Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bonn, Bregenz, Bremen, Dresden, Gera, Hamburg, München, Münster, Paris, Ulm und Wien

Cevdet Erek in Berlin

In der Architektur- und Sound-Installation "Bergama Stereo" nutzt der in Istanbul lebende Künstler und Musiker Cevdet Erek Gestalt, Inhalt und Rezeptionsgeschichte des in Berlin befindlichen Pergamonaltars als Referenz für eine Neuinterpretation des bedeutenden hellenistischen Bauwerks. Bergama ist der türkische Name für das antike Pergamon sowie der heutigen Stadt und des Bezirks in Kleinasien. Der berühmte Gigantenfries des Altars wird in einer Multi-Kanal-Komposition interpretiert, die den Raum beschallt. Der Sound übernimmt hier die zentrale Rolle zur Schaffung einer Architektur, die durch die Besucher in ihrer Bewegung im Raum hörend erfasst wird.

Bergama Stereo ist eine ortspezifische Arbeit und ist konzipiert für zwei Schauplätze, die auf unterschiedliche Weise mit der Geschichte des Pergamonaltars und dem historischen Kontext seiner Rezeption und Rekonstruktion verbunden sind. Die Installation hat ihre erste Station in der Turbinenhalle auf dem Gelände der Jahrhunderthalle in Bochum und wird dann in der Historischen Halle im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin gezeigt. Integraler Bestandteil der Präsentationen ist jeweils ein im Ausstellungsraum stattfindendes Konzert- und Performance-Programm, das Themen und strukturelle Aspekte der Architektur aufgreift.

"Cevdet Erek. Bergama Stereo. Musikwerke Bildender Künstler", Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart, Berlin, 19. Oktober bis 8. März 2020

Max Liebermann in Berlin

Die Sehnsucht nach einer Idylle jenseits des turbulenten Großstadtgetriebes ließ um 1900 nicht nur wirtschaftsmächtige Unternehmer und Industrielle, sondern auch Architekten und Künstler aus Berlin hinaus nach Wannsee ziehen. Hier hatte der Bankier Wilhelm Conrad eine Villenkolonie begründet, in der sich mit Oscar Begas, Carl Becker, Anton von Werner, Hugo Vogel und Philipp Franck seit Beginn der 1870er Jahre eine Reihe renommierter Berliner Maler niederließen, in deren Schaffen und in deren Häusern sich die zeitgenössischen künstlerischen und architektonischen Strömungen zwischen Tradition und Moderne widerspiegeln. Als Max Liebermann 1910 sein Sommerhaus am Wannsee bezog, war dies gleichsam der krönende Abschluss einer jahrzehntelangen Entwicklung.

Erstmalig beleuchtet die Liebermann-Villa in ihrer Ausstellung "Sehnsucht nach Idylle" die Netzwerke der Maler am Wannsee und stellt anhand exemplarischer Werke und zeithistorischer Dokumente die jeweiligen Lebens- und Schaffenswelten der Künstler vor. Dabei zeichnet die Ausstellung auch die Entwicklung von einer traditionsorientierten Kunstauffassung akademischer Provenienz zum Impressionismus Max Liebermanns nach.

"Sehnsucht nach Idylle. Max Liebermann und die Maler am Wannsee", Liebermann Villa am Wannsee, Berlin, 20. Oktober bis 10. Februar

 

Charity-Auktion in Berlin 

Die Organisation Terre des Femmes setzt sich weltweit für die Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen und Mädchen ein – und wird dabei jetzt mit Kunst unterstützt. Für die Charity-Auktion in Zusammenarbeit mit Sotheby’s, die am 19. Oktober in der Berlinischen Galerie stattfindet, haben mehr als 40 Künstlerinnen und Künstler von Thomas Zipp über Candida Höfer und Rosemarie Trockel bis zu Nasan Tur Werke gespendet. Es moderiert die Soulsängerin Joy Denalane. Informationen zu allen Losen findet man hier.

Charity-Auktion für "Terre des Femmes", Berlinische Galerie, 19. Oktober, Vorbesichtigung ab 15 Uhr, Auktion ab 19 Uhr 

 

Preisträger des Bundespreises für Kunst in Bonn

Der "Bundespreis für Kunststudierende" will die Vielfalt der Ausbildung und der künstlerischen Positionen an den deutschen Kunsthochschulen zeigen. Er fördert kreative Talente und ermöglicht ihnen, professionelle Ausstellungs-Erfahrung zu sammeln, ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen und Kontakte in den Kunstbetrieb zu knüpfen.

