Medienschau

Das Tier im Tier lassen diese Hunde nicht raushängen

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Ein Symposium zu Darstellbarkeit des Holocaust, weiter Protest gegen Bührle-Sammlung und eine Ausstellung mit Hunde-Porträts in London: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch

Debatte

Eine der größten Kunst-Attraktionen in Berlin ist gerade die Gerhard-Richter-Ausstellung "100 Werke für Berlin" in der Neuen Nationalgalerie. Zentrum der Schau ist der Zyklus "Birkenau" aus dem Jahr 2014. In den vier abstrakten Bildern setzt Richter sich mit der Darstellbarkeit des Holocaust auseinander. Das Werk basiert auf Fotos, die im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau heimlich aufgenommen wurden. Richter übermalte die auf Leinwand übertragenen Fotos mit mehreren Schichten Farbe, schabte die Farbe wieder ab, vermischte sie neu. Auf den fertiggestellten Bildern kann man die originalen Fotos nicht mehr erkennen. In unmittelbarer Nähe der Nationalgalerie lief bis zum Wochenende die Ausstellung "Am Abgrund der Bilder" des Berliner Künsters Michael Müller. Auch dort ging es um "Birkenau". Müller nahm Richters Bilder auf und kopiert sie teilweise sogar (hier erklärt er im Monopol-Interview, warum). Zum Abschluss dieser Präsentation fand gerade ein Symposium statt, über das Larissa Kunert im "Neuen Deutschland" ausführlich berichtet. "Bald wird es überhaupt keine Augenzeugen mehr geben – was heißt das für den (künstlerischen) Umgang mit fotografischen Dokumenten? Zugleich mehren sich derzeit Stimmen in der Wissenschaft – allen voran der australische Historiker Dirk A. Moses –, die die historische Singularität der Shoah infrage stellen, sie mit anderen Genoziden und Kolonialverbrechen vergleichen. Sicher würde es auch in dieser Debatte, analog zur Frage der Darstellbarkeit, helfen, beim Konkreten zu bleiben – und damit bei der Differenz."

Das Kunsthaus Zürich will ab November zu der umstrittenen Sammlung des Schweizer Waffenfabrikanten und Kunstsammlers Emil Bührle eine neue Ausstellung zeigen. Sie soll die Sammlung in einen größeren gesellschaftspolitischen Zusammenhang stellen. In der "Zeit" berichtet Schweiz-Korrespondent Timo Posselt, wie am Wochenende Aktivistinnen und Aktivisten mit einer "Guerilla-Finissage" am letzten Tag der bisherigen Präsentation der Sammlung ihren Unmut zum Ausdruck brachten - und das auch eine neue Kontextualisierung nichts an dem Grunproblem ändern wird: "Der kuratorische Wechsel ist einer der ersten Schritte im Wandel, den die neue Kunsthaus-Direktorin Ann Demeester angekündigt hat. Doch am Sonntag erlebt man statt einer stillen Schließung eine Lehrstunde darüber, wie in der Schweiz mit historisch belastetem Erbe umgegangen wird. Und wie manche sich das nicht mehr gefallen lassen wollen."

Porträt

Kerstin Holm porträtiert in der "FAZ" den russischen Maler Erik Bulatov zum 90. Geburtstag: "Er und sein Künstlerfreund Ilya Kabakov waren das überragende Doppelgestirn der inoffiziellen sowjetrussischen Kunst, welche die totalitäre Kultur dekonstruierend aufarbeitete."

Kunstmarkt

Timo Feldhaus schreibt in der "Zeit" über die Versteigerung des Nachlasses von Queen-Sänger Freddie Mercury. "Die Faszination für den Nachlass des Künstlers hängt sicherlich auch damit zusammen, dass er solche Einblicke ermöglicht und einen zumindest glauben lässt, durch die Dinge eines Lebens etwas über den Menschen zu erfahren, der es geführt hat."

Ausstellung

Die Kunstgeschichte ist voll mit Darstellungen von Hunden, die Londoner Wallace Collection widmet ihnen nun einen Auftritt, den Marion Löhndorf in der "NZZ" "fulminant" nennt: "Viele der hier vertretenen Künstler interessieren sich für die den Tieren zugeschriebenen Qualitäten wie Verlässlichkeit, Treue und Mut. Sie suchen nicht das Fremde, Tierhafte in ihnen, sondern das Vertraute, Menschliche und nicht selten vielleicht sich selbst. Stilistisch zeigen sie sich am meisten von ihrer Anmut beeindruckt." Denn "die Hunde dieser Schau sind gestylt und parkettsicher. Das Tier im Tier lassen sie nicht raushängen."