Trump-Foto

Wachsfigurenkabinett

Ein offizielles Foto zeigt Donald Trump, wie er die Operation gegen IS-Chef Al-Baghdadi verfolgt. Die Aufnahme hat ein berühmtes Vorbild - blickt aber vor allem ins kalte Herz des weißen Hauses

Er sei "winselnd und weinend und schreiend" gestorben, hatte Donald Trump gesagt, "er ist wie ein Hund gestorben. Er ist wie ein Feigling gestorben." Als der US-Präsident am Sonntag den Tod von Abu Bakr Al-Baghdadi, Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), verkündete, konnte er gar nicht der erniedrigenden Worte genug finden, um sich in dem Triumph zu suhlen.

Und immer wieder betonte er die Bedeutung dieses Einsatzes im Vergleich zu einem der größten außenpolitischen Erfolge seines Vorgängers Barack Obamas: Die Hinrichtung des al-Qaida-Anführers Osama bin Laden.

Das Vorbild ist fast ein Historiengemälde

Auch auf visueller Ebene wollte Trump gleichziehen und ließ ein Foto von sich bei der Verfolgung der Operation gemeinsam mit Regierungsmitgliedern und Militär veröffentlichen. Ein Foto, das ein berühmtes Vorbild hat: Das Bild vom "Situation Room" während der Erschießung bin Ladens, ein Bild, das man fast ein Historiengemälde nennen könnte.

Gemacht hat es Pete Souza, der offizielle Fotograf des Weißen Hauses in der Obama-Ära. "In diesem besonderen Fall war mir die historische Qualität sehr bewusst – nicht nur die des Bildes, sondern des ganzen Tages", sagte Souza später im Monopol-Interview. "Man macht natürlich weiter seine Arbeit, aber manchmal wird einem eben bewusst, dass manche Ereignisse länger im Gedächtnis bleiben werden als andere."

Foto: Pete Souza/The White House/dpa

In diesem Foto des Weißen Hauses, das am 2. Mai 2011 zur Verfügung gestellt wurde, erhalten Joe Biden (l), damals US-Vizepräsident, Barack Obama (2.v.l.), damals US-Präsident, und die damalige Außenministerin Hillary Clinton (r) zusammen mit anderen Mitgliedern des nationalen Sicherheitsteams ein Update über die Mission gegen Osama bin Laden im Situation Room des Weißen Hauses


Beide Fotos dienen natürlich gleichermaßen der Propaganda und sollen eine entschlossene, handlungsfähige Macht darstellen, die letztlich doch gegen Guerilla-Krieger triumphiert. Doch die Unterschiede sind augenfällig, egal wie man politisch zu den beiden Präsidenten steht: Während Souza 2011 seine Akteure direkt in der Aktion zeigt, überwältigt von den Geschehnissen auf den für den Betrachter unsichtbaren Monitoren, zeigt die Trump-Fotografin Shealah Craighead die Männer von unten und frontal, sie schauen in die Kamera, so als wären, wie Arno Frank im "Spiegel" beobachtet, die Betrachter das Ziel der Operation.  

Craigheads Foto wirkt deshalb steif, wie ein Blick in ein Wachsfigurenkabinett. Die Gesichter der Männer in der Runde ausdruckslos, nicht einmal entschlossen. Als hätten sie etwas ausgefressen, über das sie schweigen. 

Achtlose, tödliche Müdigkeit

Wir wissen nicht, ob die Operation in dem Moment schon abgeschlossen ist oder noch andauert. Das Licht ist fahl, die Männer sehen krank aus, ein Kabelgewirr quillt aus der Tischmitte. Es ist ein seltsam leeres Bild, Geschichtswiederholung als Farce, wie so oft in dieser Trump-Amtszeit, von Tag eins, als die Massen bei der Amtseinführung ausblieben. 

Anfang des Monats hatte Trump seine Entscheidung verteidigt, US-Truppen aus dem syrischen Grenzgebiet zur Türkei abgezogen zu haben, mit der Begründung, dass er "diese endlosen, sinnlosen Kriege nicht kämpfen will - besonders jene, die den Vereinigten Staaten nicht nützen". Das neue Foto aus dem kalten Herzen des Weißen Hauses ist ein unfreiwilliger Ausdruck dieser endlosen Mühsal des Krieges - und der visuellen Müdigkeit des obersten Befehlshabers.