Kontroverse

Folterbilder auf Berlin Biennale: Irakische Künstler ziehen Arbeiten ab

Nach dem Eklat um die auf der 12. Berlin Biennale gezeigten Folterbilder aus dem Gefängnis Abu Ghraib haben drei Künstler ihre Werke endgültig aus der Ausstellung entfernen lassen

Nach der Kontroverse um das Werk eines französischen Künstlers, das Folterszenen aus dem Gefängnis Abu Ghraib im Irak zeigt, nehmen drei irakische Künstler ihre Arbeiten endgültig aus der Berlin Biennale. Layth Kareem, Raed Mutar und Sajjad Abbas hätten am Dienstag mitgeteilt, dass sie ihre Beteiligung an der 12. Berlin Biennale zurückziehen, gaben die Veranstalter am Donnerstag bekannt.

Zwei der Künstler hatten ihre Werke zuvor bereits vom Hamburger Bahnhof an andere Standorte der Ausstellung umsetzen lassen. Sie reagierten damit auf die kuratorische Entscheidung, dass ihre Arbeiten urprünglich neben der Installation "Poison soluble. Scènes de l’occupation américaine à Bagdad" (Lösliches Gift. Szenen aus der Zeit der amerikanischen Besatzung in Bagdad) des Franzosen Jean-Jacques Lebel in den Rieckhallen des Museums aufgebaut worden waren. Lebel hatte aus den von US-Soldaten aufgenommenen Fotos von Erniedrigungen und Folterungen an irakischen Gefangenen ein "Labyrinth des Schreckens" gebaut. Vor dem Betreten des abgetrennten Raumes werden Besucherinnen und Besucher auf die grausamen Darstellungen hingewiesen.

Verfehlte Gespräche

In einer Stellungnahme drückten die Verantwortlichen der 12. Berlin Biennale Bedauern über das Ausscheiden der irakischen Künstler aus. Man respektiere die Entscheidung, suche jedoch weiterhin den Austausch, hieß es darin. "Wir glauben an den Dialog und schätzen unsere Beziehungen zu allen an der Berlin Biennale teilnehmenden Künstler:innen sehr. Wir sind nach wie vor daran interessiert, die Kontroverse aufzuarbeiten und bleiben offen für einen Dialog. Wir halten die zur Diskussion stehenden Fragen für sehr wichtig und möchten daher die Beteiligten einladen, mit uns in einer öffentlichen Veranstaltung darüber zu sprechen."

Das Thema war jedoch bereits während eines Künstlergesprächs zwischen Layth Kareem und der Leihgeberin seiner Videoarbeit, Rijin Sahakian, im Kontext des Rahmenprogramms der Biennale aufgegriffen worden, wie Sahakian in einem im Juli veröffentlichten offenen Protestbrief anmerkte. Dieser war von 15 weiteren Personen mitunterzeichnet worden.

Darin hieß es unter anderem, die Biennale habe mit der Ausstellung der Arbeit "Fotos von unrechtmäßig inhaftierten und brutal behandelten irakischen Körpern" verwendet. Die Warnhinweise vor dem Werk, das auf großen Bannern Bilder zeigt, die 2004 durch die Medien zirkulierten, ändere nichts daran, dass weder die irakischen Künstler zu Rate gezogen, noch die abgebildeten Personen um ihr Einverständnis gebeten worden seien. Unter den unrechtmäßig Inhaftierten seien auch Familienmitglieder von Layth Kareem gewesen. “Sie haben hierzu nicht zugestimmt. Das kann ich nicht akzeptieren”, sagte der Künstler in dem Gespräch.

Schmerz statt Heilung

Der während der Veranstaltung ebenfalls anwesende Kurator der Biennale, Kader Attia, bemühte sich zu betonen, dass die Konfrontation mit diesen Bildern wichtig für einen politischen Wandel sei. Sahakian und Kareem wandten daraufhin ein, dass bereits die weltweite Verbreitung der Bilder vor knapp 20 Jahren und ihre damalige Omnipräsenz kaum etwas an der Situation im Land verändert hätten. 

Kader Attia ist bekannt dafür, Reparieren und Heilung ins Zentrum seiner künstlerischen Arbeit zu stellen. Den Ansatz verfolgte er auch mit der von ihm kuratierten Biennale, die nach eigenen Angaben "dekoloniales Engagement" in den Fokus nimmt. In diesem Fall wird ihm nun jedoch vorgeworfen, dass mehr kaputt gegangen als geheilt worden ist.