Labor WhiteWall in Köln

"Für Fotokünstler ändert sich gerade viel"

Das Kölner Fotolabor WhiteWall versorgt seit 15 Jahren Fotografen, Museen und Galerien mit großformatigen Wandbildern. Hier spricht Geschäftsführer Alexander Nieswandt über seine Anfänge bei August Sander und die Balance zwischen Handwerk und Hightech
 

Herr Nieswandt, Sie sind gelernter Fotograf. Wie sind Sie zum Foto-Finishing-Markt gekommen?

Nach der Ausbildung habe ich bei der Fima Sander in Köln im ehemaligen Labor des legendären Fotografen August Sander ein Praktikum gemacht. Drei Jahre später war ich dort Geschäftsführer. Ich habe gemerkt, dass ich im Laborbereich wesentlich kreativer sein konnte als im Bereich der Fotografie.

Die Wahl auf Sander fiel nicht zufällig?

Nein. Schon während der Lehre hat mich mein Meister für Ausstellungen jeglicher Art der Fotografie begeistert. Die Liebe zur Fotografie habe ich ihm zu verdanken. Bei Sander wurde der Unternehmer in mir geweckt, und ich bin auf die Lumas Galerie aufmerksam geworden. Das Konzept hat mir direkt zugesagt.

Kunstfotografie und Editionen für einen breiten Markt…

Damals, 2007 begannen die Leute, digital zu fotografieren und wünschten sich hochqualitative Drucke hinter Plexiglas von ihren eigenen Bildern. Da habe ich gemerkt, dass der Bedarf groß ist. So ist die Idee zu WhiteWall entstanden. Die beiden Gründer von Lumas wurden dann Gesellschafter.

Was ist das technische Prinzip?

Wir haben von Anfang an auf klassischem Fotopapier belichtet. Das ist heute noch unsere DNA. Mit einem gebrauchten Belichter, zwei gebrauchten Entwicklungsmaschinen und drei Mitarbeitern haben wir 2007 angefangen. 2008 kam die Wirtschaftskrise. Dann ging es richtig los, weil die Kunden sich ihr Zuhause schön gemacht haben.

Hat sich das jetzt in der Pandemie wiederholt?

Das hat es. Die Auftragslage ist in dieser Zeit stark gestiegen.

Wobei sie mittlerweile deutlich größer sind.

2019 hat WhiteWall mit der Cewe Gruppe eine neue Mutter bekommen. Jetzt haben wir 180 Mitarbeiter. Die Produkte entwickeln wir selbst, haben das Marketing in der Hand und verkaufen neben unserem Onlineshop über unsere vier Stores in Deutschland. Wir sind auch in Lumas- und Leica-Stores vertreten und gehen mit Leica gemeinsam auf Messen. Zudem produzieren wir internationale Ausstellungen und Fotowettbewerbe wie zuletzt den Leica Oskar Barnack Award.

Whitewall bietet hochklassige Abzüge für jedermann, aber es geht auch um Museen, oder?

Das ist uns sehr wichtig. So haben wir Ausstellungen der berühmten Fotojournalisten Steve McCurry und Thomas Hoepker für das Ernst Leitz Museum in Wetzlar produziert.  Auch mit den Deichtorhallen in Hamburg arbeiten wir seit einigen Jahren eng zusammen. Aktuell haben wir die Prints für "The New Abnormal" geliefert, eine Kooperation mit dem Odesa Photo Days Festival. Da haben wir innerhalb von sieben Tagen Werke von elf ukrainischen Künstlern produziert. Es waren schlimme Bilder dabei. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Wie viel Prozent des Geschäfts machen diese Kooperationen mit Ausstellungshäusern aus?

Es sind rund zehn Prozent. Viele denken, dass wir ein Online-Labor sind. Das stimmt nicht. Wir sind ein Labor zum Anfassen. Wir beraten unsere Kunden auch face to face in unserem Professional Service. So können sie den Produktionsprozess begleiten. Für Fotokünstler ändert sich gerade viel. Für meinen Belichter, den ich 2009 gekauft habe, gibt es keine Ersatzteile mehr. Das Papier für Großformate gibt es nur bei Kodak. Wenn das aufhören sollte, gibt es ein Riesenproblem. Dann gibt es keine Möglichkeit mehr, große Bilder in feinster Qualität in 1,80 Meter zu produzieren.

Und dann?

Wir haben ein Nachfolgeprodukt. Die Plexiglas-Platten bekommen wir aus Israel aus einem Kibbuz. Inzwischen haben wir auch ein Riesenformat entwickelt, das wir WhiteWall Masterprint nennen, mit eigens gebautem Drucker und für uns hergestelltem Papier. Vier Jahre Forschung, Entwicklung und Tests hat es gebraucht, bis wir in der perfekten Kombination von Hightech und Handwerk eine weltweit einzigartige Drucktechnologie geschaffen haben. Wir können jetzt als einziges Labor in der Welt monumentale Drucke in 2,40 Meter mal fünf Meter am Stück produzieren. Hier heben wir uns von allen Foto-Finishing Anbietern ab. Wenn ich Kunstfotografie in dieser Größe in einem Museum sehe, ist das für mich eine Riesenfreude.

Aber der Kunstmarkt auf der Website spielt nicht mehr die Rolle wie am Anfang?

Unser Motto war ja: "Jeder Mensch ist ein Künstler", wie bei Beuys. Die Kunden, die bei uns ihre Bilder hochgeladen haben, hatten erwartet, dass wir die Bilder für sie vertreiben. Das konnten wir aber nicht leisten, wir sind ja kein Kunsthändler. Wir produzieren und versenden. Wenn unsere Kunden ihre Bilder verkaufen möchten, müssen sie das über ihre eigenen Websites tun. Genau dafür haben wir dann einen Online-Konfigurator zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe von KI werden wir jetzt auch kuratierte Wände anbieten. Sie übernimmt die Hängung für die Motive des Kunden.

Das Düsseldorfer Fotolabor Grieger, das für Andreas Gursky oder Thomas Ruff arbeitet, ist zusammen mit Sander von der britischen Heni-Group übernommen worden. Sie beliefert Damien Hirst. Hatten Sie kein Interesse?

Doch, wir waren im Gespräch. Aber schlussendlich hat es nicht gepasst. Wir sind aber freundschaftlich verbunden. Wenn sie Papier brauchen, helfen wir ihnen aus.

Sammeln Sie eigentlich Fotografien?

Nein. Ich hänge auch keine Bilder zu Hause auf. Da brauche ich eine fotografiefreie Zone. Ich mähe den Rasen. Dann bin ich glücklich.