Lee Mingwei in Berlin

Picasso, fußläufig erreichbar

Gemälde will man in der europäischen Tradition um jeden Preis unversehrt erhalten. Der taiwanesisch-amerikanische Künstler Lee Mingwei verfolgt einen anderen Ansatz im Umgang mit Kunst

Bilder werden im Museum in reguliertem Idealklima hinter Glas gezeigt, in die Jahre gekommene Meisterwerke aufwendig restauriert. Schon anhauchen ist verboten, anfassen sowieso. Der taiwanesisch-amerikanische Künstler Lee Mingwei verdeutlicht, dass auch ein anderer Umgang möglich und nötig ist.

Im Lichthof des Berliner Gropius Bau hat er Pablo Picassos ikonisches Antikriegsgemälde "Guernica" von 1937 aus farbigem Sand nachgebildet. Dieses zentrale Werk der westlichen Moderne verknüpft er mit der Tradition buddhistischer Sand-Mandalas, die eben nicht ewig sein sollen.

Besucher und Besucherinnen dürfen gegen Mitte der Ausstellungslaufzeit barfuß auf der riesigen Picasso-Hommage herumgehen, dann kehren Lee Mingwei und seine Performer kunstvoll nach, und das einst akkurate "Guernica in Sand" wird zum verwischten Spurenteppich.

Alles verändert sich, alle Kunst ist Interaktion, meint Lee Mingwei. Eine gewisse Flexibilität war wegen der Corona-Auflagen nun auch für seine Solo-Ausstellung im Gropius Bau nötig: Einige der Performances wurden modifiziert und ins Digitale verlegt.

Der Höhepunkt der Ausstellung, die fünfstündige Performance "Guernica in Sand" findet am 4. Juli statt. Der Eintritt ist zwar frei, doch für den Besuch müssen auf der Website des Gropius Bau entsprechend Zeitslots reserviert werden. Dies ist ab dem 24. Juni möglich.