Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bremen, Hannover, Kassel, Nürnberg, Miami Beach, München, Paris, Weimar und Wien


Helmut Newton und die Werbung in Berlin

Eine blonde Frau in einem goldenen Kleid steht vor einem roten Vorhang und telefoniert. Was auf den ersten Blick wie eine Filmszene aus Hollywood wirkt, ist ein Werbebild des Starfotografen Helmut Newton für die Luxusmarke Yves Saint Laurent aus dem Jahr 1991. Die Aufnahme gehört zur Ausstellung "Brands" im Museum für Fotografie, die von diesem Samstag an bis zum 14. Mai zu sehen ist.

Gezeigt werden rund 200 Werke von Kooperationen des weltweit bekannten Fotografen mit Marken wie Blumarine, Chanel, Absolut Vodka, Swarovski oder Lavazza. Rund die Hälfte der Motive sind laut Museumsangaben bislang noch unbekannt. Newton (1920-2004), dessen fotografischer Nachlass in seiner Geburtsstadt Berlin verwaltet wird, hatte in den 80er und 90er-Jahren für Luxusmarken und Werbeagenturen gearbeitet.

Bereits 2005, ein Jahr nach Newtons Tod, waren Aufnahmen seiner kommerziellen Fotografie in der Ausstellung "A Gun for Hire" (Auftragskiller) in Monaco und in der Berliner Stiftung zu sehen. "Brands" wird nun um weitere Auftragsarbeiten in Schwarz-Weiß und Farbe ergänzt, die aus dem Archiv der Stiftung stammen. Sie wurden ursprünglich etwa in Zeitschriften oder in Kalendern für exklusive Kunden gedruckt.

Newtons Inszenierungen sind dabei typischerweise von kuriosen und teils übertriebenen Kontrasten geprägt. So zeigt die Schau zum Beispiel eine Werbekampagne für den Wäschehersteller Wolford, bei der Models eng anliegende Bodys und feine Kniestrümpfe tragen und dabei vor der rauen Küste Monacos stehen. (dpa)

"Helmut Newton. Brands", Museum für Fotografie, Berlin, 3. Dezember bis 14. Mai 2023


Kunst und Charity in Berlin

Für diejenigen, die mit frühzeitigen Geschenkbesorgungen dem alljährlichen Weihnachtstrubel in Geschäften und Kaufhäusern entkommen wollen, ist der Weihnachtsbasar in den Räumlichkeiten des neuen Kunst-Hotels Château Royal vielleicht eine Alternative. Zudem verspricht er viele Besonderheiten: Neben den Kleidungsstücken prominenter Personen wie Iris Berben, Cro, Vicky Krieps, Palina Rojinski, Sven Marquardt, Hannah Herzsprung, Clemens Schick und anderen, werden Konzertkarten mit Backstage-Pässen, Schmuck, Gutscheine für Wochenendtrips und Design- und Vintage-Objekte zum Kauf angeboten.

Die Einnahmen sollen für einen guten Zweck dem Operndorf Afrika gespendet werden. Die Kunst-Initiative von Regisseur Christoph Schlingensief unterstützt Menschen in Burkina Faso und will Zugang zu Kultur und Bildung schaffen.

"Charity Bazaar Royal", Château Royal, 4. Dezember

Foto: Lana Wachowski

Von der Regisseurin Lana Wachowski werden zwei Pullover und ein bemalter Jutebeutel zum Kauf zur Verfügung gestellt


Autodidakten der Malerei in Bremen

Farbenfroh und leidenschaftlich geht es in der Sonderausstellung "Die Maler des Heiligen Herzens" in der Bremer Böttcherstraße zu. Das Paula-Modersohn-Becker-Museum zeigt ab Samstag 50 Werke von vier autodidaktischen Malern und einer Malerin aus Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Henri Rosseau (1844-1910) ist der bekannteste der fünf Künstler, die ohne akademische Ausbildung, scheinbar naiv die Welt malten, wie sie sie sehen wollten.

