Wim Wenders – Nearby and Far Away. Photography.

Früh begann Wim Wenders‘ Weltruhm. Seine Filme »Paris Texas« und »Der amerikanische Freund« wurden Ikonen der Kinematographie, in denen der Regisseur eine neue Art des Geschichtenerzählens erfand, die langsame metaphorische Sprache, die der Entstehung eines Gedichts gleicht.
Sein jüngster Film »Perfect Days« ist eine weitere Architektur des Erzählens, in der Zeit und Raum, der Protagonist und das Licht in der Natur den Sog eines hellen Zusammenhangs aus einem Alltag finden, so als würde das Leben immer erst spät beginnen. Aber auch sein bedeutendes, photographisches Werk, entstanden während der Jahre der Vorbereitung seiner Filme an den unterschiedlichsten Orten der Welt, betrachten wir als imaginäre Erzählungen, in denen wir entdecken, wie ein Augenblick in einer Landschaft, in einem Raum empfunden wird. Alles steht still in diesem hingegebenen Studium der Stimmungen. Doch die Frage, warum dieser Moment von Bedeutung war, behält ihr Geheimnis.
Wim Wenders neue Photographien, deren erster Teil der Ausstellung, während eines Aufen- thalts in Landschaften Chinas entstanden sind, zeigen uns Räume mit großen Horizonten, Landschaften, deren Bildraum hinausreicht und doch gegenwärtig erscheint, in denen die Besucher gleich einer summenden Ruhe auftreten und schnell wieder in der Weite entschwinden. Die Menschen in diesen Bildern gleichen den Spuren einer vorüberziehenden Inschrift.
In den Aufnahmen aus Chinas Großstädten dominieren Formen, Farben und Passanten des urbanen Lebens, die im Moment ihrer Anschauung, wie in jeder Photographie, angehalten. Und doch wird sich das Gespräch der Dinge im nächsten Augenblick verändern und auch wir werden ein anderer sein.
Ein scheinbar kaum größerer Abstand zu den Bildern aus China widmet sich ein zweiter Teil der Ausstellung. Und doch begegnet uns in den Momentaufnahmen aus dem Wald das gle- iche Echo der Stille, der Wald, der Jahrhunderte lang die Erde mit dem Himmel verband. Wim Wenders sieht die magischen Lichterscheinungen aus der tiefen Mitte des Sommers, der romantische Wald, der einst die unberührbare Sehnsuchtskathedrale der Deutschen war, in dem der junge Goethe 1780 des träumenden »Wanderers Nachtlied« schrieb.