Alle 24 in der Rektorenkonferenz der deutschen Kunsthochschulen vertretenen Akademien, Hochschulen und Universitäten nehmen am Wettbewerb teil und nominieren jeweils zwei ihrer Studierenden oder Studierendenteams. Aus den Nominierten wählt eine unabhängige Fachjury anhand von Portfolios bis zu acht Preisträger aus, die nun in der Bundeskunsthalle in Bonn ihre Werke präsentieren: Dabei sind diesmal Christoph Blankenburg, Marie Falke, Mirjam Kroker, Lena Grossmann, Suin Kwon, Carsten Saeger und Jan Zöller.

Bundespreis für Kunststudierende, Bundeskunsthalle Bonn, 19. Oktober bis 5. Januar 2020

 

Raphaela Vogel in Bregenz

Raphaela Vogels Kunst verbindet Skulptur und Video, Raum und Readymade. In einem Spiel zwischen Imagination und Dimension erschaffen ihre Werke eine physisch erlebbare Spannung. Die raumgreifenden Installationen werden oft von süßen, wehmütigen Melodien begleitet - ein Kontrast zu den schweren, wuchtigen Skulpturen, die mit Ketten und Riemen befestigt nicht selten von der Decke baumeln.

So zum Beispiel riesige Spinnenfiguren, die den Betrachter in eine Welt der Abgründe, der Einsamkeit und Hypnose entführen. Raphaela Vogel spielt in ihren bizarren Raumkonstruktionen mit der subjektiven Angst des Menschen. In einem Video steht Vogel selbst auf einem Felsen, rund herum das tosende Meer. Alles dreht sich, ist verzerrt, ein psychedelisches Bild aufgenommen von einer Drohne - eine Szenerie der Todesangst.

"Raphaela Vogel. Bellend bin ich aufgewacht", Kunsthaus Bregenz, 19. Oktober bis 6. Januar 2020

Ikonische Kunstwerke in Bremen

Mit dieser Ausstellung feiert die Kunsthalle Bremen eine Premiere: Erstmals werden alle Räume des Hauses mit einer großen Ausstellung bespielt. Je Raum präsentiert die Schau jeweils nur ein Meisterwerk – von der russischen Ikone bis zu Andy Warhol. Mit 60 Stars in 60 Räumen geht die Schau der Frage nach, wie sich auch heute noch mit dem Begriff der "Ikone" kultische Verehrung und die Idee des Übersinnlichen verbinden.

In einer ganz auf das einzelne Kunstwerk konzentrierten Inszenierung werden verschiedene Aspekte von Spiritualität, Andacht und Anbetung präsentiert. Die Ausstellung lädt ein, ikonische Kunstwerke aus neun Jahrhunderten auf eine neue, direkte Art zu erfahren. Werke von Caspar David Friedrich, Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch, Mark Rothko, Yves Klein, Niki de Saint Phalle, Isa Genzken, Andreas Gursky und Kehinde Wiley werden dabei ergänzt durch alltägliche "Ikonen" aus der Markenwelt und Popkultur wie Marilyn Monroe, Beyoncé und YouTuberin "Bibi". Die Interpretation des traditionellen Ikonen-Gedankens in der Kunst wird so mit dem Phänomen der Ikonisierung in unserer alltäglichen Lebenswelt kontrastiert. (dpa)

"Ikonen. Was wir Menschen anbeten", Kunsthalle Bremen, 19. Oktober bis 1. März 2020

Ferdinand von Rayski in Dresden

Für eine Ausstellung mit Werken des Malers Ferdinand von Rayski (1806-1890) zur Jagd hat das Dresdner Albertinum Gemälde und Zeichnungen des Künstlers versammelt. "Wir können da aus dem Vollen schöpfen", sagt Direktorin Hilke Wagner. Die Galerie Neue Meister hat etwa 30 Arbeiten, das Kupferstich-Kabinett rund 120. Im Mittelpunkt der Schau "Rayski und die Jagd" steht das Hauptwerk "Jagdpause im Wermsdorfer Wald" von 1859, eine Leihgabe des Musée de la Chasse et de la Nature in Paris. Gegenüber sind eine Vorstudie aus dem Kupferstich-Kabinett sowie eine Waldstudie arrangiert. Letztere hing als Reproduktion im Klassenzimmer des bedeutenden Gegenwartskünstlers Georg Baselitz und inspirierte ihn zu Wäldern auf dem Kopf.