"Alle diese Maler eint die Freude am Malen", sagte Museumsleiter Frank Schmidt. Die Laienkünstler standen am Rande des Pariser Kunstbetriebs und wirkten doch auf die Avantgarde-Kunst ihrer Zeit. "Sie waren moderne Zeitgenossen", sagte Kuratorin Henrike Hans. Dabei waren die fünf nie eine Künstlergruppe. Der deutsche Kunsthändler Wilhelm Uhde (1874-1947) fasste sie für eine Ausstellung 1928 unter dem Slogan "Die Maler des Heiligen Herzens" zusammen - wohl in Anlehnung an die Kirche Sacré-Coeur auf dem Montmartre.

Die ausgestellten Pariser Landschaftsgemälde von Rosseau zeigen, wie der Weg zu den berühmten Dschungelbildern seiner Spätphase begann. André Bauchant malte sich als Gärtner in einem gigantischen Blumenbeet. Louis Vivin pfiff in seinen Architekturbildern auf die korrekte Perspektive, dafür interessierte ihn jeder Baustein.

Von Camille Bombois sind kontraststarke, leicht surreale Aktbilder zu sehen. Ein Höhepunkt der Schau sind die fast psychedelisch wirkenden Pflanzenbilder von Séraphine Louis. Die Werke stammen aus der deutschen Sammlung von Charlotte Zander. Die Ausstellung war vorher in Baden-Baden zu sehen, in Bremen läuft sie bis zum 12. März 2023. (dpa)

"Die Maler des Heiligen Herzens", Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen, 3. Dezember bis 12. März 2023


Diango Hernández in Hannover

Der aus Kuba stammende, heute in Düsseldorf lebende Diango Hernández arbeitet seit einigen Jahren an einer Verbindung von Kunst und sozialen Medien. Ein neues, in der Hannoveraner Kestner Gesellschaft ausgestelltes Werk aus Wandmalerei und drei Skulpturen soll laut dem Künstler der Perfektion nahekommen, "die soziale Plattformen wie Instagram ausstrahlen". Das Wellen-Fresko "Bañistas" symbolisiert den Atlantischen Ozean, davor sind drei Metallskulpturen der Serie "Instopia" platziert – ein Schlüsselbegriff bei Hernández, der aus den Begriffen "Instagram" und "Utopia" zusammengesetzt ist.

"Diango Hernández: Bañistas", Kestner Gesellschaft, Hannover, bis 25. Mai 2023


Paula Rego in Hannover

Für viele war Paula Rego eine der Entdeckungen der diesjährigen Venedig-Biennale, wenn nicht des ganzen Jahres. Dabei hatte die portugiesisch-britische Künstlerin erst 2021 eine große Retrospektive in der Tate Britain. Umso tragischer ihr Tod im Juni, kurz nach der Eröffnung der Kunstschau in Italien. Die Kestner Gesellschaft zeigt nun die erste Soloausstellung der Malerin in Deutschland. Mit "Paula Rego. There and Back Again" wirft das Hannoversche Haus einen Blick auf die Wirrungen und Dramen im Leben der feministischen Künstlerin. Die Schau ist als Oper über die Conditio humana in vier Akten konzipiert, das Leben als Kreislauf – und am Ende geht es, wie der Titel vorgibt, wieder an den Anfang.

Im Dialog dazu steht eine zweite Ausstellung im Haus, die sich ebenfalls mit Rego beschäftigt. "Theatrum Mundi" wagt einen Blick in ihr Londoner Atelier, das fast originalgetreu nachgebaut wurde. Hier tritt die Faszination der Künstlerin für das Bühnenbild hervor. Diese spiegelt sich auch in ihren Gemälden und installativen Arbeiten: Kulissenhafte Bildkompositionen dominieren die Gemälde, die Installationen sind von teils lebensgroßen Puppen, den "Dollies" bevölkert, wie Requisiten erscheinen die Objekte in den Bildszenen. So wirkt diese zweite Ausstellung wie ein Blick hinter den Vorhang von Paula Regos Welttheater.

