Der Mittwoch, sonst eher selten der Auftakt von irgendetwas, ist der noch ausgeruhte und aufnahmefähige Eröffnungstag der Berlin Art Week. Mit den Ausstellungen des Tages kann man sich von morgens bis abends beschäftigen (und einen potenziellen Klon gleich auch noch), am besten angefangen ab 10 Uhr mit drei großen Namen der Malerei im Me Collectors Room in Mitte. Bei "Kirchner Richter Burgert" trifft eine Herrenrunde aus drei Künstlergenerationen aufeinander, die sich alle mit der menschlichen Figur und ihrer Verfremdung beschäftigen.
In Auflösung befinden sich danach gänzlich alle Formen im mobilen Planetarium auf dem Mariannenplatz. In diesem künstlichen Himmel kann man sich bis abends verlieren – wenn man nicht noch einen Abstecher in die Videosammlung Fluentum des IT-Unternehmers Markus Hannebauer in Dahlem schafft. Schon das Haus, ehemalige NS-Kommandozentrale und danach US-Stützpunkt, ist eine Reise wert, in der Ausstellung haben die Galeristen Alexander Koch und Nikolaus Oberhuber (Galerie KOW) Arbeiten ausgewählt, die mit Sprache und Text zu tun haben.
Intimität und künstliche Intelligenz
Um 18 Uhr sollte man dann wieder in Mitte sein, wo im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) zwei sehr unterschiedliche Ausstellungen aufeinandertreffen. "1989 – 2019: Politik des Raums im neuen Berlin“ fragt nach der Vermarktung von Berlin als Kreativstandort, die südafrikanische Künstlerin Candice Breitz wagt sich in einer neuen Videoarbeit bis zum intimsten Ort des Menschseins vor: der Geburt.
In diesem Herbst kommt man weder an den Mauern der Gegenwart, noch denen der Vergangenheit vorbei. Im Gropiusbau zeigt die Ausstellung "Walking through Walls" zum 30. Jubiläum des Mauerfalls, wie Künstler mit Grenzen umgehen - und diese einreißen können. Wer sich danach die (schier grenzenlosen) medialen Möglichkeiten der zeitgenössischen Kunst in Erinnerung rufen will, zieht zum Schinkel Pavillon weiter. Unten wird ganz analog neue Malerei gezeigt, die die digital geprägte Welt durch die Hand der Künstlerinnen filtert, oben treten in der Installation "Ground Zero" synthetische Charaktere (unter anderem Taylor Swift und Oscar Murillo) und virtualisierte politische Systeme auf.
Von dort aus ist es auch nicht mehr weit bis zur Julia Stoschek Collection, in der das schwer zu fassende Künstlerstudio WangShui glitzernde Videoinstallationen über die queere Qualität von Architektur zeigt. Bettina Pousttchi erinnert mit ihren Uhrenfotografien in der Berlinischen Galerie dann daran, dass es schon recht spät ist. Wer es schafft, kann noch in der Akademie der Künste Videokunst seit den 70er-Jahren schauen. Früher hätte man gesagt: bis die Augen viereckig werden.
Mittwoch, 11. September
10 – 12 Uhr:
Eröffnung: "Kirchner Richter Burgert", Me Collectors Room
11 - 15 Uhr, 16 - 21 Uhr:
Fulldome-Präsentation: "Metahaven: Elektra" im Rahmen von "The New Infinity: Neue Kunst für Planetarien", Berliner Festspiele/Immersion, Mobile Dome auf dem Mariannenplatz
11 - 18 Uhr:
Sonderöffnungszeiten: "Speaking Images", Fluentum
18 Uhr:
Eröffnungen: "1989 – 2019: Politik des Raums im neuen Berlin“
"Candice Breitz", (n.b.k. Showroom), Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)
Eröffnungen: "Christopher Kulendran Thomas in collaboration with Annika Kuhlmann: Ground Zero",
"Claude Mirrors". Victor Man, Jill Mulleady, Issy Wood" (Schinkel Klause), Schinkel Pavillon
19 Uhr:
Eröffnung: "Bettina Pousttchi. In Recent Years“, Berlinische Galerie
Eröffnung: "Iman Issa.Book of Facts", daad Galerie
Eröffnung: "Walking Through Walls", Gropius Bau
Eröffnung: "Tobias Dostal - Perplexity", Haus am Lützowplatz
Eröffnung: "Statista - Staatskunst, Pioniernutzung, Repräsentation", Statista im Haus der Statistik
Eine ausführliche Vorstellung des verlassenen Hauses der Statistik am Alexanderplatz lesen Sie hier
Eröffnung: "Wangshui", Julia Stoschek Collection
Eröffnung: Eröffnung: "Condition Room", Performance: 20.30 Uhr, Apartment Project
21 Uhr:
Eröffnung: "Magic Media - Media Magic. Videokunst seit den 1970er Jahren aus dem Archiv Wulf Herzogenrath", Akademie der Künste