Einen starken Kontrast dazu bildet Bruce Naumans "Hanging Cat" von 1989 aus der Sammlung Hoffmann. Die an einem Stahlseil hängende Wachs-Skulptur aus Modul-Abgüssen, die zur Tierpräparation genutzt werden, zeige die in Vergessenheit geratene Dimension der Gewalt bei der Jagd, sagt Kurator Holger Birkholz.

Rayski, der dem Adel angehörte, war ein wichtiger Porträtist der sächsischen Aristokratie und selbst Jäger. Von seinem Gespür für die Natur und die Affinität zu Jagdszenen zeugen Jäger-Porträts, Wildschweine oder Rebhühner in Öl, Hunde- und Rehstudien und ein "Getroffener Hase". Ergänzt werden die Bilder um Waffen und Jagdutensilien des 19. Jahrhunderts aus der Rüstkammer. (dpa)

"Rayski und die Jagd", Albertinum Dresden, bis 2. Februar 2020

DDR-Spielzeuge in Gera

In Gera können Museumsbesucher in Erinnerungen an DDR-Kindheitstage schwelgen. Zugleich lädt die Ausstellung "Eisenbahn und Feuerwehr, Puppenherd und Teddybär" zu einem Streifzug durch die frühere Spielwarenproduktion zwischen Ostsee und Erzgebirge. Rund 350 Stücke haben die Ausstellungsmacher aus der etwa 3800 Objekte umfassenden Sammlung des Ostthüringer Ehepaares Ramona und Andreas Reißmann ausgewählt: Die Sprechpuppe aus dem VEB Biggi Waltershausen gehört ebenso dazu wie den Lerncomputer Piko dat und Flugzeug-Modellbaukästen.

Die Schau zeigt auch, dass Kinderzimmer häufig keine ideologiefreie Zone und Spielwaren ein Spiegel ihrer Zeit waren. So konnten Kinder mit "Der kleine Großblockbaumeister" den Bau von Neubaublöcken nachahmen oder mit dem Mondmobil Lunochod die sowjetische Mondmission nachspielen. Auch der fernlenkbare Panzer T62 und Soldatenfiguren waren im Spielzeugangebot. (dpa)

"Eisenbahn und Feuerwehr, Puppenherd und Teddybär", Stadtmuseum Gera, bis 15. März 2020

 

Amerikanische Kunst in Hamburg

Mit seiner bislang größten Ausstellung will das Hamburger Bucerius Kunstforum vier große US-amerikanische Künstler des 20. Jahrhunderts würdigen. Von Samstag an und bis zum 12. Januar werden in "Amerika! Disney, Rockwell, Pollock, Warhol" die Künstler einander gegenüber gestellt. Diese Namen seien mit der amerikanischen Kultur des 20. Jahrhunderts untrennbar verbunden - "als Amerika noch für Freiheit und Werte stand", sagte Kuratorin Kathrin Baumstark am Donnerstag in Hamburg.

Während Trickfilmzeichner Walt Disney, Expressionist Jackson Pollock und Pop-Art-Künstler Andy Warhol auch hierzulande sehr bekannt sind, sind die Werke des Künstlers und Illustrators Norman Rockwell den Angaben des Museums zufolge zum ersten Mal in Deutschland zu sehen. (dpa)

"Amerika! Disney, Rockwell, Pollock, Warhol", Bucerius Kunstforum, Hamburg, 19. Oktober bis 12. Januar

Kunst der König Galerie bei Ketterer Kunst München

Das renommierte Auktionshaus Ketterer zeigt unter dem Titel "Szene Berlin Okt. 19" Werke von 13 Künstlern aus Berlin. Die Ausstellung ist nicht einfach eine Ansammlung von Kunstwerken, sondern soll die künstlerische Praxis in Berlin etablierter Künstler erfahrbar machen. Die König Galerie kuratiert die Ausstellung, Ketterer Kunst stellt die Räumlichkeiten. Berliner Künstler können so mit einem neuen Publikum in Kontakt treten, Münchner wird ein Einblick in die zeitgenössische Kunstszene Berlins gegeben. "Wir handeln immer im Sinne der Kunst und unserer Sammler“, erklären Johann König und Robert Ketterer.