"Paula Rego. There and Back Again" & "Theatrum Mundi", Kestner Gesellschaft, Hannover, bis 29. Januar 2023

Foto: Courtesy of Ostrich Arts Ltd and Victoria Miro, © Ostrich Arts Ltd

Paula Rego "The Company of Women", 1997


Roberto Cuoghi in Kassel

Er ist ein Besessener. Das fing bei Roberto Cuoghi schon damit an, dass er sich 1998 als 25-Jähriger in einen älteren Mann – das Abbild seines Vaters – verwandelte und dafür dauerhafte Schäden in Kauf nahm. Das Fridericianum präsentiert im ersten deutschen Solo des Italieners fünf zentrale Werkgruppen der vergangenen zehn Jahre. Darunter die "Imitatio Christi" mit verrottenden Jesus-Figuren, mit der Cuoghi 2017 auf der Venedig Biennale Furore machte.

Ein ausführliches Porträt über Roberto Cuoghi lesen Sie hier.

"Roberto Cuoghi", Fridericianum, Kassel, 3. Dezember bis 29. Mai 2023


Andreas Schulze in Nürnberg

Bei dem 1955 in Hannover geborenen Maler Andreas Schulze trifft die schillernde Welt des Entertainments auf triviale Alltagsästhetik. Hochkunstzitate kollidieren mit Banalitäten. Nun ist die Kunsthalle Nürnberg Bühne für seine surrealen Bildwelten, "On Stage" ist die Soloschau überschrieben. Vor allem Autos sind in der Schau mehrfach zu sehen – bei Schulze eher manövrierunfähige Chaos-Karosserien, die Ansprüche wie Mobilität, Fortschritt, Dynamik, Status ad absurdum führen.

"Andreas Schulze: On Stage", Kunsthalle Nürnberg, bis 12. Februar 2023


Art Basel in Miami Beach

Manche europäische Galerie überlegt sich mittlerweile zweimal, ob sie wirklich die Messe in Miami mitmacht – aus Klimaschutzgründen. Doch für viele ist der Zugang zum amerikanischen Markt dort einfach zu gut, und wichtige Namen wie Max Hetzler, Esther Schipper, The Modern Institute oder Perrotin sind selbstverständlich dabei. Zu ihrem 20. Geburtstag versammelt die Art Basel/Miami Beach 282 Galerien, darunter rund die Hälfte aus Nord- und Südamerika. Vielversprechend sind auch die kojensprengenden Installationen in der Sektion "Meridians", wo unter anderem Werke von Zanele Muholi oder Simon Denny und eine große Arbeit der feministischen Ikone Judy Chicago zu sehen sein werden.

"Art Basel/Miami Beach", Miami Beach Convention Center, Miami Beach, bis 3. Dezember 2023

Foto: © Florian Maier-Aichen, Courtesy Art Basel, the artist and Blum & Poe, Los Angeles/New York/Tokyo

Florian Maier-Aichen "Untitled", 2022
 


Alaa Awad in München

Vor rund zehn Jahren tauchten auf Mauern in der ägyptischen Hauptstadt Kairo Graffiti-Bilder des Künstlers Alaa Awad auf. Sie zeigten unter anderem einen Trauermarsch mit weinenden Frauen. Die Street-Art-Gemälde im Stile der altägyptischen Kunst sollten die Protestierenden während der Revolution an ihre Wurzeln erinnern, schreibt Awad auf seiner Internetseite. Nun gibt das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst in München Einblicke in sein Schaffen. Von Dienstag bis zum 5. März zeigt die Ausstellung "An Egyptian Story. Paintings by Alaa Awad" Ölgemälde und Zeichnungen.

