Corona-Maßnahmen

Theaterregisseur Castorf: Will mich von Merkel nicht erziehen lassen

Theaterregisseur Frank Castorf hält die Einschränkungen in der Corona-Krise für überzogen. Der Ex-Intendant der Berliner Volksbühne kritisiert in einem Interview den "Grad der Ideologie der Entscheidungen"

Im Augenblick entspreche der Nutzen der Regelungen nicht dem Aufwand, sagte der frühere Intendant der Berliner Volksbühne (68) in einem Interview des "Spiegel" und kritisierte den "Grad der Ideologisierung" der Entscheidungen. "Schon die Worte 'Lockdown' und 'Shutdown' machen mich bösartig", sagte er.

Er sei aber weder Biologe noch Mediziner. "Ich arbeite im Theater, da erhält man sich die Bereitschaft zum Fantasieren, zum Nachdenken über das, was außerhalb geschieht", sagte Castorf.

Der Regisseur, der für seine oft überspitzten und provokanten Aussagen bekannt ist, bemängelte auch die Freiheitsbeschränkungen. "Ich möchte mir von Frau Merkel nicht mit einem weinerlichen Gesicht sagen lassen, dass ich mir die Hände waschen muss. Das beleidigt meine bürgerliche Erziehung", sagte er. Zudem vermisse er den "Protest" der Bevölkerung. "Wir Deutschen (...) haben vor allem Angst. Wir unterwerfen uns gläubig den Dekreten von Virologie-Professoren und Politikern."

"Ich bin Fatalist"

Diesen "hässlichen Opportunismus" stelle er sogar bei sich im Theater fest. Bis vor kurzem sei dort "der alte weiße Mann" der Hauptfeind gewesen. "Jetzt ist das Virus da, und auch in den Theatern finden plötzlich alle, jeder Alte, auch wenn er über 80 Jahre und ein Mann ist, sollte um jeden Preis geschützt werden", sagte er.

Ohnehin sehe er nicht den Nutzen, "wenn man alte Menschen, die jetzt als Risikogruppe Nummer eins bezeichnet werden, einfach einsperrt". Das mache die Psyche kaputt und nähre den Lebensüberdruss, sagte Castorf. Er selbst habe keine Angst vor dem Tod. "Ich bin nicht mystisch oder religiös. Ich bin Fatalist. Wenn ich todkrank werde, werde ich sagen: Es war ein gutes Leben."