Viele der ausgestellten Künstler haben Berlin zu ihrer Wahlheimat gemacht, da sie hier noch zentrale, vergleichsweise erschwingliche und vor allem großzügige Atelierräumlichkeiten vorfinden. Das Resultat sind oftmals raumgreifende Installationen, wie eine der ausgestellten Arbeiten von Norbert Bisky, die mit drei Mal siebeneinhalb Metern museale Dimensionen aufweist. Die Bandbreite von Michael Sailstorfers anarchischem Schaffen ist mit großformatigen Arbeiten in unterschiedlichen Medien zu sehen und fast schon so etwas wie eine Werkschau. Auch inhaltlich wird Berlin-Bezug hergestellt, wie bei Annette Kelm, die Federn in der Nähe ihres Studios gefunden hat und in ihren Werken integriert. Oder bei Anselm Reyle, dem bereits 2008 im heute hippen Stadtteil Neukölln Reklamekästen auffielen, die ihn zu seinen Streifenbildern inspirierten.

"Szene Berlin Okt. 19", Ketterer Kunst München, bis 25. Oktober

 

Balkrishna Doshi in München

Balkrishna V. Doshi ist Architekt, Städteplaner und Lehrer. Er zählt zu den einflussreichsten Pionieren moderner Architektur in Indien. In über 60 Jahren architektonischer Praxis hat er eine Vielzahl an unterschiedlichen Projekten verwirklicht, wofür Doshi 2018 mit dem renommierten Pritzker-Preis geehrt wurde. Seit den 1950er-Jahren hat er mehr als 100 Gebäude realisiert, darunter Verwaltungs- und Kultureinrichtungen, Siedlungen und Wohnhäuser. International bekannt wurde er durch seine visionären Stadtplanungen und sozialen Wohnprojekte sowie durch sein großes Engagement im Bildungsbereich. Zu den Pionierleistungen gehören unter anderem das Indian Institute of Management (1977-1992), sein eigenes Architekturbüro Sangath (1980) und die berühmte Wohnsiedlung Aranya für Menschen mit geringem Einkommen (1989).

Sein Verständnis von Architektur ist stark von Le Corbusier und Louis Kahn geprägt, mit denen er als junger Architekt zusammenarbeitete. Ausgehend von deren moderner Formensprache hat er jedoch ein ganz eigenes ästhetisches Vokabular entwickelt, das mit lokalen Bedürfnissen und indischen Traditionen in Einklang steht. Doshis Gesamtwerk wird bis zum 19. Januar 2020 im Architekturmuseum der TUM in einer Retrospektive gezeigt. Anhand einer Fülle von Originalzeichnungen, Architekturmodellen, Plänen, Malereien, Fotografien, Filmen und begehbaren Rauminstallationen wird sein Schaffen in den Bereichen Architektur, Städtebau, Design und Kunst umfassend präsentiert.

"Balkrishna Doshi. Architektur für den Menschen", Pinakothek der Moderne, München, bis 19. Januar 2020

Kulturherbst in München

Die Zeit zwischen dem Ende des Oktoberfests und dem Beginn der Christkindlmärkte ist der Münchner Kulturherbst. Vier Kunstmessen stehen auf dem Programm. Dabei dreht sich alles um ein Motto: "Geniale Paare". Dabei gehe es weniger um das Motto "Gleich und Gleich gesellt sich gern" als um "Gegensätze ziehen sich an", teilten die Veranstalter vorab mit. Traditionelles und Antiquarisches trifft auf Modernes, die internationale Kunstwelt auf urbane Street Art.

Los geht es am Samstag mit der 99. Ausgabe der "Kunst & Antiquitäten", erstmals im Westflügel des Hauses der Kunst. 54 Aussteller aus Deutschland, Österreich, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden bieten bis zum 20. Oktober unter anderem Gemälde, Holzschnitzereien, Hinterglasmalerei, Möbel, Lampen, Glaskunst und Schmuck. Sie ist den Angaben nach die älteste Kunst- und Antiquitätenmesse Süddeutschlands.

