Bizarrer Kunst-Prozess um Doig

"Schönes Bild, aber nicht von mir"

Wenn es um die Echtheit von Gemälden geht, geht es normalerweise um längst gestorbene Künstler. Jetzt startet ein Prozess um ein Bild, das angeblich von Peter Doig stammen soll. Der Maler aber sagt: Das stimmt nicht

Eine furchterregende, magische und weitgehend leere Landschaft, ein Wasserloch und abgestorbene Bäume. "Es ist ein schönes Bild", sagte der 57-jährige schottische Maler Peter Doig der "New York Times". "Aber es ist nicht von mir."

Das sieht Robert Fletcher anders. Der Kanadier und frühere Gefängnisaufseher besitzt das Bild. In den 70er-Jahren habe er es einem Insassen für 100 Dollar abgekauft, sagt Fletcher. Viele Jahre später sagte ihm ein Bekannter, der das mit "Peter Doige 76" signierte Gemälde an der Wand hängen sah, dass es von einem berühmten Künstler stamme. Fletcher suchte sich Videos von Doig im Internet und fühlte sich an den Insassen von damals erinnert. "Ich bin mir 100 Prozent sicher, dass er der Mann ist."

Fletcher und Doig treffen sich nun ab Montag (8. August) vor Gericht in Chicago zu einem der wohl bizarrsten Kunstprozesse der vergangenen Jahre. Mindestens eine Woche, wenn nicht länger, dürfte das Verfahren Beobachtern zufolge dauern. Viele Experten für Kunstrecht können sich an keinen vergleichbaren Fall erinnern. "Widerlegen zu müssen, dass man ein Werk geschaffen hat, scheint irgendwie falsch und unfair", sagte Amy Adler, Professorin an der Jura-Fakultät der New York University, der "New York Times".

Im Prozess will Fletcher beweisen, dass das Bild wirklich von Doig ist. Der Maler müsse verwirrt sein, oder lügen, heißt es in der Anklageschrift. In jedem Fall habe seine Leugnung der Urheberschaft dazu geführt, dass Fletcher das Bild nicht wie geplant für eine stattliche Summe über eine Galerie in Chicago verkaufen konnte.

"Wir erwarten, dass das Gericht sehen wird, dass Peter Doig einen an dem Bild interessierten Käufer bedroht hat, und uns um eine erwartete Summe von rund sieben Millionen Dollar gebracht hat", sagte Galerist Peter Bartlow der Deutschen Presse-Agentur. "Wir erwarten, dass das Gericht anordnet, dass Doig uns sieben Millionen Dollar Schadenersatz zahlt. Wir erwarten, dass das Gericht sagt, dass Doig der Maler ist, der das Bild geschaffen hat."

Der ganze Fall sei "Betrug", sagt dagegen Doig, der an der Kunstakademie Düsseldorf lehrt und hauptsächlich in Trinidad und New York lebt. "Ich werde gezwungen, Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, um zu beweisen, wo ich vor mehr als 40 Jahren war." Auf jeden Fall nicht in Kanada im Gefängnis, soviel sei sicher. Er habe zwar als junger Mann einige Zeit in Kanada gelebt, aber sei überhaupt noch nie im Gefängnis gewesen und auch noch nie in der Stadt Thunder Bay in der Provinz Ontario, wo sein Prozessgegner Fletcher das Bild gekauft haben will. Zudem habe er erst viel später, als das Gemälde entstanden sein soll, angefangen, Leinwände zu benutzen.

Doig und seine Anwälte wollen den eigentlichen Urheber gefunden haben, einen Mann namens Peter Edward Doige, der auch malte und zeitweise in dem Gefängnis in Thunder Bay saß. Doige starb 2012, aber mehrere Zeugen, unter anderem seine Schwester, sind sich Gerichtsdokumenten zufolge sicher, dass er das Bild gemalt hat.

"Das Ganze geht schon jetzt weit über das Bild von Peter Doig hinaus", sagt der Galerist des Malers, Gordon VeneKlasen. "Es geht um Autorenschaft. Es geht darum, gezwungen zu werden, seinen Namen auf das Kunstwerk von jemand anderem zu setzen."