt. Ich frage Künstler wie Dan Rees oder Lizzie Fitch und Ryan Trecartin, Kuratoren wie Claire Staebler oder Chris Sharp. Gerade hat die Direktorin der Kunstinsitution Art and Raw Material Company, Dakar, ein Projekt bei uns realisiert. Es gab eine Ausstellung, Residencies, Vorträge, einen Gemeinschaftsraum.

Ihre Galerie wirkt wie ein Spielplatz, der von fürsorglichen älteren Galeristen finanziert wird. Müssen Sie kein Geld verdienen? Sich gegen Konkurrenz durchsetzen?
Ich versuche, eine Galerie neu zu definieren. „Fürsorgliche Galeristen“ sind nicht nur eine große Unterstützung, sondern auch Vorbild. Wir brauchen das Geld, um unabhängig arbeiten zu können, deshalb verkaufen wir Kunst. Es geht mir nicht nur um Wachstum, Expansion. Das Geld fließt zurück in die Finanzierung von Projekten. Ich habe auch noch nie Konkurrenz erfahren. Was zählt, sind gute Künstler und gute Arbeiten. Wenn ich an Messen teilnehme, werden die Kosten geteilt, so dass es keinen Wettbewerb gibt.
 
Galerien konkurrieren ständig um Künstler oder um Sammler.
Wissen Sie, die meisten Galerien versuchen die Tatsache zu verstecken, dass ihre eigenen Künstler auch von anderen Galerien repräsentiert werden. Ich hingegen lade sie einfach ein, mit mir einen Messestand zu teilen. Die Mechanismen des Kunstsystems werden bei mir offengelegt und ich bin davon überzeugt, dass ich davon nur profitieren kann. Ich kenne den Kunstmarkt sehr gut und denke, dass die Galeriearbeit beschränkt wird, wenn man sich an klassische Arbeitsweisen hält und nicht - wie ich - gemeinschaftsorientiert arbeitet. Vielleicht wird in einem Jahr auch alles den Bach runter gehen. Wer weiss das schon? Wir stehen ja noch am Anfang.

Sie haben gerade einen neuen Raum in New York eröffnet.
In New York konzentrieren wir uns vor allem auf Projekte, das heisst wir werden unsere Künstlerliste nicht erweitern, sondern europäische Galerien, Kuratoren und Künstler einladen, mit uns zusammen zu arbeiten.

Also eine Art Annex der New Galerie?
Die Galerie heisst "New York Gallery" - es ist lustig, wie man zu diesen Namen kommt. Als ich noch Ausstellungen in der Galerie de France organisierte, erhielt ich eines Tages eine Postkarte von Martial Raysse, die er an “New Galerie de France” adressierte. Ich habe den Namen einfach übernommen, beziehungsweise mich von dem Zusatz "de France" getrennt. Jetzt in New York nehme ich den Städtenamen wieder mit auf und versuche, einen weiteren Raum zu öffnen, in dem Netzwerke gebildet werden können, der Kollaborationen und Austausch ermöglicht.

Zurzeit stellt die New Galerie auf der Kunstmesse Fiac mit dem Kopenhagener Künstlerkollektiv IMO aus. Bis zum 15. Dezember sind in den Galerieräumen Arbeiten von Aurélien Porte zu sehen