Orte der Kulturhauptstadt

Wohin in Esch?

Esch-Alzette im Süden Luxemburgs ist in diesem Jahr Europäische Kulturhauptstadt. Wir stellen vier wichtige Spielstätten vor

"Remix Culture" ist das Motto von Esch2022, das zu Begegnungen inspirieren will und in vielen Projekten, lokal bis international, die Gemeinschaft in der Vielfalt stärken will. Früher ein Zentrum der Stahlindustrie, ist Esch-Alzette heute auf dem Weg zu einem Ort des Wissens, der Technologie und der Kreativität. In ehemaligen Fabrikanlagen wird hier geforscht und Musik gemacht, Industriebauten werden zur atemberaubenden Kulisse internationaler Ausstellungen. 

Hier einige Orte, die in diesem Jahr Esch2022-Spielstätten sind:

Das Escher Theater spiegelt die Diversität der Region

Das Escher Theater versucht mit zehn eigenen Projekten für Esch2022 die Besonderheiten der Region einzukreisen und zu verstehen. Die Inszenierung des Romans "Wie später ihre Kinder" von Nicolas Mathieu etwa reflektiert die industrielle Vergangenheit. Der Roman spielt in der Großregion, in Lothringen, wo in den 1990er-Jahren die Hochöfen dichtgemacht wurden. "Es geht um ein paar Jugendliche, die sich fragen, wie es mit ihnen weitergeht, wie sie sich neu erfinden können", sagt die Theaterleiterin Carole Lorang. "Wir machen eine Serie mit vier Episoden daraus, inspiriert von Netflix-Shows."

In der Region Esch-Alzette wird luxemburgisch, ­französisch und deutsch gesprochen, in den vielen Familien der eingewanderten Stahlarbeiter auch portugiesisch und italienisch. Das Brüsseler Theaterkollektiv Transquinquennal lädt zu seinem multilingualen Stück "Idiomatic" Schauspieler ein, die in ihrer jeweiligen Herkunftssprache sprechen. "Das Stück beschäftigt sich mit den Problemen und der Situationskomik, die aus diesem Sprachmix entstehen", sagt Lorang. "Und es fragt danach, was er mit den Menschen macht."
 

Belval-Gelände: Musik verbindet beim Remix22

Mehr als 400 Konzerte in drei Tagen: So wird das European Youth Music Festival Ende Mai Luxemburg zum Klingen bringen. "Remix22" ist der Titel des Festivals, das zur Feier des Kulturhauptstadtjahres die magische Zahl von 2022 jungen Musikerinnen und Musiker aus ganz Europa einlädt, gemeinsam mit 1500 Luxemburger Musikstudierenden aufzutreten. Am Donnerstag, dem 26. Mai, versammeln sich alle zu den großen Eröffnungskonzerten auf dem Belval-Gelände in Esch-Alzette, danach schwärmen die jungen Musikerinnen und Musiker zu Auftritten in der Region Esch-Alzette und ins ganze Land aus. 

26. bis 28. Mai
 

Vom Möbelhaus zum Kunstort: Die Konschthal Esch stärkt das Zeitgenössische 

Foto: Emile Hengen, © Konschthal Esch

Konschthal Esch

Ein Treppengeländer mit Splitterfaktor aus groben Kiefernholzlatten, auf den Böden Estrich, an der Decke unverblendete fleckige Stahlträger. Früher war das hier ein Möbelgeschäft. Im Aufwind des Kulturhauptstadtprojekts ist eine Kunsthalle daraus geworden, ein neuer Ort der Produktion, Ausstellung und Vermittlung zeitgenössischer Kunst in Luxemburg – und ein Ort, der bleibt.

Zur Eröffnung der neuen Konschthal beschäftigte sich mit Gregor Schneider ein Meister der räumlichen Transformation mit dem Ort. In der Schau "Ego-Tunnel" sind auf knapp 3000 Quadratmetern seine Fotografien und Filme zu sehen. Der Film "Verschwundene Dörfer" zeigt die Innenräume von Häusern im Ruhrgebiet, kurz bevor sie von Baggern im Braunkohlerevier plattgemacht wurden. Insofern war Esch-Alzette ein passender Ort für eine Werkschau Gregor Schneiders, als ehemaliger Hotspot der Stahlära mitten in der postindustriellen Transformation. Parallel wurde mit "Lët'z Arles" von Daniel Reuter und Lisa Kohl anlässlich der 4. Teilnahme an den Rencontres d’Arles in Frankreich eine Ausstellung junger Vertreterinnen und Vertreter der luxemburgischen Kunstszene präsentiert. 

Zu den Höhepunkten im Kulturhauptstadtjahr gehören die Ausstellung "New Minett" von Sandy Flinto und Pierrick Grobéty, die Teil des Esch2022-Projekts "Esch-Mars, de terres rouges en terres rouges"ist, sowie eine große Retrospektive des litauischen Konzeptkünstlers Deimantas Narkevičius. Organisiert wird diese in Kooperation mit dem litauischen Kaunas, das 2022 ebenfalls den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt trägt.

Filip Markiewicz  "Instant Comedy", bis 22. Mai
"Metalworks - Designing & Making", 18. Juni bis 4. September
Jeppe Hein "Distance", 18. Juni bis 4. September
Deimantas Narkevičius, 24. September bis 28. Januar 2023
Sandy Flinto und Pierrick Grobéty, 8. Oktober bis 11. Dezember

 

Ein Ort des Widerstands: Das Musée National de la Résistance verteidigt die Menschenrechte

Foto : MnR

Das Musée National de la Résistance

Ein Ehrenhof mit Säulen rückt das Museum von der Place de la Résistance ab, in seiner Mitte steht ein dunkler Sarkophag mit der Asche unbekannter Deportierter. Das Museum, das 1956 im Quartier Brill errichtet wurde, mitten in Esch-Alzette, wurde zum Start des Kulturhauptstadtprojekts frisch saniert und mit neuem Erweiterungsbau wiedereröffnet. Ursprünglich war es zum Gedenken der luxemburgischen Widerstandskämpfer erbaut worden, gedachte aber auch der Opfer der Minen und Fabriken der Industrie im Süden Luxemburgs. Neben der Geschichte des besetzten Luxemburgs im Zweiten Weltkrieg und der Reaktionen der Bevölkerung, behandelt die neue Ausstellung auch den Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen. "Passend dazu wurde Esch-Alzette zur ersten LGBTIQ+- Freedom Zone Luxemburgs erklärt", sagt der Kulturbeauftragte der Stadt Esch, Ralph Waltmans. "LGBTIQ+-Personen sind hier ausdrücklich willkommen."

Die erste Ausstellung im Rahmen von Esch2022 bringt die Kunst des belgischen Expressionisten und Pazifisten Frans Masereel in einen Dialog mit dem Werk des syrischen Zeichners Hamid Sulaiman, bekannt für seine Graphic Novel "Freedom  Hospital" in Schwarz-Weiß-Bildern.