Ihr zehnjähriges Bestehen feiert die internationale Kunstmesse "Highlights" vom 16. Oktober an in der Münchner Residenz. 50 Aussteller aus dem In- und Ausland zeigen Kunstwerke unterschiedlicher Gattungen. Einen Tag später startet die "Artmuc", die rund 100 jungen Künstlern aus ganz Europa eine Möglichkeit bietet, im Isarforum und auf der Praterinsel ihre Werke aus den Genres Street Art, Urban Art, digitale Kunst, Fotografie oder auch klassische Malerei auszustellen.

In diesem Jahr wird der Kulturherbst zum ersten Mal durch eine weitere Messe ergänzt: Nach zwei Ausgaben erweitert sich die "Paper Positions" nun dort unter dem Namen "Positions Munich Art Fair" zu einer Messe für alle Gattungen der zeitgenössischen Kunst. Das bewährte Salonformat für Arbeiten auf Papier wird aber trotzdem bestehen beleiben: In die Messe sind die "Paper Positions" als Sondersektion integriert. Knapp 40 deutsche und internationale Galerien sind insgesamt vertreten. Als Location für die "Positions Munich Art Fair" wurde die 1894 errichtete ehemalige Reithalle gesichert.

Münchener Kulturherbst: "Kunst und Antiquitäten", "Highlights", "Artmuc", "Paper Positions", 16. bis 20. Oktober

 

Sonia Kacem in Münster

Die tunesisch-schweizerische Bildhauerin Sonia Kacem präsentiert im Westfälischen Kunstverein in einer großen installativen Geste, die den ganzen Ausstellungsraum begreifen wird, erstmals die Früchte ihrer künstlerischen Recherche im Rahmen eines halbjährigen Arbeitsaufenthalts in Kairo. Kacems bildhauerisch-künstlerische Praxis ist bestimmt von einer sensiblen Auseinandersetzung mit Materialien, die sie unterschiedlichen Stadien unseres alltäglichen Konsumkreislaufs entnimmt. Sie schafft prozessorientierte skulpturale Inszenierungen, die ein vielfältiges assoziatives Spannungsfeld eröffnen, das die kulturellen Erscheinungs- und Verwendungsformen der Materialien ins Zentrum rückt.

Ausgehend von ihrer künstlerischen Forschung in Ägypten interessiert sich Kacem aktuell für das Beziehungsgeflecht zwischen Körper, physischem und virtuellem Raum - im Hinblick auf die darin jeweils unterschiedlichen Gradationen von Freiheit und Reglementierung. Welche Regeln und Codices gelten etwa im öffentlichen Raum; welche individuellen Freiheiten werden nur im privaten oder virtuellen Raum gewährt? Wie manifestiert sich ein persönlicher Ausdruckswille innerhalb dieser mitunter strengen Ordnungen?

"Sonia Kacem. Between the scenes", Westfälischer Kunstverein Münster, 19. Oktober bis 19. Januar 2020

El Greco in Paris

Die Farbe von Tizian, die Kühnheit von Tintoretto und die plastische Kraft von Michelangelo: Eine ästhetische Synthese, die El Greco (1541-1614) zu einem der bedeutendsten, untypischsten und modernsten Maler seiner Zeit machte. Paris widmet dem Meister der Renaissance und des Goldenen Zeitalters der spanischen Kunst die erste große Retrospektive in Frankreich.  

In Zusammenarbeit mit dem Louvre und dem Art Institute of Chicago ist es Paris gelungen, im Grand Palais mehr als 70 Werke zu vereinen, darunter Meisterwerke aus aller Welt, bedeutende Leihgaben von Privatsammlern und selten vereinte Serien. Die Ausstellung illustriert die künstlerische Entwicklung des Malers, der als Domínikos Theotokópoulos auf Kreta geboren wurde und als El Greco in Toledo starb.