Awad zähle zu den aufstrebenden Künstlern seines Heimatlandes, schreibt das Museum. Er modernisiere antike Motive und stelle auch große Bauprojekte wie den Suez-Kanal oder den Assuan-Staudamm dar. Damit wolle er die Auswirkungen der Modernisierung auf die ägyptische Gesellschaft und ihre Lebensweise kommentieren, heißt es in der Ankündigung. (dpa)

"An Egyptian Story. Paintings by Alaa Awad", Staaliches Museum Ägyptischer Kunst, München, bis 5. März 2023


Auguste Rodin in Paris

Gerahmt, eingefasst oder auf Sockeln: So hatte Auguste Rodin die ägyptischen Skulpturen und Objekte studiert und in seinem Atelier in Szene gesetzt. Unter dem Titel "Rêve d'Égypte" (Traum von Ägypten) rückt das Pariser Rodin-Museum nun die Faszination des französischen Bildhauers (1840-1917) für das Land und seine Kunst in den Fokus, die bislang weitgehend unbekannt ist.

Über 400 Exponate sollen den Einfluss auf ihn und sein Werk illustrieren. Die Objekte stammen unter anderem aus dem Louvre und aus der umfassenden antiken Sammlung des Künstlers, die über 6000 Objekte zählt, darunter etwa 1000 aus Ägypten.

"Rêve d'Égypte", Museé Rodin, Paris, bis 5. März 2023


Papier aus dem Bauhaus in Weimar

Den Papierarbeiten aus der frühen Bauhaus-Zeit widmet sich eine neue Sonderausstellung in Weimar. Die Schau "Das Leben der Objekte. Farbe und Papier am Weimarer Bauhaus" biete Einblicke in die Museumsarbeit, teilt die Klassik Stiftung Weimar mit. Aus der Perspektive von Kunsthistorikern und Restauratoren könnten die Besucher mehr über die fragilen Kunstwerke im Spannungsfeld zwischen Ausstellen und Erhalten erfahren.

Die Schau im Bauhaus-Museum zeige bis zum 30. Januar 49 Papierarbeiten. Sie stammten aus den Graphischen Sammlungen der Museen der Klassik Stiftung Weimar. Darunter sind den Angaben nach Exponate wie Friedl Dickers Figurine für das Theaterstück "Der Kaufmann von Venedig" (1923), Lothar Schreyers "König Rulaku" (1920) oder Conrad Felixmüllers Werk "Die ferne Geliebte" (1918).

Kunsthistorische Kennerschaft und moderne naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden erzählten bislang unbekannte Geschichten von den Objekten und erzeugten faszinierende technische Bilder, hieß es. Dabei gehe es um die Echtheit von Kunst, die Evaluierung von Datierungen und die Sicherung von Provenienzen. Die Schau verhandele damit Kernaufgaben der Museumsarbeit, mache kuratorische Entscheidungen transparent und sensibilisiere für die Fragilität der Originale. (dpa)

"Das Leben der Objekte. Farbe und Papier am Weimarer Bauhaus", Klassik Stiftung Weimar, Weimar, bis 30. Januar 2023


Freiheit und Abstraktion in Wien

Die Abstraktion in den USA und Westeuropa wandte sich ab den 1940ern von den Stilen der Zwischenkriegsjahre ab: Weder Figuration noch Geometrie waren für die damals junge Künstlergeneration interessant, sondern ein expressiver Umgang mit Form, Farbe und Material. Die Wiener Albertina Modern widmet sich nun dem Abstrakten Expressionismus der New York School, der nach 1945 auch in Europa geschätzt und – Stichwort Informel – adaptiert wurde. Einen Schwerpunkt der Schau bilden die Werke von abstrakt-expressiv arbeitenden Künstlerinnen wie Elaine de Kooning, Grace Hartigan, Joan Mitchell, Helen Frankenthaler, Maria Lassnig oder Judit Reigl.

"Ways of Freedom - Jackson Pollock bis Maria Lessing", Albertina Modern, Wien, bis 22. Januar 2023