Katharina Sieverding in Berlin

Sonne bis Mitternacht

Künstlerin Katharina Sieverding erleuchtet Berlin: Im Projektraum Open wird ihre Videoarbeit "Die Sonne um Mitternacht schauen" jeden Abend aufs Schaufenster projiziert

Ein bisschen Sonne ist zum Ende eines langen Pandemie-Winters ein nachvollziehbarer Wunsch. Und mehr Kunst natürlich auch. Beides zusammen strahlt derzeit im Projektraum Open in der Prinzenallee im Berliner Norden, der von der Künstlerin Amelie Esterhazy betrieben wird. Dort wird bis zum 14. März täglich von 18 bis 24 Uhr die gleißende Videoarbeit "Die Sonne um Mitternacht schauen" von Katharina Sieverding aufs Schaufenster projiziert. Das Werk basiert auf Bildern der Nasa von 2011 bis 2014 und zeigt einen energetisch wabernden und speienden Feuerball. Katharina Sieverding hat dafür um die 200.000 Fotografien zu zwei Filmen animiert. 

Wenn sich Künstlerinnen und Künstler der Sonne widmen, geht es ihnen meist um eine Darstellung von enormer Energie jenseits des Menschlichen, die Leben auf der Erde erst ermöglicht. "Die Sonne um Mitternacht schauen" zeigt einen Feuerball, der kosmische Kraft und die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung visualisiert. Denkt man an die Geschichte der Visualisierung unserer Himmelskörper, so haben sich Menschen vom bloßen Auge über das Fernrohr, die Fotografie und die Raumfahrt bis zu den Hochleistungsteleskopen und digitalen Bildgebungsverfahren von heute immer weiter an die Erscheinungen des Weltalls angenähert. Fassen kann man die weit entfernten Phänomene trotzdem nicht, und so kann man auch die Geschichte der Kunst als Geschichte einer Annäherung an Unvorstellbares und Unendliches lesen.

Völlig ungewohnt sieht ein vor Kurzem veröffentlichtes Nasa-Foto der Feinstruktur der Sonne aus, das gar nicht leuchtet, sondern eher an goldenes Granulat erinnert. Die Sonne ist eine Gestaltenwandlerin, an der man sich nicht satt sehen kann.