Er sei ein Erfinder von Formen und Farben gewesen, sagt der Kurator Guillaume Kientz. El Grecos radikale Malerei hat zahlreiche Künstler der klassischen Moderne inspiriert, darunter Francis Bacon und Pablo Picasso, wie derzeit auch in der Ausstellung "Magische Bilder" im Paris Picasso-Museum zu sehen ist. (dpa)

"Greco", Grand Palais, Paris, bis 10. Februar 2020

Kunstmesse Fiac in Paris

 

Die Pariser Kunstmesse Fiac hat am Donnerstag mit rund 200 Galeristen ihre Türen geöffnet. Die viertägige Branchenmesse findet im Grand Palais statt und zeigt Stars der zeitgenössischen Kunstszene wie Anish Kapoor, Damien Hirst, Georg Baselitz, Thomas Schütte, Pierre Soulages und Yayoi Kusama. Unter den Ausstellern befinden sich die wichtigsten Namen der Branche wie Gagosian, Thaddaeus Ropac, Hauser & Wirth und David Zwirner. Der deutsch-amerikanische Galerist Zwirner hat - neben seiner Londoner Galerie - vor dem Hintergrund des Brexit nun eine Niederlassung in Paris eröffnet.

 

Die Fiac (Foire international d’art contemporain) gehört neben der Art Basel und der Frieze in London zu den wichtigsten Messen der Branche. Skulpturen und monumentale Installationen werden im Petit Palais gegenüber dem Grand Palais präsentiert. (dpa)

"Foire international d’art contemporain" (FIAC), Grand Palais Paris, bis 20. Oktober

Kiki Smith in Paris 

Ein Körper, der mit roten Flecken überzogen ist; schlafende Frauen mit Schafen und Kometen: Mit über 60 Skulpturen, Tapisserien und Papierarbeiten widmet Paris der in Nürnberg geborenen amerikanischen Künstlerin Kiki Smith eine umfassende Retrospektive in Frankreich. Die Ausstellung im Museum "Le 11 Conti - Monnaie de Paris" gegenüber dem Louvre deckt ein mehr als 30-jähriges Schaffen ab, das sich mit Themen der menschlichen Existenz wie Sexualität, Geburt und Tod beschäftigt.

"Bis zum 40. Lebensjahr waren für mich Fragen wichtig, die meinen Körper und mich als Frau betrafen", erklärte Smith, die am 18. Januar 1954 als Tochter des Bildhauers Tony Smith geboren wurde. Themen, die sie verstärkt nach dem Tod ihres Vaters und ihrer an Aids gestorbenen Schwester aufgriff. Aus diesen Realitäten heraus schuf sie kränklich wirkende, gekrümmte und mit roten Flecken übersäte Figuren.

Mit zunehmendem Alter hat Smith angefangen, ihr Repertoire um die Beziehung des Menschen zur Natur und zur Mythologie zu erweitern. "Ich habe Abstand zu den Dingen gewonnen, die mich früher umgetrieben haben, und blicke mehr auf die Außenwelt", sagte die 65-Jährige in Paris.

Zu ihren jüngsten Arbeiten in Paris gehört "Sungrazer VII, VIII, IX". Die drei Bronzeskulpturen stellen fliegende Kometen dar. Das Motiv begründete Smith so: Sie lebe mit einem Körper, der langsam dahinschwinde. (dpa)

"Kiki Smith", Le 11 Conti - La Monnaie de Paris, bis 9. Februar 2020

 

Kunst zum Thema Schlaf in Stuttgart

Einfach mal ins Bett legen, die Augen schließen und ein bisschen träumen? Im Württembergischen Kunstverein ist's möglich, ja sogar erwünscht. Die Videoinstallation "I'm not Going to Bed with My Computer" der Österreicherin Teresa Distelberger in einem Doppelbett ist Teil einer neuen Ausstellung, die sich der Rolle des Schlafens und des Träumens vor allem in der Arbeitswelt widmet.

Unter dem Titel "Sleeping with a Vengeance, Dreaming of a Life" (etwa "Mit Nachdruck schlafen, von einem Leben träumen") setzen sich mehr als 40 Künstler mit dem gesellschaftspolitischen Potenzial des nächtlichen Schlummerns auseinander. "Schlaf ist heutzutage eine Ressource", kritisierte Kuratorin Ruth Noack am Freitag vor der Eröffnung der Schau in Stuttgart. "In unserem Leben wird ihm nicht mehr als das notwendige Minimum an Platz eingeräumt, damit wir produktiv sein können."

