Museen und soziale Netzwerke

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Museen kommunizieren in sozialen Netzwerken oft nur ihre eigene Hilflosigkeit. Was ist zu tun?

Über Kunst zu twittern, ist wie über Architektur zu tanzen. So ähnlich hat es Frank Zappa einmal formuliert. Der Trend unter deutschen Museen geht aktuell zum Kurznachrichtendienst Twitter. Hier ein toter Künstler, der auf Twitter mit einem eigenen Account zum Leben erweckt wird und einen Schwank nach dem anderen aus seinem Leben erzählen darf. Dort ein so genanntes Tweet Up, zu dem Twitterer im Rahmen einer Exklusivveranstaltung ins Museum eingeladen werden, um aus der Ausstellung Kurznachrichten an die Filterblase zu senden. Und dann finden auf Twitter auch noch regelmäßig ganze Themenwochen wie die #museumweek oder Thementage wie #askacurator, #museumselfie und #followamuseum statt.

Die Museen sind unter Zugzwang. Denn die sozialen Medien wollen jeden Tag bespielt werden. Das kostet Zeit. Es macht Arbeit. Und man braucht Ideen. Zeit ist rar, Museen sind chronisch unterbesetzt und das Budget ist immer knapp. Besonders im Bereich soziale Medien und digitale Kunstvermittlung, denn das ist – wie man so schön sagt – "Neuland". Und hat man das eine soziale Netzwerk einigermaßen im Griff, ist auch schon das nächste da, will verstanden und unterhalten werden. So summieren sich die Plattformen, jede braucht permanent neuen Inhalt und das auch noch in einem anderen Medium. Hier Kurznachrichten, da Fotos und dort Videos oder zumindest Videoschnipsel, wenn möglich auch noch live.

Also werden PR-Agenturen mit dem Schwerpunkt Kultur beauftragt, die sich jetzt auch noch um Onlinekampagnen kümmern sollen. Aber auch für die PR-Agenturen ist das alles Neuland. Denn bisher wollten Museen ja nur, dass Pressemitteilungen versendet werden. Gemeinsam baldowert man etwas aus, das man Onlinekampagne nennt und von dem man denkt, es könne funktionieren. Da es um digitale Kunstvermittlung gehen soll, überlegt man sich etwas, das am besten möglichst nah am Gegenstand ist, sei es ein Künstler oder das Thema einer Ausstellung. Meist ist der ausgestellte Künstler längst verstorben. Wunderbar, so redet wenigstens nicht noch jemand mit eigenen Vorstellungen mit, der dies und jenes nicht möchte. Aber weil es doch nicht ganz so schlecht ist, einen Künstler bei der Hand zu haben, lässt man ihn einfach auf Twitter wieder auferstehen.

Der Künstler lebt noch? Auch gut, auch damit lässt sich arbeiten. So luden beispielsweise die Hamburger Deichtorhallen Mitte August auf Twitter zu einer Frage- und Antwortstunde mit dem New Yorker Fotografen Phil Toledano, dem das Haus zu dem Zeitpunkt eine Einzelausstellung gewidmet hatte. Da saß nun der Künstler eine Stunde vor seinem Rechner und bekam ganze drei Fragen gestellt. Schon die zweite Frage von @musermeku lautete: "Warum haben Sie sich dazu entschieden, Twitter für #askmrtoledano zu nutzen und nicht Instagram, wo der Großteil Ihrer Fans Ihnen folgt?" Der Künstler ratlos: "Keine Ahnung." Vermutlich hatte er selbst mit dem Ausbaldowerten nicht viel zu tun. Denn der Künstler ist überall anwesend, auf Facebook, Twitter und Instagram, nur die Deichtorhallen hatten noch keinen Account bei Instagram.

Funktioniert aber die von einer Kultureinrichtung allein oder gemeinsam mit einer PR-Agentur konzipierte Onlinekampagne nicht, sind die sozialen Medien Schuld. Immerhin wurde der Beweis erbracht, dass das alles sowieso nichts bringt. Nur, war es vielleicht einfach die falsche Kampagne auf dem falschen Kanal mit zu wenig Zeit, Personal, Fachwissen und Budget? Twitter stagniert, während das soziale Fotonetzwerk Instagram wächst und wächst. Nach fünf Jahren sind es jetzt 400 Millionen Nutzer. Aber wozu Kunst fotografieren, wenn man darüber twittern kann?

Es ist an der Zeit, dass sich die deutschen Museen und ihre Agenturen mit dem Status quo des Internets und der sozialen Medien befassen und nicht auch hier noch historisch arbeiten: Blogparaden, Tweet Ups, all das war einmal en vogue. Vor dem Jahr 2011. Also Budget umschichten, vielleicht ein paar Plakate weniger aufhängen, Stellen für die Digital Natives schaffen und sie die künftigen Besucher in den sozialen Netzwerken abholen lassen, wo sie sich den ganzen Tag aufhalten.