Der Produktionsdruck am Fließband wird in den Kunstwerken ebenso thematisiert wie der Schlaf als Rebellion, wenn Fabriken über Nacht besetzt werden. Eine Videoinstallation begleitet einen Fernfahrer auf seinem Weg durch die Nacht, eine andere spielt mit Schlafliedern. Ein Video trägt den Betrachter auf einen sogenannten Geistermarkt in China und ein Künstlerbuch zeigt unbequeme Bänke, auf denen man nicht mehr schlafen kann. Ausgestellt werden größtenteils Videoinstallationen, bisweilen ist ein wenig interpretatorische Fantasie erforderlich.

"Sleeping with a Vengeance, Dreaming of a Life", Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 19. Oktober bis 12. Januar 2020

Alexander Kluge in Ulm

Die Kunsthalle Weishaupt und das Museum Ulm realisieren ein gemeinsames Projekt mit Filmemacher Alexander Kluge zum Thema "Die Macht der Musik". Heute, in einer Welt der Algorithmen, wird der emotionalen Wirkkraft, den ergreifenden gesellschaftsrelevanten Themen im Musiktheater immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Alexander Kluge inszeniert im musealen Raum eine Ausstellung, die einen neuen Blick auf das Phänomen der Oper wirft und ihm eine zeitgenössische Relevanz verleiht. Die Oper, diese historische Bühne der Ernsthaftigkeit, mit all ihrem Drama, ihrer Poesie und Innerlichkeit, mit ihren fantastischen Übertreibungen und traumwandlerischen Erzählungen verdichtet sich zu einer berauschenden Chronik der Gefühle. Dieses Feuerwerk der Eindrücke inszeniert Kluge mit Filmarbeiten, Textpassagen, Bildwerken und künstlerischen Interventionen

Drehbuchautor, Film- und Fernsehproduzent, Schriftsteller, Philosoph Alexander Kluge gehört zu den einflussreichsten Vertretern des Neuen Deutschen Films. Sein Werk tritt in der Ausstellung in Dialog mit bildnerischen Arbeiten von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern wie Georg Baselitz, Thomas Demand, Katharina Grosse, Anselm Kiefer, Sarah Morris oder Anna Viehbrock und ausgewählten Werken aus der Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt.

"Alexander Kluge - Die Macht der Musik - Tempel der Ernsthaftigkeit", Kunsthalle Weishaupt, Ulm, 20. Oktober bis 19. April 2020

Caravaggio und Bernini in Wien

Die römische Malerei und Bildhauerei des 17. Jahrhunderts entdeckten die Wucht der Gefühle. Die Stars der Zeit hießen Caravaggio und Bernini. Sie prägten mit ihren äußerst intensiven Werken nicht nur ihre Zeit, sondern viele nachfolgende Künstlergenerationen. Die Ausstellung "Caravaggio & Bernini" im Kunsthistorischen Museum (KHM) in Wien vereint bis zum 19. Januar 2020 rund 80 Meisterwerke, auch einige von Zeitgenossen.

Wie kaum jemand sonst hat Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571-1610) seine Bilder effektvoll mit Emotionen aufgeladen. Seine Werke wie "David mit dem Haupt Goliaths" oder "Narziss" lassen auch den Betrachter nicht kalt, lösen Staunen, Entsetzen und Mitleid aus. Ein teils schockierender Realismus mit seinem Hell-Dunkel-Kontrast brachte dem Maler in Rom größte Aufmerksamkeit. Und Caravaggio brach mit der Konvention: Bei ihm ist Johannes der Täufer kein in der Wüste lebender Prediger, sondern ein nackter, höchst sinnlich auf einem Tierfell sitzender Knabe, der einen Widder umarmt. Er scheint mit dem Betrachter geradezu zu flirten.

Bernini (1598-1680), der mit seinen Werken den Platz vor dem Petersdom in Rom prägt, war ein Meister der dynamischen Bewegung. "Die Körper aus Stein sind bei ihm nicht schwer, sondern gewichtslos", sagt Kuratorin Gudrun Swoboda. Bernini ist unter anderem vertreten mit einer Büste des von Schlangen beherrschten Haupts der Medusa. (dpa)

"Caravaggio & Bernini", Kunsthistorisches Museum Wien, bis 19. Januar 2020